Weißer Wein aus roter Erde
Die Region um die großen Châteaus in Burgund bietet neben Weinspezialitäten für den Gaumen kulinarische Verlockungen sowie unzählige Fahrradstrecken durch traumhafte Landschaften.
Gutsbesitzer Amaury Devillard steht oberhalb seiner Weinberge und blickt auf Mercurey, auf sein Château, auf Idylle im Herzen Burgunds. "Das ist mein Lieblingsblick. Ich habe meinen Traum verwirklicht." Die Devillards sind Winzer der Topkategorie. Ihre Weine des Château Chamirey sind weltweit begehrt, teuer und von besonderem Geschmack. Typisch für die Lagen im nicht immer sonnenverwöhnten Burgund, wo manchmal auch kühle Temperaturen die Entwicklung der Weine beeinflussen. Die Terroirs der Familie Devillard umfassen 37 Hektar, davon 15 Hektar Premiers Crus.
Spezialitäten aus Burgund
"Fût, wir sagen hier - fût, nicht barrique", korrigiert die hübsche Französin den Besucher. Barrique stehe für Bordeaux, sagt sie bestimmt. Für Weine, die dank der Eichenfässer einen leichten Geschmack nach Holz haben. Aber in Burgund will man sich von den Weingutbesitzern im Westen Frankreichs, dem Bordeaux mit seinen riesigen Terroirs, absetzen. Deshalb fût.
Feinste Weine
Amaury führt durch die Produktionshalle, ein paar hundert Meter vom Chateau entfernt. Im Keller lagern die für den Geschmack so wertvollen Eichenfässer. Im Stockwerk darüber lesen Frauen nur die besten Trauben vom Rollband. Überhaupt ist alles Handarbeit. Die Vorbereitung der Rebstöcke, die Weinlese, die Auslese und die Abfüllung. Das lässt verstehen, warum manche Flaschen weit über einhundert Euro kosten, die günstigeren Weine nicht unter 15 Euro zu haben sind. Das war einmal anders: Amauray erinnert sich an die Worte seines Großvaters, des Marquis de Jouennes. Der sagte, dass es kaum möglich sei, in diesen Lagen gute Weine wachsen zu lassen. In der Tat produzierten die Winzer in Burgund Mengen von Wein nicht gerade bester Qualität. Das war vor 60 Jahren.
Familientradition
Amaury lässt die rote Erde durch seine Finger bröseln. Rote, sehr tonhaltige Erde. Während der Fahrt durch die Lagen erklärt Amaury Devillard die verschiedenen Böden. Der Landrover ackert sich an den Rebstöcken vorbei. Die Bodenfarbe wechselt, rechts vergleichweise helle Erde, weiter oben links das tiefe Rot. "Unser Großvater hat als erster damit begonnen, Wein in Flachen abzufüllen." Das war im Jahr 1934. 1996 übernahm sein Sohn Bertrand mit Frau Christiane Devillard das Weingut. Heute sind die Kinder mit in der Verantwortung: Amaury und seine Schwester Aurore. Aber da sind noch Frau Amandine und die Kinder. Amaury Devillard lässt keinen Zweifel dran, dass Werte nicht nur sein Leben, sondern auch seine Arbeit bestimmen. Das Credo von Château Chamirey lautet Kontinuität, die Familie füllt das Leben auf dem Weingut über Generationen hinweg. Deshalb lebt Amaury mit seiner Familie auch direkt auf dem Weingut. Die Kinder sollen mit unserer Profession leben, sagte Amaury und lässt die Widrigkeiten des Anbaus nicht unerwähnt. Man müsse mutig sein, um dem Wetter und dem Boden gewachsen zu sein. "Mein beiden Chef sind die Erde und das Wetter", sagt Amaury Devillard. Und er wirkt in dieser Abhängigkeit sehr glücklich.
Moderne Schlossherren
Von Château Chamirey, das auf halber Strecke zwischen Dijon und Macon liegt, erreicht man das Château de Pierreclos in etwa anderthalb Stunden. Pierreclos liegt westlich von Macon in der Nähe des legendären Klosters Cluny. Anne-Francoise und Jean-Marie Pidault haben zwar keine Ahnen auf Château de Pierreclos, dafür aber jede Menge Verantwortung für dieses denkmalgeschützte Schloss. Die modernen Schlossherren bieten Raum für große Hochzeitsgesellschaften und andere Veranstaltungen. Die romanische Schlosskapelle wird immer wieder als würdiger Rahmen für Hochzeiten genutzt, die Chambre D’Hotes dienen als wunderbare Schlafmöglichkeiten im Haupthaus und im benachbarten Nebengebäude. Alle Gebäude haben Raum für interessante Ausstellungen, derzeit passenderweise eine über Liebe und Sexualität im Mittelalter. Das Château wird auch von Besuchern mitfinanziert, erzählt Jean-Marie. Der Gang durch die Waffenkammer, die Küche, die Backstube und in die Schlossverliese ermöglicht eine spannende mittelalterliche Entdeckungstour. Natürlich gibt es auch Wein, den die Pidaults seit 2008 in diesem Château auf heute acht Hektar Domaine bearbeiten und verkaufen. Fest eingeplant ist die Zertifizierung als Bio-Weinanbaugebiet. Das Prädikat soll nächstes Jahr erreicht werden.
