BFH-Urteil: Ein Lamborghini als reiner Firmenwagen?
Spannendes BFH-Urteil zu Firmenwagen: So entkräften Sie den Anscheinsbeweis der privaten Fahrzeugnutzung. Auch wenn es sich um ein Luxusauto wie einen Lamborghini Aventador handelt.
Unter welchen Umständen lässt sich der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung eines betrieblich genutzten Fahrzeugs entkräften? "Laut Bundesfinanzhof müssen dafür alle relevanten Umstände in die Bewertung einfließen – auch ein nicht ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch", erklärt Steuerberaterin Daniela Ehlke bei Ecovis in Nürnberg. Außerdem kommt es darauf an, welche Fahrzeuge man noch so in der Garage stehen hat. Darum geht es:
Der Fall: Nicht lesbare Fahrtenbücher für den Lamborghini und den BMW
Ein selbstständiger Prüfsachverständiger nutzte für seine Arbeit zwei Leasingfahrzeuge – einen BMW 740d X Drive und einen Lamborghini Aventador. Für beide Fahrzeuge führte er handschriftlich ein Fahrtenbuch. Am Lamborghini hatte er eine Werbefolie für sein Sachverständigenbüro anbringen lassen. Im Privatvermögen besaß der Mann noch einen Ferrari 360 Modena Spider und einen Jeep Commander.
Das Finanzamt kürzte innerhalb der Betriebsführung zunächst die Betriebsausgaben für den Lamborghini. Später wollte es auch für den BMW Entnahmen für eine Privatnutzung ansetzen.
Die Begründung: Die Fahrtenbücher für beide Fahrzeuge seien nicht lesbar und daher nicht anerkennbar. Für die unterstellte Privatnutzung von BMW und Lamborghini wollte das Finanzamt jeweils ein Prozent des Bruttolistenpreises inklusive der Kosten für Sonderausstattungen im Zeitpunkt der Erstzulassung als Entnahmen ansetzen.
Da jedoch dieser Betrag in Bezug auf den Lamborghini für die betreffenden Jahre mehr als ein Drittel der tatsächlichen Aufwendungen ausmachte, kürzte das Finanzamt die tatsächlichen Kosten um zwei Drittel, um die Entnahme zu berechnen.
Annahme einer privaten Nutzung
Grundsätzlich gilt: Für die Privatnutzung eines Fahrzeugs, das ein Unternehmer mehr als 50 Prozent betrieblich nutzt, ist für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises (zum Zeitpunkt der Erstzulassung) zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung und Umsatzsteuer anzusetzen. Diese Regelung gilt auch für Leasingfahrzeuge.
Wer das Fahrzeug nur betrieblich nutzt, muss keine private Nutzung versteuern. Die Finanzverwaltung geht aber davon aus, dass ein Unternehmer ein Fahrzeug, das theoretisch auch zu privaten Zwecken zur Verfügung steht, tatsächlich auch privat nutzt. Diese Annahme beruht auf dem Beweis des ersten Anscheins, der Anscheinsbeweisregel.
Bei reinen Handwerkerfahrzeugen (zum Beispiel zweisitzige Werkstattwagen mit fensterloser Ladefläche) sollte das Finanzamt nicht von einer Privatnutzung ausgehen.
Urteil des Bundesfinanzhofs: Nicht immer trifft die allgemeine Erfahrung zu
Interessant im Fall des Sachverständigen: Der BFH entschied, dass sich der Anscheinsbeweis für die private Nutzung des Fahrzeugs widerlegen lässt. Es reiche, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die allgemeine Erfahrung, dass sich betriebliche Fahrzeuge auch privat nutzen lassen, in seinem speziellen Fall nicht zutrifft.
Dafür müsse er nicht zwingend das Gegenteil beweisen, sondern es reicht, dass die allgemeine Erfahrung auf den konkreten Sachverhalt nicht anwendbar ist (Urteil vom 22. Oktober 2024, VIII R 12/21). Im vorliegenden Fall war es so, dass der Kläger in seinem Privatvermögen zwei weitere Fahrzeuge besaß, die den betrieblichen Fahrzeugen in Status und Gebrauchswert sehr ähnlich waren - also den Ferrari und den Jeep.
Als Vergleichskriterien nannte der BFH unter anderem die Motorleistung, den Hubraum, die Höchstgeschwindigkeit, die Ausstattung, die Fahrleistung und das Prestige des Fahrzeugs.
Deshalb gingen die Richter davon aus, dass er die betrieblichen Fahrzeuge nicht privat nutzte. Der BFH unterstrich, dass bei der Prüfung, ob der Beweis des ersten Anscheins erschüttert wird, ein Fahrtenbuch nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden könne, es handele sich um ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.
Wichtig für Unternehmer: Sorgfältige Dokumentation
Die unterstellte Privatnutzung von betrieblichen Fahrzeugen führt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Unternehmern und dem Finanzamt. "Das Urteil ist erfreulich. Denn die Entscheidung des BFH verdeutlicht, dass der Anscheinsbeweis für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs nicht immer unumstößlich ist", sagt Daniela Ehlke, Steuerberaterin bei Ecovis in Nürnberg.
Der Steuerpflichtige könne die private Nutzung widerlegen, wenn er nachweisen kann, dass er ein dem betrieblichen Fahrzeug in Nutzung und Status vergleichbares Fahrzeug des Privatvermögens nutzt, so die Steuerexpertin.
Auch ein Fahrtenbuch helfe bei der Argumentation. "Das Urteil zeigt die Feinheiten des Steuerrechts auf. Das Fahrtenbuch hätte zwar nicht ausgereicht, um eine Entnahme nach der Fahrtenbuchmethode ermitteln zu dürfen. Für die Erschütterung des Anscheinsbeweises allerdings war es durchaus in die Gesamtumstände einzubeziehen", erklärt Ehlke. "Steuerpflichtige sollten daher bei der Führung von Fahrtenbüchern und der Zuordnung von Fahrzeugnutzung alle relevanten Umstände sorgfältig dokumentieren, um mögliche Missverständnisse oder steuerliche Nachteile zu vermeiden."
Quelle: Ecovis; BFH
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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