Fahrbericht Renault Espace: Van war gestern
Zum Herbst verwandelt sich der Renault Espace vom praktischen Familienvan zu einem SUV. Angeboten wird der Franzose mit einem Vollhybriden, sowie mit fünf oder sieben Sitzen.
Große Vans sind out, SUVs dagegen weiterhin in. Aus diesem Grund handelt es sich bei der sechsten Neuauflage des Renault Espace auch nicht mehr um einen geräumigen Familientransporter, sondern um ein "Sport Utility Vehicle". Der Grund: Die Nachfrage nach Großraumlimousinen hat bei den Kunden schon vor Jahren stark abgenommen. Daher haben die Franzosen schon beim letzten Espace auf den Kauf-Wandel reagiert und ihn 2015 als einen Crossover antreten lassen. Und wenn im September die sechste Espace-Generation erscheint, verabschiedet sich Renault nun völlig vom aussterbenden Van-Konzept. Die europäischen Gründer des vor 40 Jahren eingeführten Segments sagen der Großraumlimousine schlichtweg Adieu.
Zwar bleibt der Name weiterhin bestehen, doch streng genommen handelt es sich beim neuen Espace um eine verlängerte XXL-Ausgabe des kompakten Austral. Auch optisch wirkt der größere Bruder Espace dem Austral wie aus dem Gesicht geschnitten. Einzig der auf 2,74 Meter gestreckte Radstand (plus 7 cm) sowie die hochgezogene D-Säule nebst größeren Seitenfenstern hinten machen bei beim Espace den Unterschied. Beide Renault-Modelle basieren jedoch auf der gleichen CMF-CD-Plattform und teilen sich daher weitgehendst die Technik.
Fünf oder Siebensitzer ohne Aufpreis
Die Sitze in der dritten Reihe kosten keinen Cent extra. Dafür geht es hier aber beengt zu. Foto: © RenaultIm Vergleich zum letzten Espace ist die sechste Generation mit einer Länge von 4,72 Metern Länge um knapp 14 Zentimeter kürzer, aber mit 1.659 Kilogramm auch um 215 Kilo leichter. Auch der neue Espace bietet Platz für bis zu sieben Personen. Dabei ist es egal ob sich der Kunde nun für die Basiskonfiguration mit fünf Sitzplätzen, oder für die Variante mit den beiden Zusatz-Sitzen in der dritten Reihe entscheidet. Der Preis bleibt immer gleich. Das ist lobenswert.
Wer jedoch ein maximales Kofferraumvolumen von 581 bis 1.818 Litern benötigt, wählt ganz klar den Fünfsitzer. Mit maximaler Bestuhlung schrumpft das Gepäckabteil dagegen auf nur noch 159 bis 1.714 Liter zusammen. Außerdem fällt das Platzangebot beim aufpreisfreien Siebensitzer in der letzten Reihe recht knapp aus. Hier fühlen sich allenfalls Kinder wohl, oder Erwachsene auf der Kurzstrecke. Hinzu kommt, dass der Ein- und Ausstieg nach ganz hinten ein gewisses Maß Gelenkigkeit erfordert. Während die Kids einfach nach ganz hinten reinspringen, ist es für ältere Semester jedoch recht mühsam, um auf das Mobiliar in der letzten Reihe zu gelangen.
Modernes Multimediasystem und bis zu 32 Fahrerassistenten
Das Cockpit ist mit einem modernen Infotainment ausgestattet. htet Foto: © RenaultGanz vorne sitzt man dagegen sehr bequem und in der Reihe dahinter herrscht dank der um 22 Zentimeter verschiebbaren Rückbank eine großzügige Bewegungsfreiheit. Serienmäßig blickt der Fahrer auf ein digitales Kombiinstrument sowie den hochkant stehenden 12-Zoll-Touchscreen des Open-R-Link Multimediasystems daneben. Das online basierende Infotainment erweist sich als selbsterklärend und die Routenführung via Google Maps ist einfach praktisch. Gut auch: Neben dem Touchscreen gibt es im Espace noch genügend herkömmliche Schalter, die einem den Alltag erleichtern.
