Abschlussbericht der Berufsbildungs-Enquete setzt wichtige Impulse
Nach fast drei Jahren hat die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" ihre Arbeit abgeschlossen. Die Ergebnisse des über 600-seitigen Berichts liefern aus Sicht des Handwerks wichtige Impulse.
Am 22. Juni 2021 hat die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" ihren Abschlussbericht öffentlich vorgestellt. 19 Abgeordnete und 19 Sachverständige aus Praxis, Verbänden und Wissenschaft hatten rund drei Jahre daran gearbeitet. Das Ergebnis umfasst mehr als 600 Seiten. Die Enquete-Kommission war vom Deutschen Bundestag eingesetzt worden. Sie hatte den Auftrag, die Entwicklungsperspektiven der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der künftigen Arbeitswelt zu analysieren, die ökonomischen und sozialen Potentiale einer Modernisierung zu prüfen und daraus konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Einschätzung des Handwerks
Hans Peter Wollseifer Foto: © ZDH/SchueringDie Ergebnisse der Enquete-Kommission enthalten nach Einschätzung von Hans Peter Wollseifer "wichtige Impulse, wie Handwerksbetriebe zu unterstützen sind, damit sie an ihrem äußerst hohen Ausbildungsengagement festhalten und so Digitalisierung und Fachkräftesicherung erfolgreich bewältigen können". Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) legt den künftigen politischen Entscheidungsträgern nahe, die Vorschläge auch anzugehen. Dazu gehört für ihn beispielsweise, die Standorte des Mittelstand-Digital-Zentrums Handwerk und die überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerk zu fördern.
Digitalisierung der Bildungsstätten
Bei der Digitalisierung in der beruflichen Bildung müsste aus seiner Sicht schon jetzt entschlossen gehandelt werden. Dafür sei es notwendig, die bestehenden Mittel des Digitalpaktes rasch und umfassend in die Fläche zu bringen. Der ZDH-Präsident nannte in diesem Zusammenhang vor allem die Bildungszentren des Handwerks und die Berufsschulen.
Vorschläge des Handwerks
Um die betriebliche Ausbildung zu stärken, habe das Handwerk in der Enquete-Kommission eine Reihe von konkreten Gestaltungsvorschlägen eingebracht. Dazu gehören unter anderem ein Pakt für Berufliche Bildung, die Schaffung eines Deutschen Beruflichen Austauschdienstes und die Ausweitung und Verstetigung des Mobilitätsberatungsnetzwerks an den Handwerkskammern. Eine künftige Bundesregierung müsse die entsprechenden Empfehlungen der Enquete-Kommission aufgreifen.
Einschätzung der Berufsschulen
Joachim Maiß Foto: © BvLB/Marco UrbanFür Joachim Maiß liest sich der Abschlussbericht der Enquete-Kommission so, "als ob die Politik über alle Fraktionsgrenzen hinweg verstanden hätte, an welchen Stellschrauben gravierend gedreht werden muss, um die berufliche Bildung zukunftssicher aufzustellen". Vom Ergebnis der dreijährigen Arbeit ist der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) allerdings eher enttäuscht. "Mehr als gutgemeinte Handlungsempfehlungen sind dabei nicht herausgekommen."
Pakt für berufsbildende Schulen
Doch der Bericht enthält für ihn auch Lichtblicke. So begrüßt der BvLB die Empfehlung, einen Pakt für berufsbildende Schulen ins Leben zu rufen. Dieser solle in den von der Kultusministerkonferenz (KMK) geplanten Pakt für die berufliche Bildung eingebettet werden. Als Schwerpunktthemen schlägt Maiß vor, einen DigitalPakt berufsbildende Schulen aufzulegen sowie dass die Schulen eigenständig über die Verwendung der Mittel für die Ausgestaltung des digitalen Unterrichts entscheiden können. Zudem soll eine bundesweite digitale datenschutzrechtlich sichere Lernplattplattform zur Verfügung gestellt werden.
Rekrutierungskampagne für Lehrer
Im Rahmen des Paktes für berufliche Schulen solle es auch eine Rekrutierungsoffensive geben, um mehr Lehrkräfte für die berufsbildenden Schulen zu gewinnen sowie eine Imagekampagne für das Lehramt an beruflichen Schulen.
Es sollen die standortnahe Beschulung im ländlichen Raum sowie die Mobilität der Berufsschüler durch Azubi-Tickets, Wohnheime und flexible Mindestschülerzahlen gefördert werden.
Und vor allem soll auch die Zusammenarbeit verbessert werden zwischen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen zum Ausbau einer erfahrungs- und praxisorientierten, fest in Lehrplänen verankerten Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen unter Einbindung regionaler Betriebe.
Abschlussbericht Der Abschlussbericht der Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" (Drucksache 19/30950) kann auf den Seiten des Deutschen Bundestages heruntergeladen werden.
"Viele Absichtserklärungen, die von der kommenden Regierung angegangen werden müssen", mahnt Joachim Maiß. Die Politik werde sich daran messen müssen, ob diese auch vom BvLB seit vielen Jahren geforderten dringend erforderlichen Maßnahmen zügig angegangen und umgesetzt werden.
Schluss mit Sonntagsreden
Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl im September 2021 rät der BvLB-Vorsitzende deshalb den Parteien, die Stärkung der beruflichen Bildung ganz weit oben auf ihre Agenda zu setzen. Da viele Bildungsthemen in die Verantwortung der Länder fallen, nimmt er jedoch auch diese in die Pflicht. "Jetzt müssen endlich Nägel mit Köpfen gemacht und die Bedeutung der beruflichen Bildung durch Taten untermauert werden", fordert Maiß. Sonntagsreden habe es schon zu viele gegeben.
Quelle: Deutscher Bundestag, Zentralverband des Deutschen Handwerks, Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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