Betriebskrankheiten: Alarmstufe Rot auf der Baustelle
Die Baustelle – ein gefährliches Pflaster. Aber auch wer einen Helm trägt, ist nicht rundum sicher. Giftige Lösemittel oder Stoffe wie Zement können beim Handwerker Allergien und schwere Krankheiten auslösen.
Um gut gewappnet den Berufsalltag zu meistern, bedarf es neben einer guten Aufklärung regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und zuverlässige Informationen. "Vor allem der Aufklärungsbedarf bei gefährlichen Stoffen auf dem Bau ist nach wie vor sehr groß", erklärt Anette Wahl-Wachendorf vom Arbeitsmedizinischem Dienst (AMD) der BG Bau. Ihre Aufgabe als Betriebsärztin besteht besonders darin, Versicherte zu beraten. Außerdem bietet der AMD regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen an.
Trotz der vielen alten und neuen Gefahren, die dem Handwerker auflauern, brauche dieser nicht den Kopf in den Sand zu stecken: "Für alle Baustoffe gibt es die Möglichkeit, sich zu schützen - man muss die Schutzmaßnahmen nur richtig anwenden."
Betriebskrankheiten können größtenteils vermieden werden
Viele der Betriebskrankheiten könnten vermieden werden und seien durch frühzeitige Untersuchungen gut vorhersehbar, sagt Wahl-Wachendorf. "Die Firmen, die ihre Leute regelmäßig zu Untersuchungen schicken, haben deutlich weniger Unfälle und Kranke." Trotzdem sei es schwierig, Leute zu beraten, die noch keine Probleme haben. "Die Risikowahrnehmung ist schwer zu vermitteln", stellt die Ärztin fest.
Hersteller sind verpflichtet, den Nutzern Sicherheitsdatenblätter an die Hand zu geben. Sie sollen über mögliche Gefahren und notwendige Schutzmaßnahmen informieren. Aber: "75 Prozent der Sicherheitsblätter sind fehlerhaft", sagt BG-Bau-Mitarbeiter Norbert Kluger. So hat die BG Bau ein Gefahrenstoff-Informationssystem (GISBAU) entwickelt, das anwenderfreundlich und verständlich sei, erklärt Kluger. Es ordnet Stoffe Gruppen zu, die wiederum als eindeutige Code auf den Produkten zu erkennen sind. "Ein Blick auf die Dose reicht aus und Sie erkennen, wie gefährlich der Stoff ist, und Sie können Maßnahmen ergreifen", so Kluger.
Baustoffe und ihre Auswirkungen
Staub
- Selbstreinigungsmechanismus der Lunge ist bei hoher Staubkonzentration in der Luft überfordert
- verantwortlich für Erkrankungen der Atemwege
- wirkt reizend, toxisch, Allergie auslösend, infektiös, krebserregend
- reizend auf Schleimhäute der Atemwege - Bronchitis
- lagert sich im Gewebe ab
- die Elastizität des Lungengewebes nimmt ab
- führt zu Erkrankungen wie der Staublunge
- verursacht Asthma durch Allergene oder chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe
- Der chronische Verlauf der Atemwegserkrankung macht anfällig gegenüber Infekten der Atemwege, die Heilung verläuft verzögert
- der chronischen Erkrankung der Lunge folgt eine Beeinträchtigung der Herzfunktion
Zement
- als Sackware, Transportbeton, in Mörtel, Fliesenkleber
- verursacht Hauterkrankungen (Maurerkrätze zum Beispiel)
- Ursache: allergieauslösender Chromatgehalt, Alkalität
Epoxidharze
- verwendet als Zweikomponentensysteme (Harz und Härter), Industriefußbodenbeschichtung, Kunstharzestrichen, Fliesenklebern, Fugenmörtel, Abdichtungen
- Hautkontakt während der Verarbeitung verursacht Hautreizungen und Ekzeme
- hohes Allergiepotential!
- Einatmen der Dämpfe des Härters verursacht Kopfschmerzen, Reizungen der Augen und der Atemwege
Lösemittel
- verwendet in Farben und Lacken
- wirken reizend an Haut und Schleimhaut
- narkotisierend
- schädigen Leber, Niere und das Hörorgan
Isocyanate
- verwendet in Beschichtungen und Anstrichstoffen (Sportstätten und Tiefgaragenbeläge), Schaum- und Klebstoffherstellung (Polyurethan-Dämmstoffpatten)
- wirken reizend und sensibilisierend an Haut und Atemwegen
Mineralwolle-Dämmstoffe
- als Glaswolle oder Steinwolle im Einsatz
- Fasern werden freigesetzt
- Juckreiz der Haut
- Reizungen der Atemwege
- aber: kein Krebspotential mehr, da keine Beständigkeit
Reinigungsmittel wie Desinfektionsreiniger
- wirken an Haut und Schleimhaut
- reizende oder ätzende Ammoniumverbindungen
- allergieauslösende Aldehyde
(Quelle: BG Bauwirtschaft/ Anette Wahl-Wachendorf)
GISBAU
Auf den Internetseiten vom GISBAU finden Sie umfassende Infos über Gefahrenstoffe beim Bauen, Renovieren und Reinigen - mit Betriebsanweisungen, Handlungsanleitungen und Broschüren zur Gefahrstoffproblematik. Außerdem gibt es dort eine Handschuh- und eine Stoffdatenbank.
Text:
Ulrike Lotze /
handwerksblatt.de
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