Was kommt nach dem Kohleausstieg?
Für den bevorstehenden Strukturwandel in den Braunkohlerevieren fordert das Handwerk schnelles Handeln der Politik – auch mit Blick auf Handwerk und Mittelstand.
Deutschland will den Kohleausstieg und weder Kohle abbauen noch Kohle für die Energiegewinnung verwenden – früher oder später. Den betroffenen Braunkohleregionen (Lausitzer Revier, Mitteldeutsches Revier, Helmstedter Revier und Rheinisches Revier) steht damit ein Strukturwandel ins Haus, bei dem es darum geht, dort die wirtschaftliche Entwicklung, also Wachstum und Beschäftigung nachhaltig zu sichern. Dieser Wandel habe nicht nur Auswirkungen auf die braunkohlebasierte energieerzeugende und chemische Industrie, sondern auch auf viele Betriebe aus Mittelstand und Handwerks, betont der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).
Es gehe um rund 180.000 Handwerksunternehmen mit etwa 1,1 Millionen Beschäftigten. "Für viele Betriebe aus Handwerk und Mittelstand in den Revieren sind Aufträge der Braunkohleindustrie und der von ihr beschäftigten Menschen eine wichtige Geschäftsgrundlage", so der ZDH. Notwendig sei eine nachhaltige Strategie um mit den passenden Rahmenbedingungen, den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten. Andernfalls drohe ein Kaufkraftverlust, der die gesamte regionale Wirtschaft gefährden könnte.
Zukunftsperspektiven aufzeigen
Deswegen fordert der ZDH die Politik auf, den Strukturwandel möglichst schnell anzustoßen und neue Perspektiven zu öffnen. Das Ende des Braunkohlebergbaus sei absehbar in den kommenden 20 bis 25 Jahren. Das biete einen nur knappen Zeitraum für die Entwicklung von passenden Konzepten. "Gerade jungen Menschen müssen deshalb heute Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden, damit sie nicht in andere Regionen abwandern." Ohne verlässliche Geschäftsaussichten stünde ein großer Teil der vielen anstehenden Unternehmensnachfolgen auf der Kippe, weil es so schwierig werden könnte, einen Nachfolger zu finden. Auch expandierende Betriebe könnten sich dann anderen Regionen zuwenden.
Der Handwerksverband begrüßt die geplante Beschleunigung von Infrastrukturprojekten in den Revieren. "Gerade in den strukturschwachen ostdeutschen Revieren müssen aber zusätzliche Mittel für den Infrastrukturausbau bereitgestellt werden." Außerdem fordert der ZDH schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse. "Andernfalls steht zu befürchten, dass mit dem Ende des Braunkohlebergbaus bei vielen Projekten noch nicht einmal mit der Umsetzung begonnen wurde."
Zukunftssichernde Förderinstrumente konzipieren
Außerdem dringt der ZDH auf eine Öffnung der Förderinstrumente für Handwerk und Mittelstand – eine Ausrichtung nur auf Arbeitsplätze in der Industrie greife zu kurz. Eine langfristig tragfähige Wirtschaftsstruktur sei so nicht zu schaffen. Wichtig hierfür sei eine Mischung von großen und kleinen Unternehmen aus allen Branchen. Wichtige Schritte wären die Ausweitung der Förderung auf Investitionen und Innovationen in Unternehmen mit regionalem Fokus und die stärkere Unterstützung von Unternehmens-nachfolgen zur Sicherung der regionalen Wirtschaftsstrukturen. "Weitere zukunftssichernde Förderinstrumente müssen konzipiert oder adaptiert werden."
Schließlich ist eine Neuausrichtung des Energiewendekonzepts aus Sicht des ZDH unverzichtbar. "Auch nach der Abwicklung der Braunkohlekraftwerke muss sichergestellt sein, dass die Energieversorgung in Zukunft für alle Unternehmen und Verbraucher sicher und bezahlbar bleibt."
Abschlussbericht kommt später
Anfang Juni hatte die Bundesregierung die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Umweltverbänden eingesetzt und mit der Erarbeitung eines umfassenden Konzepts zum Kohleausstieg beauftragt. Ursprünglich war die Vorlage des Abschlussberichts für Ende November vorgesehen. Bisher liegt ein 41-seitiger Zwischenbericht vor, in dem vieles noch offenbleibt. Neue Deadline für den Abschlussbericht ist der 1. Februar des kommenden Jahres.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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