Sachverständige: Streitereien sind ihre Spezialität
Trotz aller Sorgfalt bei der Arbeit – Konflikte mit dem Kunden können Handwerksunternehmer nicht immer ausschließen. Kommt es zum Streit, können Sachverständige helfen, langwierige und teure Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Ein typischer Konflikt: Der Handwerker ist sich sicher, dass er seine Arbeit ordnungsgemäß und fristgerecht gemacht hat und erwartet eine entsprechende Bezahlung. Der Kunde ist aber unzufrieden und findet die Ausführung mangelhaft oder die Rechnung zu hoch und zahlt erst einmal nicht. Jeder glaubt sich vollkommen im Recht, und keiner ist zu einem Kompromiss bereit. Im schlimmsten Fall drohen Kunde oder Handwerker sogar mit einer Klage.
Doch lohnt es sich wirklich, vor Gericht zu gehen? "Erfahrungsgemäß erhält meist keine der beiden streitenden Parteien vor Gericht zu 100 Prozent recht“, meint Elke Keufen, Sachverständige für das Gebäudereiniger-Handwerk aus Hamm. "Kosten kommen dann sowieso auf beide Parteien zu und oft sind Gerichtsverfahren nicht nur teuer, sondern auch noch sehr langwierig.“
Gerichtsprozess vermeiden
Doch ein Gerichtsprozess kann vermieden werden, wenn Handwerker und Kunde bereit sind, sich mit Hilfe eines neutralen Dritten zu einigen. "Möchte der Kunde einen Sachverständigen einschalten, sollten Handwerker sich offen zeigen“, rät Andrea Frey, Juristin mit Schwerpunkt Sachverständigenwesen bei der Handwerkskammer Dortmund.
Oft könne ein gemeinsames Gespräch vor Ort mit den Streitenden und dem Sachverständigen als neutralem Vermittler schon eine Lösung bringen, mit der beide Parteien leben können. Allerdings: Als Sachverständiger kann sich theoretisch jeder bezeichnen – durch eine Handwerkskammer öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige müssen aber ihre besondere Sachkunde, Vertrauenswürdigkeit und Objektivität in einem speziellen Verfahren nachweisen.
Schnell, günstig und verbindlich
Eine schnelle, kostengünstige und verbindliche Konfliktlösung bietet das Schiedsgutachten. Kunde und Handwerker einigen sich dabei gemeinsam auf einen Sachverständigen als Schiedsgutachter. Dann teilen sich die beiden Parteien die Kosten für das Gutachten, sie unterzeichnen aber auch im Vorfeld eine sogenannte Unterwerfungsklausel, mit der sie das Ergebnis des Gutachtens als verbindlich anerkennen. "Hierbei geht es allerdings nicht um die Rechtsfolgen, sondern lediglich um das fachliche Urteil“, erläutert Frey.
"Wird tatsächlich ein Fehler des Handwerksbetriebs festgestellt, ist das zwar unerfreulich, aber trotzdem günstiger als ein Prozess. Zudem bietet sich die Chance, den Fehler künftig zu vermeiden.“ Gut für den Unternehmer: Er riskiert keinen Imageschaden durch ein negatives Gerichtsurteil. Gut für beide: Ein Sachverständiger ist emotional neutral, er kann den Konflikt rein sachlich betrachten und Lösungsvorschläge machen, die beiden Seiten gerecht werden.
Kosten vorher klären
Bei der Einigung auf ein Schiedsgutachten muss aber sichergestellt werden, dass beide Parteien mit dem Sachverständigen einverstanden sind und ihn als neutral betrachten. Über die Handwerkskammern sowie die bundeseinheitliche Sachverständigen-Datenbank des Handwerks sind die geeigneten Experten kostenlos zu finden. Um jeglichen Zweifel an der Neutralität auszuschließen, kann auch ein Sachverständiger aus einem anderen Kammerbezirk gewählt werden.
Bevor man einen solchen Experten beauftragt, sollten die Betroffenen den genauen Umfang des Auftrags und die zu erwartenden Kosten klären. Es gibt dafür keine Gebührenordnung, sondern in der Regel ein Honorar, das nach aufgewandten Stunden berechnet wird. Die Höhe des Stundensatzes ist je nach Gewerk und Region unterschiedlich. Dazu kommen Anfahrtskosten, Materialaufwand und Mehrwertsteuer.
Gespräch schont Nerven und Geldbeutel
Kommt es nicht zur Einigung auf einen gemeinsamen Sachverständigen, ist wichtig zu wissen: Von einer Partei in Eigenregie beauftragte Gutachten können als Argumentationshilfe vor Gericht dienen, sie haben jedoch keine Beweiskraft. Das ist nur der Fall, wenn das Gericht selbst einen Sachverständigen beauftragt. Die Kosten trägt dafür dann letztlich die unterlegene Partei. Hier sollten Handwerksunternehmer sorgfältig abwägen, aber bedenken: Ein Gespräch mit dem Kunden mit Hilfe eines neutralen Dritten schont ihre Nerven und ihren Geldbeutel!
Aufgaben von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständige des Handwerks:
– Sie unterstützen bei Gerichtsverfahren den Richter dabei, unter fachlich-technischen Gesichtspunkten eine richtige Entscheidung zu treffen
– Sie können auch als Privatgutachter tätig werden und von Unternehmen oder Privatpersonen beauftragt werden
– Sie können sich zu handwerklichen Leistungen, Kostenvoranschlägen, Sanierungskonzepten, Zeit- und Restwertermittlungen u.ä. äußern
– Sie beraten und informieren unabhängig zu Fachfragen in ihrem Gewerk, beurteilen Schäden und ermitteln Schadensursachen, bewerten den tatsächlichen Zustand von Gegenständen etc.
Quellen: Bundeseinheitliche Sachverständigen-Datenbank des Handwerks, Westdeutscher Handwerkskammertag
Text:
Erika Strauß /
handwerksblatt.de
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