Gegen Aufpreis ist für den Espace ein vollwertiges Head-up-Display erhältlich, welches die Infos direkt in die Windschutzscheibe spielgelt. Ebenso steht optional ein riesengroßes Panorama-Glasdach im Angebot. Letzteres lässt sich allerdings nicht öffnen, bringt dafür aber viel Licht in den Innenraum. Als richtig praktisch erwiesen sich zudem die vielen Ablagemöglichkeiten im Renault, die mit einem Stauvolumen von insgesamt 39 Litern für allerhand Kleinkram bereitstehen. Überhaupt fällt die Grundausstattung mit vielen Komfort-Features sowie bis zu 32 Fahrerassistenten reichhaltig aus. Außerdem sind zum Laden der Handys im Espace zwei USB-C-Anschlüsse in jeder Sitzreihe vorhanden – selbst ganz hinten. Hinzu kommt eine induktive Smartphones-Station vorne auf der Mittelkonsole.
Ein Hybrid muss reichen
Ein Vollhybrid mit 119 PS muss als Antrieb für den Espace reichen. Foto: © RenaultZum Auftakt fällt die Motorenwahl überschaubar aus. Nur ein einziger Hybrid steht zum Markstart im September im Angebot. Die Kombination aus einem Dreizylinder-Turbobenziner mit nur 1,2 Litern Hubraum sowie zweier Elektromotoren entfaltet zusammen 199 PS. Wobei der zweite E-Motor als Generator arbeitet und die kleine 1,7 kWh-Batterie im Heck permanent mit Strom versorgt. Der erste Fahreindruck überzeugt: In der Stadt surrt der Espace häufig rein elektrisch und dass unter der langen Motorhaube nur ein kleiner Dreiender schnattert, lässt sich selbst im Ansatz nicht erahnen. Im Gegenteil, der Espace ist überaus gut gedämmt. Auch andere Fahrgeräusche sind sehr wirksam gekapselt, so dass sie nur sehr selten bis an die Ohren der Insassen dringen.
Mit einem einzigen Hybriden im Programm ist der Espace keinesfalls untermotorisiert. Er beschleunigt munter in 8,8 Sekunden auf die Hunderter-Marke und läuft 174 km/h Spitze. Doch erweist sich das französische SUV selbst im angewählten Sport-Modus nicht als Dynamiker, sondern eher als ein komfortabler Gleiter, der mit einem Werksverbrauch von nur 4,6 Litern Super auf hohe Effizienz ausgelegt ist. Okay, bei unserem ersten Rendezvous mit dem Franzosen quittierte der Borcomputer eine abschließende 7,2. Wer aber die Schaltwippen am Lenkrad stärker nutzt und dadurch den Rekuperationsgrad erhöht, der kann problemlos den herausgefahrenen Wert noch weiter nach unten drücken.
Agil dank Allradlenkung
Mit der optionalen Allradlenkung gibt sich der Franzose handlicher. Foto: © RenaultEmpfehlenswert ist die Allradlenkung, die den Espace auf kurvigen Serpentinen spürbar handlicher macht. Gleichzeitig reduziert sie in der Stadt den Wendekreis auf 10,4 Meter. Das ist Kleinwagenniveau. Die sogenannte 4Control advanced Lenkung zählt bei den gehobenen Ausstattungsstufen Esprit Alpine sowie Iconic zum serienmäßigen Lieferumfang, während sie für das 36.554 Euro teure Basismodell (alle Preise netto) jedoch selbst gegen Zuzahlung nicht erhältlich ist.
Zu den weiteren Preisen: Die mit sportlichen Akzenten sowie reichlich Alcantara ausstaffierte Variante mit der Bezeichnung Esprit Alpine startet bei 38.908 Euro. Der mit noblen Lederpolstern, elektrisch verstellbaren Vordersitzen sowie mit Eschenholz-Elementen ausgestattete Iconic liegt bei exakt 40.588 Euro. Insgesamt hinterlässt der neue Renault Espace einen ausgewogenen Eindruck. Schade nur, dass aus dem einstigen Vorreiter der europäischen Vans nun ein SUV geworden ist. Aber das liegt nun wiederum auch am Wandel der Zeit.
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Text:
Guido Borck /
handwerksblatt.de
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