Altersvorsorge im Handwerk

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Altersvorsorge: Nicht allein auf den Betrieb verlassen

Einen Betrieb aufgebaut, Geld fürs Alter gespart, jahrelang in Versicherungen eingezahlt – und am Ende freut sich der Fiskus?!

Steuerberater Agran Bicaj gibt Tipps, wie sich beim Firmenverkauf Steuern sparen lassen:

In der derzeitigen Nullzinspolitik wird das Thema Altersvorsorge immer schwieriger. Das treibt viele Selbstständige um. Ein Drittel aller Handwerksunternehmer setzt auf die gesetzliche Rente, 80 Prozent haben eine private Vorsorge und jeder Dritte sieht den Betrieb als wichtigen Teil ihrer Altersvorsorge. Jeder Zehnte will sich allerdings ausschließlich auf den Betrieb verlassen.

"Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass man aus dem Verkauf seines Unternehmens komplett die Altersvorsorge bestreiten kann", warnt Steuerberater Agran Bicaj von der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei EGSZ. Auch Steuern sollten bei der Altersvorsorge nur ein Aspekt sein, nicht die treibende Kraft, sagt Steuerberater Bicaj.

Handwerksblatt: Etliche Handwerker planen den Verkauf ihres Betriebs als wesentlichen Teil der Altersvorsorge ein. Die Unternehmer möchten deshalb vermeiden, dass sich der Fiskus ein zu großes Stück vom Kuchen nimmt. Gibt es denn beim Firmenverkauf auch steuerliche Vorteile?
Bicaj: Ja, die gibt es. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass ein Unternehmenswert sich nicht über Nacht aufbaut, sondern das Ergebnis eines Lebenswerkes ist. Darum hat er Vergünstigungen geschaffen. Mitunter sind diese nur nutzbar, wenn man den Firmenverkauf langfristig plant.

BicajHandwerksblatt: Welche steuerlichen Vergünstigungen sind das genau?
Bicaj: Hier ist die Rechtsform entscheidend. Veräußert der Handwerker sein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft beziehungsweise seinen gesamten Anteil an der Personengesellschaft, dann gewährt ihm das Finanzamt einen Freibetrag von 45.000 Euro. Vorausgesetzt, der Handwerker ist zum Zeitpunkt des Verkaufs mindestens 55 Jahre alt oder berufsunfähig. Der Freibetrag mindert sich aber um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt. Wird für den Betrieb also ein Veräußerungsgewinn von mehr als 181.000 Euro erzielt, dann fällt der Freibetrag für den Verkäufer vollständig weg. Den Freibetrag gibt es übrigens nur einmal im Leben. Unter den selben Voraussetzungen, also 55. Lebensjahr vollendet oder berufsunfähig, gewährt das Finanzamt für den Veräußerungsgewinn zusätzlich einmalig einen ermäßigten Steuersatz in Höhe von 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes des Unternehmers.

Handwerksblatt:: Und was ist, wenn die Voraussetzungen für den Freibetrag oder ermäßigten Steuersatz nicht vorliegen, etwa weil man schon mit Anfang 50 verkaufen möchte?
Bicaj: Der Veräußerungsgewinn zählt zu den außerordentlichen Einkünften. Hier greift die sogenannte Fünftelregelung, die Veräußerungsgewinne rechnerisch auf einen fiktiven Zeitraum von fünf Jahren verteilt. Die Steuer muss der Handwerker allerdings vollständig im Jahr der Veräußerung zahlen. Deshalb ist es wichtig, den Zeitpunkt geschickt zu wählen.

Handwerksblatt: Was wäre ein geschickter Zeitpunkt?
Bicaj: Aufgrund der Steuerprogression ist die steuerliche Entlastung umso größer, je geringer die Einkünfte sind, die neben dem Veräußerungsgewinn erzielt werden. Deshalb kann es günstiger sein, einen Betrieb im Januar zu verkaufen als im Dezember. Denn wenn der Unternehmer im Jahr des Verkaufs noch einen hohen Gewinn erzielt hat, hat er keine Vorteile. Wenn er im Januar verkauft, dann hat er für das Jahr gegebenenfalls keine anderen Einkünfte als den Veräußerungserlös und die Fünftelregelung wirkt sich steuermindernd aus.

