Eurovignette: Handwerkerausnahme bestätigt
Die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten heben den gefundenen Kompromiss zur Eurovignetten-Verordnung bestätigt. Die Mitgliedsländer können selbst bestimmen, ob sie von Handwerkern Straßennutzungsgebühren verlangen oder nicht.
Seit 2017 diskutieren die EU-Mitgliedstaaten über eine Revision der Eurovignetten-Richtlinie. Sie ist die europarechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren. Der unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft gefundenen Kompromiss zur Verordnung wurde jetzt von den Ständigen Vertretern der Mitgliedstaaten bestätigt.
Dabei halten sie an der Ausnahmemöglichkeit für Transporte des Handwerks fest, die es jedem einzelnen Land erlaubt, Handwerker und deren Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht komplett oder teilweise von Mautgebühren zu befreien.
Ausnahmeregelungen möglich
"Es ist richtig und im Sinne unserer Handwerksbetriebe, es den EU-Mitgliedsländern zu überlassen, ob sie Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen von Unternehmen außerhalb des Transportgewerbes von Maut- oder Nutzungsgebühren ausnehmen wollen. Für Handwerksbetriebe mit ihren kleinen Transportern sind hierdurch Ausnahmeregelungen möglich", sagt Holger Schwannecke.
Eurovignetten-RichtlinieWesentliche Inhalte der Verordung:
- Spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie sollen in den EU-Mitgliedstaaten, in denen bereits Gebührensysteme für Lkw vorhanden sind, verpflichtend Gebühren für alle Lkw über 3,5t zGG erhoben werden.
- Die Mitgliedsstaaten können dabei selbst entscheiden, ob sie ein strecken- oder zeitbezogenes System einführen. Heißt, es kann durchaus sein, dass ein Lkw-Fahrer auf dem Weg durch mehrere EU-Länder in Land A eine streckenbezogene und in Land B eine zeitbezogene Abgabe leisten muss.
- Egal für welches System sich die einzelnen Mitgliedsstaaten entscheiden, die Abgabensätze müssen mit Blick auf den Klimaschutz EU-weit nach CO2-Ausstoß der Fahrzeuge differenziert werden. Dies kann auf drei Arten geschehen: Über die Infrastrukturgebühren: CO2-freie Fahrzeuge können bis 2025 komplett befreit werden. Danach kann die Vergünstigung auf bis zu 75 Prozent der Kosten gesenkt werden, die Fahrzeuge mit der schlechtesten CO2-Bilanz zahlen. Dabei haben die einzelnen Mitgliedstaaten Gestaltungsspielraum innerhalb der einzelnen CO2-Emissionsklassen (Bsp.: bei Null-Emissionsfahrzeugen zwischen 50 und 75 Prozent, bei Niedrig-Emissionsfahrzeugen zwischen 30 und 50 Prozent, usw.) Über die externen Kosten: CO2-Emissionen werden als externe Kosten auf die Infrastrukturgebühren aufgeschlagen und hier nach den CO2-Emissionsklassen differenziert. Beides zusammen: also eine CO2-Differenzierung sowohl bei der Infrastrukturgebühr als auch bei den externen Kosten.
- Hybride (beispielsweise Oberleitungs-Lkw) können je nach Mitgliedstaat wie Null-Emissionenfahrzeuge behandeln werden, soweit streckengenau der emissionsfreie Betrieb nachgewiesen wird (Nachweis über Tachographen).
- Kleine und mittlere Unternehmen wie beispielsweise Handwerksbetriebe können durch eine unbefristete Ausnahmemöglichkeit für Transporte des Handwerks, die mit Lkw zwischen 3,5t und 7,5t zGG durchgeführt werden, besonders geschützt werde. Dabei kann jedes Land selbst entscheiden, ob es Handwerker komplett befreit, die Mautsätze nur reduziert oder voll bezahlen lässt. Ohne eine solche Ausnahme würden insbes. Handwerksbetriebe, also kleine und mittlere Betriebe, über Gebühr belastet.
- Eine Ausdehnung der Mautpflicht auf alle Fahrzeuge, also auch auf Pkw, wird nicht verfolgt, weil es dazu innerhalb der Bundesregierung keine Einigungschancen gibt.
Quelle: Bundesverkehrsministerium
Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks betont, dass das Handwerk bereits durch seine Steuerleistung angemessen zum Erhalt der Verkehrsinfrastrukturen beitrage. "Handwerkerinnen und Handwerker unternehmen Fahrten allein deshalb, um zur Baustelle beziehungsweise zum Kunden zu gelangen und dort einen Auftrag auszuführen. Dafür fahren sie jedoch nicht durch halb Europa"
Keine zusätzliche Bürokratie
In Deutschland wären die Handwerksbetriebe aber durch das im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten extrem große Mautnetz, das auch Bundesstraßen umfasst, finanziell sehr belastet. Schwannecke: "Fatal wäre es gerade in der jetzigen Situation, wenn Leistungen des Handwerks für Wohnungsbau, Nahversorgung und die dringend notwendige verstärkte energetische Sanierung unnötig verteuert würden."
Es sei wichtig, dass die gefundene Einigung auch in den kommenden Trilogverhandlungen bestehen bleibt. Denn mit den "praxistauglichen Ausnahmen" bleibe den Handwerksbetrieben zusätzliche Bürokratie erspart.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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