Zu Besuch beim Bresshuhnbaron
Sie sind die französischsten Hühner der Grande Nation: Roter Kamm, weißes Gefieder, blaue Füße. Die Trikolore des Federviehs! Seit dem Jahr 1957 schmückt sich das Bresshuhn mit dem Kürzel AOC: Appellation d’Origine Contrôlée. Vier Monate dauert die Aufzucht. Jedes Huhn muss mindestens 10 Quadratmeter Bewegungsraum haben. Die Nahrung ist sehr proteinhaltig und in ihrer Zusammensetzung genau bestimmt. Henri Levrier war früher auf dem Bau für Statik zuständig, bis er zum Hühnerbaron wurde. Heute regiert er in der Nähe von Louhans, der Bresshuhnhauptstadt, über ein Terrain von 60 000 Quadratmetern 7000 Hühner und sechs Ställe. In der Zeit des Freilaufes – die 14 Wochen andauert – genießen die edlen Hühner ein schönes Leben, mal abgesehen von den Attacken der Greifvögel. Deshalb hat Monsieur Levrier Büsche wachsen lassen, unter denen die Bresshühner Schutz finden. Das Ganze funktioniert solange, bis sich das Federvieh im Épinette zur letzten Mästung wiederfindet, um dann geschlachtet zu werden.
Romanisches Einod
Tournus liegt am Ufer der Saône, zwischen dem Tiefland der Bresse und den Hügeln des Mâconnais ragen die mächtigen Mauern einer der bedeutendsten Klosteranlagen Frankreichs empor. Die um das Jahr 1000 errichtete Abteikirche Saint-Philibert hat die Unruhen des Mittelalters und die Religionskriege der frühen Neuzeit gut erhalten überstanden. Sie ist heute ein besonderes Zeugnis der Frühromanik inmitten einer liebenswerten Altstadt mit viel Sinn für gutes Essen. In Les Terrasses zum Beispiel. Jean-Michel Carrette ist ein bodenständiger Typ mit großer Liebe zur Rockmusik. Seine Profession: er ist der Chefkoch im Ein-Sterne-Haus Les Terrasses. Wohltuend ist, dass Carrette nicht nur die Betuchten bekochen will, das Publikum ist durchaus gemischt und Menüs sind für unter 40 Euro zu haben.
Die Guten von Beaune
Nicolas Rolin hatte im Jahr 1443 mit einer jährlichen Rente ein soziales Großprojekt angeschoben, das Seinesgleichen sucht. Für etwa Einhundert Bedürftige standen Betten und medizinische Versorgung bereit. Jeder hatte einen Krug Wein am Bett, Obst und Wasser galten als ungesund bzw. als viel zu verschmutzt. Fleisch gab es nur Dienstag, Donnerstag und Sonntag. Rindfleisch bekamen nur die kräftigeren Patienten, Geflügel die schwächeren. Bis in die 70er Jahren kümmerte sich das Pflegepersonal um die Ärmsten der Armen. Heute dient ein Teil der Gebäude mit den eindrucksvollen farbigen Dachpfannen als Altersheim, ein Teil als Museum.
Die Herzöge von Burgund
Als Gerard Depardieu noch schlanker und sympathischer war, dreht er in einer der schönsten Städte Burgunds, in der Kapitale Dijon. Klaus Simon schreibt in seinem Reiseführer (DuMontReiseverlag, Ostfildern 2015, 17,99, ISBN: 978-3-7701-7427-0) so nett, dass die Filmemacher von Cyrano von Bergerac nur die Straßenschilder in der Altstadt Burgunds abschrauben mussten und fertig war die Mantel- und Degen-Kulisse. Klassizismus und Fachwerk wechseln sich in Dijon ab. Im historischen Zentrum liegt das Palais des Ducs mit seinem wunderbaren Musèe des Beaux Arts. Seit 1827 sind hier im Salle des Gardes die monumentalen Grablegen der burgundischen Herzöge Philipps des Kühnen und Johann Ohnefurchts mit Margarete von Bayern ausgestellt. Die im 15. Jahrhundert geschaffenen Grabmäler sind Beispiele grandioser Kunst aus dem Spätmittelalter. Im weiteren Teilen des Gebäudes sind unter anderem Gemälde von Delacroix, Braque und Géricault ausgestellt.
Sterneküche in Burgund
Nur wenige Meter vom Palast entfernt liegt eine weitere Attraktion für Gourmetfreunde, das Restaurant Loiseau Des Duc. Hier hält Meisterkoch Louis Philippe Vigilant einen Stern und die Fahne des Gourmet-Imperiums von Dominique Loiseau hoch. Sie ist die Frau des 2003 verstorbenen Starkochs Bernard Loiseau, die die Restaurants in Saulie, Beaune, Dijon und Paris mit viel Mut und Einsatz auf hohem Niveau gehalten hat.
Land der Radler
Burgund ist die ideale Landschaft für Radfahrer, egal in welchem Trainingszustand. Einsteiger können mit der flachen Blauen Route beginnen, mit der sogenannten Voie Bleue, entlang der Saône auf ehemaligen Treidelpfaden. Simon Perrier hilft bei der Tourplanung und begleitet auch Touren, ob mit dem Moutainbike, dem Renn- oder Treckingrad. Natürlich gibt es mittlerweile auch E-Bikes im Programm.
http://www.bourgogne-escapades.com
Weitere grundsätzlich Informationen zu den Radstrecken gibt es hier:
http://www.burgund-fur-radfahrer.com/
Kleiner Tipp für gute Küche und die Spezialität der Region ist die Hostellerie bressane:
http://www.hostellerie-bressane.fr
Wer in einem typischen Restaurant im Jugendstil und dazu Spezialitäten der Region essen möchte, sollte im Le Lamartine in Macon vorbeischauen.
http://www.lelamartine.com
Fotos: Rüdiger Gottschalk
Text:
Dr. Rüdiger Gottschalk /
handwerksblatt.de
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