Handwerksblatt: Wenn der Handwerker seinen Betrieb verkaufen, die betrieblich genutzte Immobilie aber als Altersvorsorge behalten möchte, kann das mit erheblichen Einkommenssteuerzahlungen verbunden sein. Lässt sich das vermeiden?
Bicaj: Wird der Handwerksbetrieb ohne die Immobilie verkauft, muss der Betriebsinhaber die Differenz zwischen Verkehrswert und Buchwert der Immobilie als Gewinn versteuern – obwohl ihm kein Veräußerungspreis zufließt. Um dies zu vermeiden, gibt es eine breite Gestaltungspalette. Als Königsweg bietet sich oft die Übertragung auf eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG an. Die Steuerzahlung kann so bis zum Verkauf der Immobilie aufgeschoben werden. Hier muss man früh handeln, damit die Übertragung der Immobilie nicht die Steuervergünstigungen aus dem Unternehmensverkauf gefährdet. Idealerweise sollte man fünf Jahre vor dem geplanten Verkauf seinen Steuerberater anrufen. Sonst riskiert man, diese Steuervergünstigungen zu verlieren. Außerdem kann man das Unternehmen in dieser Zeit auch noch aufhübschen, also verkaufsbereit machen.

Handwerksblatt: Aktuell erlebt die gesetzliche Rentenversicherung eine Renaissance. Die Handwerkerpflichtversicherung gilt als wichtiger Baustein der Vorsorge. Wie werden die laufenden Beiträge zur Altersvorsorge bei der Einkommensteuer von Selbstständigen eigentlich steuerlich behandelt?
Bicaj: Die steuerliche Vergünstigung hängt von der Anlageform ab. Mit der Basisabsicherung können Betriebsinhaber Altersvorsorge betreiben und gleichzeitig Steuern sparen, denn die Beiträge wirken sich als Sonderausgaben steuermindernd aus. Dazu zählen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und Beiträge für die eigene Basisvorsorge durch kapitalgedeckte Leibrentenversicherungen, die sogenannte Rürup-Rente. Der abzugsfähige Höchstbetrag ist seit 2015 an den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung gekoppelt und ermittelt sich aus deren Beitragssatz, aktuell 24,8 Prozent, sowie der Beitragsbemessungsgrenze von aktuell 91.800 Euro. Dieser Höchstbetrag von 22.767 Euro für Ledige und 45.534 Euro für Verheiratete reduziert sich für 2016 auf 82 Prozent aus. Der Abzugssatz steigt jährlich um zwei Prozent. 2025 sind dann 100 Prozent abzugsfähig.

Handwerksblatt: Und wie sieht es mit der betrieblichen Altersvorsorge bei Selbstständigen aus – oder mit der Lebensversicherung?
Bicaj: Den Weg der Zusatzabsicherung über die betriebliche Altersvorsorge können nur Handwerker mit einer Kapitalgesellschaft, also Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, einschlagen. Die Beiträge sind in der Ansparphase im begrenzten Umfang steuerfrei. Für die übrigen Selbstständigen bietet sich gegebenenfalls die Riester-Rente an. Hier erfolgt die steuerliche Förderung in der Ansparphase über die Zulage oder den Sonderausgabenabzug. Für die klassische Lebensversicherung gibt es seit 2005 keine steuerliche Förderung.

Handwerksblatt: Sind eigentlich Pensionsversprechen gegenüber Gesellschafter-Geschäftsführern der GmbH steuerlich noch vorteilhaft?
Bicaj: Steuern sollten bei der Altersvorsorge nur ein Aspekt sein – nicht aber die treibende Kraft. Pensionszusagen wurden früher als Steuersparmodell angepriesen und von vielen genutzt. Heute wird das kaum noch gemacht, da sich die Pensionszusage unter anderem negativ auf die Bonität auswirkt. Außerdem sind Pensionsversprechen ein Hindernis, wenn ich mein Unternehmen verkaufen möchte. Kaum ein Käufer ist bereit, eine GmbH zu erwerben, mit der er auch die Altersbezüge des ausgeschiedenen Gesellschafter-Geschäftsführers erwirtschaften muss. Die notwendige Auslagerung der Pensionsverpflichtung ist selten liquiditäts- und steuerneutral möglich. Man sollte sich ohnehin gut überlegen, ob man seine Altersvorsorge an das unternehmerische Risiko koppelt.

Zur Person: Agran Bicaj ist Steuerberater und seit 2001 bei EGSZ in Düsseldorf. Beratungsschwerpunkte des Diplom-Kaufmanns sind die steuerliche und betriebswirtschaftliche Beratung von Unternehmen und Umwandlungen.

Das Interview führte Kirsten Freund
Beitrag von 2016, aktualisiert im März 2019

Fotos: © ralfkleemann/123RF.com / EGSZ

Text: / handwerksblatt.de

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