NRW-Landtagswahl: Das erwartet das Handwerk
Das nordrhein-westfälische Handwerk hat sich mit seinen Wahlprüfsteinen für die anstehende Landtagswahl in Stellung gebracht. Nachhaltigkeit, Bildung, Wachstum müssten bei der Politik im Vordergrund stehen.
Nachhaltigkeit, Bildung, Wachstum. Unter dieser Überschrift stehen die Erwartungen des nordrhein-westfälischen Handwerks zur im Mai anstehenden Landtagswahl. Die Dachorganisation des Wirtschaftszweigs, Handwerk.NRW, fordert von der Politik die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft "in ihrer ganzen Bandbreite". Die Basis dafür müsse eine "profilierte Mittelstandpolitik und die Stärkung der beruflichen Bildung" sein. Die aktuelle Landesregierung habe gute Vorarbeit geleistet, nach der Wahl gelte es, diesen Kurs fortzusetzen. "Nordrhein-Westfalen hat in den vergangenen Jahren eine gute Entwicklung genommen. Es war richtig, auf konsequenten Bürokratieabbau, auf Investitionen in die Infrastruktur und auf eine pragmatische Bildungspolitik zu setzen“, sagt Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk.NRW.
Für die Bewältigung der großen Herausforderungen, vor denen das Land in der kommenden Legislaturperiode steht, sei das Handwerk ein unverzichtbarer Partner. "Das Handwerk steht mit seinen Unternehmern und Beschäftigten bereit, anzupacken – für mehr Nachhaltigkeit, bessere Bildung und höheres Wachstum in Nordrhein-Westfalen“, heißt es in dem 22-seitigen Forderungspapier des Landesverbands. Im Bereich Nachhaltigkeit gehe es in erster Linie um die Transformation der Wirtschaft. Konkrete Handlungsstrategien auf Landesebene und in den Kommunen unter enger Einbindung des Handwerks seien hier gefordert. "Wir dürfen dabei aber nicht auf komplizierten Dirigismus und kurzsichtige Maßnahmen setzen. Wir brauchen wettbewerbliche Lösungen und Technologieoffenheit bei allen Vorgaben und Förderstrukturen", betont Ehlert.
Berufliche Bildung stärken
Besonderen Wert legt das Handwerk auf die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Eine Stärkung der beruflichen Bildung sei dringend geboten. Dabei gehe es um auch um Verbesserungen beim Azubi-Ticket, beim Azubi-Wohnen und bei der Modernisierung der Bildungsstätten. Ehlert: "Es ist gut, dass das Land in den letzten Jahren mehr Mittel für die Bildungsinfrastruktur bereitgestellt hat. Aber es bleibt eine große Herausforderung, neue Technologien zügig in die Berufsbildung zu integrieren. Das geht nur mit erstklassiger Ausstattung in modernen Gebäuden." Insgesamt gehe es um eine gleichwertige Finanzierung der Berufsbildung und eine umfassende Berufsorientierung für junge Menschen. Außerdem müsse die Ausbildungsreife aller Schulabgänger gesteigert werden. Es gebe zu wenige Schüler in der Spitze der Kompetenzstufen und zu viele auf der untersten Kompetenzstufe.
Unverzichtbar sei das nordrhein-westfälische Handwerk für das Vorantreiben der Digitalisierung. Denn: "Die digitalen Innovationen von heute werden morgen vom Handwerk in der Fläche umgesetzt und im Markt verbreitet." Dabei sei es entscheidend, das Handwerk "systematisch in alle Fragen der Digitalisierungspolitik" einzubeziehen. Die Gestaltung von Förderinstrumenten, Beratungs- und Bildungsangeboten müsse darauf abzielen, möglichst viele Betriebe bei der Digitalisierung zu unterstützen. Voraussetzung dafür: der flächendeckende Ausbau der digitalen Infrastruktur. Besonders vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sei dies und auch der Ausbau der Infrastruktur in vielen anderen Bereichen essenziell, damit die Betriebe sich weiterentwickeln können. "Ziel der Wirtschaftspolitik von Land und Kommunen muss es sein, die Standortbedingungen für Handwerk und Mittelstand vor Ort spürbar zu verbessern."
Mittelstandspolitik als Querschnittsaufgabe
Das Handwerk sei als Arbeitgeber und Ausbilder Herzstück des Mittelstands und spiele eine wichtige Rolle für die Wirtschaft Nordrhein-Westfalens. Mit seinen Dienstleistungen versorge es sowohl Haushalte als auch Unternehmen und die öffentliche Hand. "Deshalb muss die Handwerks- und Mittelstandspolitik als Querschnittsaufgabe aller Ressorts die gesamten Rahmenbedingungen kleiner und mittlerer Betriebe in den Blick nehmen." Eine gute Grundlage dafür seien die von der Landesregierung zum großen Teil umgesetzten Empfehlungen der Enquete-Kommission zur Zukunft von Handwerk und Mittelstand. Nachhaltiges Wachstum könne es nur mit einem starken Mittelstand geben. Die politischen Rahmenbedingungen seien danach auszurichten. Dazu gehöre auch die Fortsetzung des Bürokratieabbaus "Ziel muss sein, die Umsetzungskosten für die Unternehmen so gering wie möglich zu halten." Ebenfalls wichtig: die Modernisierung der Verwaltung. Schließlich sei es wichtig, dass das Land auch Impulse in der Bundes- und Europapolitik setzt.
