Auch im Dienst kann es zu Unfällen kommen. Dann ist die Frage, wie fahrlässig der Fahrer war.

Auch im Dienst kann es zu Unfällen kommen. Dann ist die Frage, wie fahrlässig der Mitarbeiter war. (Foto: © magiceyes/123RF.com)

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Mit dem Firmenwagen das Cabrio des Chefs beschädigt: Wer zahlt?

Betriebsführung

Ein Mitarbeiter, der mit einem Firmenfahrzeug einen Unfall baut, kann nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber für den Schaden einsteht. Es kommt darauf an, wie fahrlässig er war. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gibt Regeln vor.

Ein Arbeitnehmer, der beim Rückwärtsfahren mit dem Firmenwagen ein anderes Fahrzeug – in diesem Fall ausgerechnet das BMW-Cabrio seines Chefs – beschädigt, handelt fahrlässig. Hier musste er teilweise für den Schaden haften, obwohl er während der Arbeitszeit im Auftrag der Firma handelte.

Der Fall

Auf dem Betriebsgelände eines Unternehmens fuhr ein Arbeitnehmer beim Zurücksetzen mit einem Dienstwagen auf das BMW-Cabrio des Geschäftsführers auf. Der Schaden am BWM lag bei knapp 2.315 Euro. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen musste unter anderem klären, ob und in welcher Höhe der Mitarbeiter für den entstandenen Schaden haftet.

Das Urteil

Das LAG hat entschieden, dass der Mitarbeiter einen Teil des Schadens bezahlen muss. Der Geschäftsführer könne wegen des beschädigten Cabrios 1.543 Euro verlangen. Denn der Arbeitnehmer hafte anteilig. Das ergebe sich aus den Grundsätzen der abgestuften Arbeitnehmerhaftung, die das Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgestellt habe.

Abgestufte Arbeitnehmerhaftung

Bei der Arbeitnehmerhaftung gibt es die Stufen leichteste, mittlere und grobe Fahrlässigkeit. Für Schäden, die der Arbeitnehmer mit leichtester Fahrlässigkeit verursacht hat, haftet dieser gar nicht. Leichte oder leichteste Fahrlässigkeit sind etwa ein sich "Vergreifen" oder "Vertun".

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Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird die Haftung geteilt. Mittlere Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und der missbilligte Erfolg bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar gewesen wäre.

Bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich voll. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet gelassen wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber. Auch bei grober Fahrlässigkeit kann nach Abwägung aller Umstände im Einzelfall eine Haftungserleichterung in Betracht kommen. Dabei müssen die Höhe des Arbeitsentgelts, die weiteren mit seiner Leistungsfähigkeit zusammenhängenden Umstände und der Grad des Verschuldens einbezogen werden. Auch bei "gröbster" Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers scheiden Haftungserleichterungen nicht grundsätzlich aus (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Oktober 2010, Az.: 8 AZR 418/09).

Mittlere Fahrlässigkeit 

Das Gericht kam zu der Auffassung, dass dem Arbeitnehmer eine mittlere Fahrlässigkeit im oberen Bereich vorzuwerfen sei und verteilte die Haftungsanteile entsprechend. "Während des Rückwärtsfahrens ist es erforderlich, sich permanent durch die Benutzung der Innen- und Außenspiegel sowie durch einen Schulterblick zu vergewissern, dass die Fahrstrecke frei von Hindernissen ist", so das Urteil wörtlich. "Gegebenenfalls muss sich der Fahrer durch einen Beifahrer oder eine dritte Person einweisen lassen."

Betriebliches Handeln

Die Anwendung der Grundsätze über die Arbeitnehmerhaftung setzt ein betrieblich veranlasstes Handeln des Arbeitnehmers voraus. Das sind solche Tätigkeiten, die ihm arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Dabei muss die Tätigkeit in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Das war hier laut LAG der Fall.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 10. April 2024, 2 Sa 642/23

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Text: / handwerksblatt.de

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