DFV gegen erhöhte Mehrwertsteuer für Fleischprodukte
Die Zukunftskommission Landwirtschaft schlägt vor, die Mehrwertsteuer für Fleischprodukte zu erhöhen, um die Verbraucher an den Kosten für mehr Tierwohl zu beteiligen. Das sei nicht zielführend und ungerecht, sagt das Fleischerhandwerk.
Die Produkte des Fleischerhandwerks könnten in Zukunft teurer werden. Denn die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) schlägt vor, die Verbraucher an den Kosten für den Umbau der Nutztierhaltung zu beteiligen und dazu die Mehrwertsteuer für Fleischprodukte auf 19 Prozent zu erhöhen. Derzeit gilt der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent. Die ZKL wurde 2020 einberufen und hatte Mitte 2021 ihren Abschlussbericht "Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe" vorgelegt.
Nachdem Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) die Kommission beauftragt hat, ihre Arbeit fortzusetzen, empfiehlt sie in einem jetzt vorgelegten Zwischenbericht den erhöhten Mehrwertsteuersatz. Das Fleischerhandwerk ist nicht einverstanden mit dem Vorschlag. Er sei wenig zielführend und ungerecht, erklärt der Deutsche Fleischer-Verband (DFV). Der Umbau der Nutztierhaltung müsse aus dem Bundeshaushalt heraus finanziert werden. Besser noch wäre, wenn sinnvolle Maßnahmen verpflichtend im Tierschutzgesetz verankert würden, damit gute Haltung für alle Tiere gilt.
Özdemir offen für Mehrwertsteuererhöhung
Özdemir ist offen für die Finanzierung über die Mehrwertsteuer. Die Landwirte könnten nicht allein auf den Kosten für teure Stallumbauten sitzen bleiben. "Der Vorschlag der ZKL, die Mehrwertsteuer auf Fleisch schrittweise zu erhöhen und gleichzeitig bei Obst und Gemüse auf null zu setzen, hätte auch eine gesundheitsförderliche Lenkungswirkung und unterstützt so auch die Ackerbauern und den Gartenbau." Voraussetzung sei, dass dieser Weg auch von der deutschen Landwirtschaft unterstützt wird.
Der Deutsche Bauernverband lehnt eine Mehrwertsteuererhöhung ebenfalls ab und fordert wie der DFV ab und fordert eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt. Das Fleischhandwerk betont, dass der Vorschlag diejenigen bestrafe, die die schon heute nach höheren Standards arbeiten. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch wäre zwar einfach umzusetzen, hätte aber fatale Folgen. "Die Mehrwertsteuer in Euro und Cent ist umso höher, je hochwertiger das Produkt ist. Der prozentuale Aufschlag würde die Preisdifferenz zwischen billig und hochwertig noch vergrößern", so DFV-Präsident Herbert Dohrmann.
Tierschutzgesetzgebung auf den Prüfstand stellen
"Am Ende würden diejenigen die Hauptlast des Haltungsumbaus tragen, die schon heute gute Bedingungen mitfinanzieren." Aus Sicht des Fleischerhandwerks ist es aber gerechtfertigt, dass die Gesellschaft als Ganzes dafür aufkommt, wenn es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, die Tierhaltung weiter zu verbessern. Dohrmann: "Wenn die Agrarförderung der letzten Jahrzehnte zu einer Landwirtschaft geführt hat, die eine Mehrheit nicht will, dann muss überdacht werden, ob diese Mittel künftig nicht zumindest teilweise zu einer Umkehr genutzt werden können."
Es könne nicht richtig sein, dass die Verbraucher mit höheren Steuern belastet werden, nur um noch mehr Milliarden in eine immer industrieller werdende Landwirtschaft zu pumpen. Der DFV fordert, die Tierschutzgesetzgebung auf den Prüfstand zu stellen. Sollte sich zeigen, dass die jetzt geltenden Vorschriften unzureichend sind, müssten sie nachgebessert werden. "Das hätte den großen Vorteil, dass diese Verbesserungen dann für alle Nutztiere gelten und nicht nur in den Ställen der freiwillig teilnehmenden Bauern", sagt Dohrmann.
Europäische Lösung finden
Allerdings berge eine nationale Regelung die Gefahr, dass sich die Tierhaltung dorthin verlagern könnte, wo die Standards niedriger und deshalb kostengünstiger sind. "Billiges Fleisch würde dann auf den deutschen Markt drängen. Das könnte Tierhaltung in Deutschland im Extremfall deutlich erschweren." Auf der anderen Seite sei zu erwarten, dass das Tierwohl dann in den Hintergrund gedrängt werden könnte. Der DFV befürwortet deswegen eine europäische Lösung.
"Europa regelt unser Leben inzwischen auf unzähligen Gebieten. Es ist nicht einsichtig, warum das bei einer Frage wie dem angemessenen Tierschutz nicht ebenso möglich sein soll." Das Fleischerhandwerk fordert hier ein entschlossenes Vorgehen der Bundesregierung, denn Tierschutz und Tierwohl sei in ganz Europa gleichermaßen geboten. Wenn die Tierschutzstandards europaweit so gesetzt sind, dass sie den ethischen Anforderungen genügen und gesellschaftliche Akzeptanz finden, dann braucht man weder eine Abgabe noch eine Mehrwertsteuererhöhung. Die Lasten würden so gleichmäßig verteilt.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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