Kernforderungen des NRW-Handwerks1. Nachhaltigkeit lässt sich nur mit dem Handwerk erreichen
• Das Handwerk muss in alle politischen Initiativen zur Klimapolitik, zur Mobilitätspolitik, zur Kreislaufwirtschaft oder zur Klimafolgenanpassung einbezogen werden, denn es kommt auf die konkrete Umsetzung der ambitionierten Ziele an.
• Wir müssen in allen Sektoren auf wettbewerbliche Lösungen für Energie- und Klimatechnik setzen und Anschluss- und Benutzungszwänge für die Verbraucher vermeiden.
• Der Grundsatz der Technologieoffenheit muss bei allen Vorgaben und Förderstrukturen beachtet werden.
2. Wir müssen die Ausbildungsreife junger Menschen steigern
• Schulabgängerinnen und Schulabgänger müssen besser auf Ausbildung und Arbeitswelt vorbereitet werden – im Hinblick auf sprachliche Fähigkeiten, Medienkompetenz, mathematischtechnische Bildung und ökonomische Bildung.
• Wir müssen eine ergebnisoffene und praxisnahe Berufliche Orientierung an allen Schulformen etablieren.
• Wir müssen die systematische Berufliche Orientierung durch das Programm "Kein Abschluss ohne Anschluss" ausbauen und stärken.
3. Wir müssen die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung erreichen – zur Sicherung der Fachkräfte für morgen
• Die Duale Berufsbildung muss attraktiver werden und mehr Wertschätzung erfahren – zum Beispiel durch Veränderungen im öffentlichen Tarifrecht, beim Azubi-Ticket, beim Azubi-Wohnen sowie der Förderung der Aufstiegsfortbildung.
• Die Bildungszentren des Handwerks müssen gesichert und gestärkt werden.
• Wir brauchen eine kritische Evaluierung des Berufskollegsystems, damit die Berufskollegs als Partner und nicht als Konkurrent der dualen Ausbildung gestärkt werden.
4. Wir müssen Innovation und Digitalisierung voranbringen
• Wir müssen überall im Land den Ausbau einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur vorantreiben.
• Wir müssen in einer digitalisierten Wirtschaft faire Wettbewerbsbedingungen für Handwerk und Mittelstand sicherstellen.
• Wir brauchen eine niedrigschwellige Digitalprämie für kleine Betriebe, damit auch diese den Anschluss an Zukunftstechnologien finden.
5. Wir müssen neues Wachstum am Standort NRW ermöglichen
• Wir müssen Gewerbeflächen für das Handwerk sichern und bereitstellen.
• Mobilitätspolitik muss dafür sorgen, dass auch der Wirtschaftsverkehr fließt – durch Modernisierung der Infrastruktur, durch Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger und durch Maßnahmen zur Verkehrsverflüssigung.
• Wir müssen die Standortpolitik so ausrichten, dass Lieferketten kürzer, stabiler und flexibler werden.
6. Wir müssen den Mittelstand stärken
• Mittelständische Unternehmen brauchen ein Belastungsmoratorium für Steuern, Abgaben und Auflagen aller Art.
• Nordrhein-Westfalen muss den im Ländervergleich höchsten Hebesatz für die Grunderwerbsteuer spürbar reduzieren.
• Wir müssen die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auf den Märkten des Handwerks wirksam beschränken.
7. Wir müssen Bürokratie vermeiden und reduzieren
• Die Entbürokratisierung des Landesrechts muss unter systematischer Einbindung der Clearingstelle Mittelstand fortgesetzt werden.
• Wir müssen die Digitalisierung der Landesverwaltung vorantreiben, damit Dokumentationspflichten reduziert werden und Genehmigungsverfahren aller Art beschleunigt werden.
• NRW braucht eine unbürokratische, flächenbezogene Lösung für die Erhebung der Grundsteuer.
8. NRW muss stark und selbstbewusst in Brüssel und Berlin auftreten
• NRW muss die Interessen des Wirtschaftsstandorts insgesamt und insbesondere die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen konsequent in Brüssel vertreten.
• NRW muss sich im Bund konsequent für ein attraktives und unkompliziertes Unternehmenssteuerrecht einsetzen.
• NRW muss in der Europa- und Bundespolitik das Subsidiaritätsprinzip zur Stärkung dezentraler Einheiten verteidigen.
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben