Der schlimmste Gang: Der Weg zum Insolvenzgericht
Für einen Unternehmer gibt es wohl kaum einen schlimmeren Gang als den zum Insolvenzgericht. Vor allem dann, wenn äußere Umstände den Chef dazu zwingen – weil zum Beispiel Kunden ihre Rechnungen nicht bezahlt haben und das den Inhaber seiner Liquidität kostet . Was auf den Betrieb zukommt, beschreibt die kurze Einführung in das Insolvenzrecht
Einen Rückgang gibt es, eine Entwarnung nicht. "Von einem Abebben der Insolvenzwelle kann keine Rede sein", sagt Dr. Helmut Rödl, Geschäftsführer der Neusser Auskunftei Creditreform. So gingen im ersten Halbjahr die Unternehmensinsolvenzen zwar um sechs Prozent zurück, unterm Strich brachen aber immer noch 14.300 Unternehmen zusammen.
Auslöser sind oft Forderungsverluste
Was das Bedrückende an der Statistik ist: Nicht immer sind es Managementfehler, die zum Konkurs führen, sondern ein Dominoeffekt. "Häufig werden Unternehmen von anderen, die plötzlich zahlungsunfähig sind, mitgerissen", erklärt Rödl. Tatsächlich können nur einer kleiner Teil der Betriebe von sich behaupten, in den letzten zwölf Monaten keine Forderungsverluste gehabt zu haben, wie eine Creditreform-Umfrage belegt.
Der Prävention kommt damit eine ganz wichtige Rolle zu. "Jeder Betriebsinhaber sollte seine Zahlen im Griff haben und stets wissen, wo er finanziell steht", sagt Sven Wolf von der Anwaltskanzlei Dr. Peter Neu in Remscheid. "Dann kann er frühzeitig – etwa mit einem ausgeklügeltem Forderungsmanagement – gegensteuern."
Gläubiger müssen ihre Forderungen glaubhaft machen
Klappt das allerdings nicht, kann schnell der Weg zum Insolvenzgericht kommen. Drei Gründe sind es, die ein Unternehmen vor ein Insolvenzgericht bringen können:
- die Zahlungsunfähigkeit,
- die drohende Zahlungsunfähigkeit
- die Überschuldung.
Checkliste: Ablauf einer Insolvenz und was Sie dazu wissen sollten!
- Den Antrag dazu können bei Zahlungsunfähigkeit sowohl Gläubiger als auch Schuldner stellen, bei der drohenden Zahlungsfähigkeit liegt der Gang allein im Ermessen des Firmenchefs. Das Gesetz hat Zahlungsunfähigkeit klar definiert: Wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. "Zahlungsfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat." Gläubiger können aber nicht einfach einen Antrag stellen. "Sie müssen ihre Forderungen glaubhaft machen", sagt Wolf.
- Drei Wochen für den Gang zum Amtsgericht Der Chef – im juristischen Sprachgebrauch immer Schuldner genannt – kann sich auch nicht ewig Zeit lassen, wenn er den fälligen Schritt unternehmen muss. Drei Wochen bleiben ihm, dann muss er den Antrag gestellt haben, mit einer Aufstellung der Vermögensverhältnisse im Gepäck. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit muss der Unternehmer mit Hilfe eines Finanz- und Liquiditätsplans abschätzen – und der Zeitraum sollte mindestens ein halbes Jahr betragen. "Erst wenn in so einem Zeitraum die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass die Zahlungsunfähigkeit zum Beispiel durch neue, für das Geschäft unvermeidbare Verbindlichkeiten eintritt, muss der Geschäftsführer zum Amtsgericht", erklärt Wolf.
- Eine Überschuldung als Insolvenzgrund betrifft ausschließlich juristische Personen, also zum Beispiel eine GmbH. Um das festzustellen, reicht ein Blick in die Bilanz. Deckt das Vermögen des Schuldners nicht mehr seine Verbindlichkeiten, so das Gesetz, ist das Unternehmen überschuldet. Wolf: "Diese Überschuldungsbilanz ist aber nicht mit der normalen Handelsbilanz identisch, sondern eine eigenständige Sonderbilanz.
- Damit kein Vermögen "verschwindet"...
Die handelsrechtlichen Vorschriften spielen dabei keine Rolle, sondern man muss die tatsächlichen Zeitwerte ermitteln. Juristisch ausgedrückt: Die Aktiva sind – unter Auflösung der stillen Reserven – nach ihren wahren, realisierbaren Verkehrswerten anzusetzen. Bei den Passiva sind die realen Verbindlichkeiten einzusetzen, allerdings ohne die Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktrittserklärung. Außerdem muss noch eine Fortführungsprognose her. Erst wenn klar ist, dass es auch mit den Fortführungswerten für den Betrieb kein Überleben gibt, ist der Chef verpflichtet, den Insolvenzantrag zu stellen.
- Ist der Antrag einmal beim Gericht eingegangen, muss das Gericht vor einer endgültigen Entscheidung dafür sorgen, dass sich keine Veränderungen mehr ergeben, die den Gläubigern schaden – dass also Vermögen "verschwindet". Etwa durch den Stopp von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder durch das Einsetzen eines vorläufigen Insolvenzverwalters, der zum Beispiel die weiteren Geschicke bestimmt.
- Seine Aufgabe: Er muss das Vermögen sichern und erhalten. Außerdem führt er das Unternehmen weiter, bis klar ist, ob es ein Insolvenzverfahren gibt. Der Chef beziehungsweise Schuldner muss sämtliche Entscheidungen vom vorläufigen Insolvenzverwalter abnicken lassen. "Voraussetzung ist natürlich, dass das Gericht den Betrieb nicht sofort still legt, um einen Vermögensschwund zu vermeiden", sagt Wolf.
- Zudem muss der Verwalter prüfen, ob das vorhandene Vermögen auch ausreicht, um die Kosten für das Verfahren zu decken. Sind diese Prüfungen abgeschlossen, kann das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Es sei denn, – der Insolvenztatbestand ist einfach nicht gegeben – oder es ist nicht genügend Masse vorhanden, um die Kosten zu decken. Dann landen natürliche Personen im Schuldnerverzeichnis, juristische Personen werden aufgelöst.
Text:
Ulrike Lotze /
handwerksblatt.de
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