Politik soll die richtigen Prioritäten setzen
Die deutsche Wirtschaft appelliert an die Politik, das europäische Einigungswerk nicht aufs Spiel setzen. Die Regierung müsse lösungsorientiert mit den europäischen Partnern zusammenarbeiten.
Mit Sorge blickt die deutsche Wirtschaft auf die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen innerhalb der Bundesregierung. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, vor denen Deutschland und Europa derzeit stehen, fragten sich viele Menschen und Unternehmen, ob die Politik die richtigen Prioritäten setzt. "Statt Ringen um die beste Lösung in der Sache erleben wir eine von zentralen Themen der Menschen und Unternehmen zunehmend abgekoppelte Diskussion", so der Zentralverband des Deutschen Handwerks, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie in einer gemeinsamen Erklärung.
Politik und Gesellschaft dürften sich nicht entfremden. Die parteipolitischen Streitigkeiten schadeten dem Ansehen Deutschlands. "Sie schwächen uns auf europäischer sowie internationaler Bühne – und das in einer wirtschaftlich herausfordernden Situation. Unser Land und unser Kontinent stehen vor großen Herausforderungen – wie der demografische Wandel, der Erhalt unserer Wettbewerbsfähigkeit im globalen Maßstab, die Digitalisierung, der Fachkräftemangel, Handelskonflikte und auch die Fluchtbewegungen nach Europa", heißt es in der Erklärung. Diese erforderten den politischen Willen zu europäischen Lösungen, die nachhaltig und der Zukunft zugewandt sind.
"Es kommt auf ein gemeinsames Vorgehen innerhalb der EU an"
Angesichts der aktuellen weltpolitischen Entwicklungen und ökonomischen Herausforderungen komme es auf ein gemeinsames Vorgehen innerhalb der Europäischen Union an. Als größter Mitgliedstaat in der Mitte Europas habe Deutschland dabei eine entscheidende Rolle. Die wirtschaftliche Bedeutung Europas sei gerade für Deutschland enorm: "Unser Land wickelt 60 Prozent seines Handelsvolumens innerhalb der EU ab. Die deutsche Wirtschaft ist überzeugt, dass nationale Alleingänge mehr Schaden als Nutzen anrichten. Renationalisierung als Antwort auf globale Herausforderungen ist wirkungslos."
Die Europäische Union sei heute der große demokratische Freiheits-, Friedens-, Rechts-, Wirtschafts- und Wohlstandsraum – ohne Beispiel in der Geschichte. "Europa ist Teil unserer Identität. Der europäische Integrationsprozess nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Erfolgsgeschichte. Die Idee von Frieden und Freiheit, Marktwirtschaft und sozialem Ausgleich war bislang immer Maßstab für die politisch Handelnden. Sie hat uns ein Leben in Demokratie und Wohlstand ermöglicht. Keineswegs dürfen wir dieses große europäische Einigungswerk aufs Spiel setzen." Deshalb appellieren die Spitzenverbände der deutschern Wirtschaft an die Bundesregierung, sich gleichermaßen ihrer Verantwortung und Rolle für Deutschland in Europa und der Welt bewusst zu werden: "Was wir jetzt brauchen, ist eine stabile und entschlossene Regierung, die konstruktiv, lösungsorientiert und besonnen mit ihren europäischen Partnern zusammenarbeitet."
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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