Eine kleine Geschichte des E-Autos
Kaum geht es um das Elektroauto, wird es pathetisch. "Wir stehen am Anfang einer völlig neuen Technologie!“ begeistern sich die Verantwortlichen bei den Autoherstellern. Kaum eine Pressekonferenz, Vortrag oder anschließende Diskussion, bei der der Satz nicht fällt.
So geschehen auf Veranstaltungen von Nissan, Mercedes-Benz, Peugeot, Mitsubishi, Opel, Renault – um nur einige herauszugreifen. Aber hier könnte auch das gesamte Who-is-who der Autobranche stehen. Aber stimmen damit auch automatisch die Fakten? Gleich 20 Hersteller in den USA haben in nur einem Jahr 33.842 elektrische Autos gebaut, listet Automobilhistoriker Kurt Möser in seiner "Geschichte des Autos" auf. Das Jahr war 1912.
Fast 100 Jahre später, 2010, brachte es die Autoindustrie nur auf das Dreifache. Gerade mal 100.000 Elektrofahrzeuge kamen weltweit neu auf die Straße – und in Deutschland, dem Land, das bis 2020 Leitmarkt für E-Mobility werden und dann eine Million E-Autos auf seinen Straßen fahren lassen will, waren es gerade mal 300. 300 E-Autos bei rund drei Millionen Zulassungen, 100.000 E-Autos angesichts knapp 75 Millionen neuer Autos weltweit.
Am Anfang: die Batterie
Wer in den Kapiteln der Autogeschichte zurückblättert, findet viele Belege, dass die neue Technologie doch nicht ganz so neu ist. Auch in Deutschland nicht: So baute ein gewisser Ferdinand Porsche schon 1900 ein E-Auto mit Radnabenmotoren, heute als Lohner-Porsche bekannt.
Der eigentliche Startschuss für Elektromobilität fällt aber bereits 100 Jahre früher mit der Erfindung der elektrischen Batterie durch Alessandro Volt. 1830 erfand Joseph Henry den Gleichstrommotor und 1834 fügte der Amerikaner Thomas Davenport beides zum ersten Elektroauto zusammen, freilich mit einer nicht aufladbaren Batterie. "Sein Landsmann Moses Farmer folgt 1847 mit einem Elektroauto für zwei Passagiere und Charles B. Page erreicht mit seinem elektrisch angetriebenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 31 km/h", schreibt Marc C. Lemmel im historischen Teil seiner Doktorarbeit über Energiespeichersysteme für emissionsfreie Fahrzeuge.
Der Bleiakku von 1859 (Erfinder war Gaston Plate) und dessen Weiterentwicklung (durch Camille Fave) 1881 ermöglichte dann das wohl erste Elektroauto – fünf Jahre vor der Geburtsstunde des Verbrennungsmotors. Gebaut hatte das Modell der Franzose Gustavé Trouve: Das Dreirad mit seinem wiederaufladbaren Bleiakku fuhr bis 12 km/h.
Populäre E-Autos
Während die Herren Benz und Daimler an ihrer Erfindung noch feilten, fuhren in Paris bereits zahlreiche elektrische Fahrzeuge – und es waren die ersten, die eine Geschwindigkeit von 100 km/h erreichen konnten. Auch in den USA waren sie populär. Lemmel: "Um die Jahrhundertwende bildeten in den USA die Benzinautos mit 22 Prozent die Minderheit – Elektromobile hatten 38 Prozent und Dampfmaschinen 40 Prozent Anteil an den Straßenfahrzeugen."
Auch in Berlin gehörten E-Fahrzeuge zum Straßenbild: Elektrische Hotelbusse aus der Motorfahrzeug- und Motorenfabrik AG fuhren gleich in Flotten, Kaufhäuser und Lager setzten auf elektrische Warenauslieferungsfahrzeuge. In Zeiten der Weimarer Republik gab es sogar schon elektrische Taxen, Daimler und Leaz bauten 1926 für die Österreichische Post elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge in manueller Kleinserie.
15 Jahre später baute Peugeot wegen der kriegsbedingten Benzinknappheit mit dem VLV einen Zweisitzer mit Faltverdeck, den elektrische Energie antrieb. Parallel dazu arbeiteten allerorten Hersteller unterschiedlichster Art an Klein- und Kleinstauflagen elektrisch betriebener Modelle. Selbst namhafte Hersteller waren dabei, aus Deutschland beispielsweise BMW mit seinem E1. 1991 bauten die Münchner Prototypen, deren Stromanschluss vorne im Kühlergrill versteckt war und die nach eine Ladezeit von acht Stunden 250 Kilometer weit fuhren. Eine Serienfertigung gab es allerdings nie.
Vor dem Durchbruch
Ankündigungen hingegen gab es viele. Selbst renommierte Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) titelten schon von 100.000 Elektroautos, die innerhalb kürzester Zeit auf den Straßen rollen sollten. Und zwar in den 90er Jahren. Renault, Ford, Volkswagen oder General Motors bauten E-Autos, die aber – entgegen vollmundiger Ansagen – nur in kleinen Reihen gebaut wurden.
Daran hat sich wenig geändert, auch wenn jedes Jahr der eigentliche Durchbruch verkündet wird. Derzeit deutet alles auf 2013/2014 hin, wenn dann erste Modelle in echten Großserien vom Band laufen sollen. Immerhin erreichen heute schon einige Serien vierstellige Bauzahlen.
Text:
Stefan Buhren /
handwerksblatt.de
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