Brötchen kaufen und kein Bargeld im Portemonnaie? Bei den Lechtermann-Pollmeier Bäckereien ist das gar kein Problem. Hier kann der Kunde selbst kleinste Beträge bargeld- und kontaktlos bezahlen. In allen 37 Filialen des Bielefelder Familienunternehmens Lechtermann-Pollmeier Bäckereien GmbH & Co. KG können die Kunden Brot, Snacks oder Kuchen allein durch Vorhalten ihrer girocard, also der ganz normalen Bank- oder Sparkassenkarte, mit der Kreditkarte oder per App auf dem Smartphone bezahlen.
"Es gibt keinen Mindestumsatz und erst ab einem Betrag von 25 Euro ist eine PIN-Eingabe erforderlich", betont Geschäftsführer Thomas Pollmeier. Seit einem Jahr bietet die Bäckerei nicht nur das bargeldlose, sondern auch das kontaktlose Bezahlen an. Die NFC-Technologie macht es möglich (NFC = Near Field Communication).
"Wir konnten das in unser bestehendes Kassensystem integrieren", erzählt der Bäckermeister und Brot-Sommelier. "Das kommt bei den Kunden gut an und bedeutet für uns weniger Arbeit", so Pollmeier "Zum Beispiel fällt weniger Kupfergeld an, für dessen Versorgung und Abgabe wir ja auch Gebühren zahlen, und die Kassenabrechnung ist einfacher."
"Bäcker sind immer noch sehr bargeldaffin"
Das Traditionsunternehmen aus Ostwestfalen ist damit ein Vorreiter in der Branche. "Bäcker sind immer noch sehr bargeldaffin", bestätigt Mathias Meinke vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. Doch die Betriebe müssten auch auf die Kundenbedürfnisse eingehen und ihnen die Alternative bieten, bargeldlos zu bezahlen. Der Verband steht in engem Kontakt mit der Initiative Deutsche Zahlungssysteme, um den Betrieben bei der Umsetzung zur Seite zu stehen.
Es hat sich viel getan bei dem Thema in den letzten anderthalb Jahren. Konnte sich die Geldkarte nur schwer durchsetzen, wächst das kontaktlose Bezahlen rasant. Die meisten Banken und Sparkassen haben ihren Kunden inzwischen entsprechende Karten mit NFC-Chip zugeschickt. Man erkennt sie an einem Wellen-Symbol.
Einfach, schnell, unkompliziert
Es setzt sich durch, weil es so einfach ist und schnell geht. Der Kunde hält nur sein Bezahlmittel mit NFC-Funktion vor das Terminal. Das kann eine klassische Karte sein, sowie ein Smartphone oder eine Smartwatch mit einer digitalen Karte. Dann macht es "Piep" und schon ist die Ware bezahlt.
Eine Messung der GfK im Auftrag der Euro Kartensysteme hat ergeben, dass das kontaktlose Bezahlen ohne PIN-Eingabe im Schnitt nur elf Sekunden dauert. Damit übertrifft es an Schnelligkeit das Bezahlen per Bargeld deutlich, das bislang der Spitzenreiter mit durchschnittlich 22,3 Sekunden (Bundesbank) war.
"Wir sind von der Dynamik überrascht. Und wir sind der Meinung, dass das Umsatzpotenzial, das darin liegt, die Kosten überwiegt", sagt Thomas Pollmeier auf die Frage, ob sich das denn rechnet. Vor allem in der Mittagspause, aber nicht nur da, zahlen die Kunden gerne kontaktlos. Auch ältere Kunden würden es schätzen, dass sie so nicht mehr nach Münzen kramen müssen.
Pollmeier sieht noch einen weiteren Vorteil: Die Bäckerei bietet eine Kundenkarte an, die man aufladen und zum Bezahlen nutzen kann. "Diese Kundenkarte lädt man eher mal mit 50 oder 100 Euro auf, wenn man das bequem mit der girocard oder der Kreditkarte machen kann."
Welche Karten er akzeptieren möchte kann der Händler entscheiden und separat freischalten lassen, berichtet Mathias Meinke vom Bäckerverband. Jeder Anbieter hat andere Kosten. Bei den Lechtermann-Pollmeier Bäckereien akzeptiert man neben der girocard auch Kreditkarten und sogar American Express.
Noch überwiegt die Barzahlung
Auch der Deutsche Fleischer-Verband hält das Thema für wichtig. Er unterstützt die Betriebe mit Hilfe eines Partnerunternehmens, das bei der Einführung solcher Systeme hilft und Sonderkonditionen für Innungsbetriebe bietet. Gero Jentzsch, Sprecher des Verbandes, betont gegenüber dem Handwerksblatt: "Wir stellen fest, dass immer mehr Fleischer-Fachgeschäfte Kartenzahlung anbieten, nicht zuletzt, weil sie, gerade bei der jüngeren Kundschaft inzwischen als selbstverständlich angesehen wird."
Eine einseitige, steuerliche Förderung des bargeldlosen Bezahlens zuungunsten anderer Bezahlweisen, wie es der IT-Verband Bitkom jüngst gefordert hat, hält man allerdings nicht für sinnvoll. Um vor allem kleine Händler bei Investitionen in Lesegeräte zu unterstützen, hatte Bitkom Umsatzsteuervergünstigungen angeregt.
Noch ist an deutschen Ladenkassen Bargeld das beliebteste Zahlungsmittel. "Drei von vier Zahlungen an der Ladenkasse werden in bar abgewickelt", sagt Johannes Beermann vom Vorstand der Deutschen Bundesbank. Allerdings steige die Anzahl von bargeldlosen Zahlungen stetig, eben weil das kontaktlose Bezahlen an Bedeutung gewinnt.
Was kann ich tun?
- Um am girocard System teilnehmen zu können und den Kunden Zahlungen per Karte und kontaktlos zu ermöglichen, benötigt man einen Vertrag mit einem Netzbetreiber für die Bereitstellung und den Betrieb der POS-Terminals (POS = Point-of-Sale). Die Hausbank kann einen Kontakt vermitteln.
- Wer auch Kreditkartenzahlung akzeptieren möchte, muss sich an einen Acquirer wenden. Je nach Zahlungssystem fallen für den Händler unterschiedliche Kosten pro erfolgreicher Transaktion an.
- Wer schon ein POS-Terminal hat, kann damit oft auch kontaktlose Zahlungen abwickeln. Es kann allerdings sein, dass für das Terminal ein Update nötig ist.
- Wenn das Terminal technisch noch keine kontaktlosen Zahlungen verarbeiten kann, kann man es gegebenenfalls mit einem Kontaktlos-Leser ergänzen. Das weiß der Hersteller.
- Kontaktlos-Leser sollten dem Kunden zugewandt aufgestellt sein, so dass der Kunde sie im Geschäft bequem erreichen kann. Im Idealfall sollte man sie aus der Halterung nehmen können, damit man sie auch Menschen mit Behinderung anreichen kann.
- Wichtig ist es die Mitarbeiter einzubinden und zu schulen, damit sie die Kunden zum kontaktlosen Bezahlen ermuntern.
So funktioniert das Zahlen per Karte:
NFC, also Near Field Communication, macht die kontaktlose Übertragung von Daten möglich. Kunden, die eine girocard oder Kreditkarte mit dem NFC-Chip haben (gekennzeichnet durch ein Wellen-Symbol, können Einkäufe von bis zu 25 Euro schnell und bequem erledigen. Sie müssen nur die Karte vorhalten, wenn das Kassenterminal ebenfalls mit dem Kontaktlos-Symbol gekennzeichnet ist.
Nur bei größeren Summen, in der Regel über 25 Euro, ist eine PIN notwendig. Man muss dann trotzdem vorher nur die Karte vorhalten, braucht sie also auch bei größeren Summen nicht in den Kartenleser stecken.
Christian Schollmeyer vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband ist überzeugt, dass sich die Technologie durchsetzt. "Das kontaktlose Bezahlen wird schon bald normal sein", sagt der Experte für elektronischen Zahlungsverkehr. Ab 2020 sollen fast alle Karten der Sparkassen NFC können.
So funktioniert das Zahlen per App:
Banking-App: Banken wie Volks- und Raiffeisenbanken oder Sparkassen bieten eine Banking-App für das kontaktlose Zahlen. Dafür ist dann keine Kreditkarte notwendig.
Google-Pay: Für Google-Pay benötigt man ein Android-Smartphone der jüngeren Generation mit NFC-Chip die Google-Pay-App sowie eine Kreditkarte, die das unterstützt, oder ein PayPal-Konto. Zum kontaktlosen Bezahlen muss man lediglich das Smartphone vorhalten. Bei größeren Summen muss man das Smartphone entsperren.
Apple-Pay: Apple Pay funktioniert mit dem Smartphone (ab iPhone 6), der Apple Watch, Mac-Modellen mit Touch iD und dem iPad (ab iPad min 3). Zahlungen kann man per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung einleiten. Auch Apple-Pay arbeitet mittels Near Field Communication (NFC) sowie über die hauseigene App Wallet.
In allen Fällen wird natürlich vorausgesetzt, dass auch das Terminal des Händlers das jeweilige Bezahlverfahren unterstützt.
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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