"Ausbildung ist der Turbo für Integration"
Das Handwerk im Ruhrgebiet fordert beim RuhrForum eine Gesamtstrategie für die Integration Geflüchteter durch Bildung und Arbeit.
Immer mehr Flüchtlinge werden im Handwerk ausgebildet. Von den bundesweit rund 44.000 Geflüchteten, die derzeit eine Ausbildung absolvieren, tut dies fast jeder Zweite im Handwerk. In der Region Ruhr wurden im vergangenen Jahr insgesamt 19.584 junge Menschen ausgebildet, darunter – mit steigender Tendenz – fast 3.000 Auszubildende mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Nicht zuletzt aus den Herkunftsländern der jüngsten Migrationsentwicklungen wie Syrien, Irak und Afghanistan hat ihre Zahl stark zugenommen.
Wie die Integration Geflüchteter durch Bildung und Arbeit künftig besser gelingen kann, stand im Mittelpunkt des zweiten RuhrForums Handwerk, das im Bildungszentrum Hansemann stattfand. "Im Ruhrgebiet wird viel zu oft auf Großunternehmen und die Öffentliche Hand geschaut. Dabei wird vielfach unterschätzt, in welchem Maße gerade kleine und mittlere Betriebe für Wachstum, Beschäftigung und Ausbildung sorgen", betonte Berthold Schröder, Präsident der gastgebenden Handwerkskammer Dortmund. "Das Handwerk übernimmt seit jeher gesellschaftliche Verantwortung. Dazu gehört auch, Geflüchteten eine Chance auf eine qualifizierte Ausbildung zu ermöglichen. Denn neben adäquaten Sprachkenntnissen sind Bildung und Beschäftigung die wesentlichen Bausteine für eine gelungene Integration."
Staatssekretärin Serap Güler vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen sagte: "Mit dem Handwerk haben wir einen verlässlichen Partner, um die Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen proaktiv weiterzuentwickeln. Dazu gehört vor allem, Menschen mit Migrationsgeschichte in Ausbildung und Beschäftigung zu bringen. Gerade im Ruhrgebiet sind es die Potenziale der Vielfalt, die wir nutzen wollen, um die Metropolregion zukunftsfähig zu machen."
Zukunft für sich und das Handwerk gesichert
Wie sehr die letzten drei Jahre den ausgeprägten Willen, die Kompetenz und die Erfolge des Handwerks in der Region Ruhr bei der Aufnahme und qualifizierenden Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund eindrucksvoll unter Beweis gestellt hätten, unterstrich der Düsseldorfer Kammerpräsident Andreas Ehlert. In den handwerklichen Bildungszentren hätten schon viele Hundert Flüchtlinge ihre berufliche Eingliederungschance erhalten und genutzt. Und sich damit ein gutes Stück Zukunft gesichert. Für sich, und für das Handwerk.
"Das war – und ist – eine große Bildungsanstrengung. Sie steht beispielhaft für das, was die Region Ruhr immer ausgezeichnet hat: die eigenen Ressourcen auszuschöpfen, die sie hat. Nur jetzt eben ohne Kohle. Statt dessen durch Aufbau von Wissen und technologischem Können. Mit der Perspektive, AutorIn und UnternehmerIn des eigenen Lebens zu werden. Im Handwerk. Die Wohlfahrt dieser Region profitiert davon", so Ehlert.
"Turbo für die Integration"
Amtskollege Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster, bezeichnet die Ausbildung Geflüchteter in kleinen und mittleren Betrieben als "Turbo für die Integration". Jugendliche, die im Handwerk ein berufliches Zuhause fänden, hätten Vorbildcharakter für ihre Landsleute. "Sie erleben, dass sie als künftige Fachkraft gebraucht werden, Geld verdienen und Anerkennung in einem oftmals neuen Umfeld bekommen." Viele Betriebe hätten von positiven Erfahrungen bei der Ausbildung berichtet, insbesondere was Leistungsbereitschaft, Engagement und Lernwillen der Geflüchteten angehe. Es sei den Unternehmen wichtig, dass die mit großem Einsatz Ausgebildeten langfristig bei ihnen bleiben und arbeiten dürften. Gemeinschaftlich forderten die Spitzenvertreter des Handwerks in der Region Ruhr von der Landesregierung, für die Integration passgenaue Rahmenbedingungen zu schaffen.
"Insbesondere für Zuwanderer müssen flächendeckend geeignete Wege zur beruflichen Integration aufgezeigt werden. Dafür ist eine enge Kooperation von Landespolitik, Schulträgern, Ausländerbehörden, Arbeitsagenturen, Jobcentern und lokaler Wirtschaft in allen inhaltlichen und organisatorischen Fragen erforderlich. Ausbildungsstandards dürfen dafür nicht abgesenkt werden. Auszubildende und Betriebe müssen Rechtssicherheit haben und verlässliche Unterstützungsangebote nutzen können." Schröder: "Berufsorientierung und -vorbereitung, Praktika und Ausbildung oder auch die Anerkennung von im Ausland erworbenen Kompetenzen – das Spektrum der Integrationsmaßnahmen ist breit. Für die Fachkräftegewinnung brauchen wir aber eine tragfähige Gesamtstrategie."
Hintergrund: Mehr zum zweiten RuhrForum Handwerk gibt es online hier.
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Text:
Vera von Dietlein /
handwerksblatt.de
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