Bäcker: "Verpackungssteuern sind Gift für die Betriebe"
In immer mehr Kommunen wird über die Einführung einer Steuer auf Einweggeschirr nach dem Tübinger Vorbild diskutiert. Köln hat sie gerade beschlossen. Nicht nur das Bäckerhandwerk warnt vor einem Flickenteppich und Bürokratie.
In Tübingen gibt es schon seit drei Jahren eine Verpackungssteuer. Zahlen müssen sie alle Bäckereien, Metzgereien, Döner-Buden, Restaurants oder Imbisse, die Kaffee, Pizza, Eis oder Salate in Einwegverpackungen ausgeben. Das sind zum Beispiel 50 Cent für einen Kaffeebecher und 50 Cent für eine Pommesschale. Für Besteck oder Eislöffel beträgt die Steuer 20 Cent (netto). Ziel ist es, dass die Gerichte und Getränke häufiger in Mehrweggeschirr ausgegeben werden, um den Müll und Kunststoff in der Umwelt zu reduzieren.
Die Zahl der Gastronomen, die Speisen und Getränke in Mehrwegverpackungen ausgeben, hat sich seit 2022 nach Angaben der Stadt vervierfacht. Der Einwegverpackungsmüll sei deutlich zurückgegangen.
Seit das Bundesverfassungsgericht am 22. Januar 2025 entschieden hat, dass die Tübinger Verpackungssteuer rechtmäßig ist, denken immer mehr Kommunen in Deutschland über eine solche Steuer nach (Beschluss vom 27. November 2024 - 1 BvR 1726/23). Oder sie haben sie sogar schon beschlossen, wie der Rat der Stadt Köln am 13. Februar. Die Steuer für Kaffeebecher oder Pommesschalen könnte in der Rheinmetropole nach dem Tübinger Vorbild bei jeweils 50 Cent liegen, bei Besteck oder Strohhalmen bei 20 Cent pro Stück.
Die Stadt Köln rechnet mit jährlichen Einnahmen von etwa zehn Millionen Euro. Der Gastronomieverband Dehoga warnt allerdings vor negativen Auswirkungen für die ansässigen Unternehmen, vor allem die kleinen und mittelständischen. Auch Kundinnen und Kunden könnten darunter leiden, wenn die Kosten an sie weitergegeben werden.
Im rheinland-pfälzischen Landau will der Rat der Stadt am 25. Februar über das Thema beraten. Wie die Rheinpfalz berichtet, hatten die Landauer Grünen schon 2023 die Einführung einer Verpackungssteuer beantragt. Wegen einer anhängigen Verfassungsbeschwerde gegen die Steuer in Tübingen habe man damals beschlossen, die Debatte zurückzustellen. Jetzt wäre der Weg frei für einen neuen Anlauf. Örtliche Bäcker und Restaurants protestieren.
Neben Köln und Landau planen weitere Kommunen und Städte in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Brandenburg die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer.
Bäcker befürchten ein Chaos unterschiedlicher Steuerregeln
Roland Ermer Foto: © Sächsischer Handwerkstag/Wolfgang SchmidtNeben dem Verband Dehoga und dem Verband der Systemgastronomie ist auch der Zentralverband des Bäckerhandwerks strikt gegen die Verpackungssteuer. Unter anderem, weil viele Handwerksbäcker Filialen in mehreren Kommunen haben. "Folgen nun andere Kommunen dem Beispiel Tübingens, droht ein Flickenteppich in Deutschland, ein Chaos unterschiedlicher Steuerregelungen", warnt Präsident Roland Ermer (Foto).
Handwerksbäcker oder Gastronomen, die ein regionales Netz mit Verkaufsstellen in mehreren Kommunen betreiben, müssten dann im Zweifel unterschiedliche Regeln umsetzen. "Das bedeutet unnötig viel Aufwand und Bürokratie. Das ist in Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen Gift für unsere Betriebe. Wir müssen in Deutschland Bürokratie abbauen und die Bedingungen für die Unternehmen verbessern, statt ihnen weitere Steine in den Weg zu legen", sagt Ermer.
Statt sie einzuführen, gehörten Verpackungssteuern abgeschafft, findet der Verbandspräsident. Aktuelle Ansätze zur Förderung von Mehrwegalternativen hätten gezeigt, dass sie nicht die gewünschten Effekte zeigen. Sie würden nur Bürokratie für die Betriebe schaffen. "Es ist daher notwendig, die bestehenden Regelungen zu Mehrweglösungen auf ihre Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen. Um Nachhaltigkeit und Abfall zu vermeiden, gibt es viele erfolgsversprechende Ansätze, neue Steuern ist nicht die Lösung."
Mehrwegbehälter als Alternative zu Plastik-Einwegbehältern anbieten
Schon jetzt gilt: Lieferdienste, Imbissbetriebe und Restaurants müssen Mehrwegbehälter als Alternative zu Plastik-Einwegbehältern für Essen und Getränke zum Mitnehmen und bei Anlieferung bereit halten. Diese dürfen nicht teurer sein als das Einweg-Angebot. Größere Gastronomiebetriebe müssen neben Einwegverpackungen aus Kunststoff oder mit einem Kunstoffanteil auch Mehrwegverpackungen anbieten.
Kleine Betriebe mit maximal fünf Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und maximal 80 Quadratmeter Ladenfläche (inklusive frei zugänglicher Sitz- und Aufenthaltsbereiche) sind laut Bundesverband der Verbraucherzentralen von der Pflicht, selbst ein Angebot zu machen, ausgenommen. Sie müssen aber auf Wunsch Essen oder Getränke in mitgebrachte Becher oder Schüsseln abfüllen. Außerdem müssen sie auf das Mehrwegangebot hinweisen.
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben