Bauhandwerk sieht keinen Grund zur Klage
Die Verfassungsbeschwerde des Elektrohandwerks gegen das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie hält das Baugewerbe für aussichtslos. Dort sieht man keinen Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Heftige Proteste gegen Soka-Bau-Abgabe
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Harald Schröer erklärte in einer Stellungnahme gegenüber dem Deutschen Handwerksblatt: "Die Verfassungsmäßigkeit der von dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) angegriffenen gesetzlichen Regelungen über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen ist von der Bundesregierung nach unserer Kenntnis in dem Gesetzgebungsverfahren sorgfältig geprüft worden. Sie war auch Gegenstand einer Sachverständigenanhörung des Deutschen Bundestages. Darüber hinaus ist durch diese Gesetzesänderungen die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Tarifverträgen über gemeinsame Einrichtungen wie die Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) aufgegriffen worden, so dass wir zuversichtlich sein können, dass sie auch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben werden.
Außerdem sind die Behauptungen des ZVEH schlicht falsch. Es ist keinesfalls so, dass die allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträge für das Baugewerbe alle anderen Tarifverträge verdrängen würden. Richtig ist aber, dass das Baugewerbe mit seinen insgesamt 19 Bauberufen und seinen drei Sparten Hochbau, Tiefbau und Ausbau deutlich vielschichtiger ist als das Elektrohandwerk. Dieser Vielschichtigkeit wird auch in den betrieblichen Geltungsbereich unserer Tarifverträge Rechnung getragen. Wir vereinnahmen aber niemanden. Schon der betriebliche Geltungsbereich unserer Tarifverträge ist zugunsten zahlreicher Gewerke – zu denen auch das Elektrohandwerk gehört – eingeschränkt.
Erhebliche praktische Bedeutung
Darüber hinaus ist vor einigen Jahren unter anderem mit dem ZVEH eine Einigung über eine Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärungen der Bau-Tarifverträge zugunsten der Mitgliedsbetriebe des ZVEH erfolgt. Dazu stehen wir.
Richtig ist aber auch, dass die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen über gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien eine erhebliche praktische Bedeutung hat. Die Sozialkassen sind nur funktionsfähig, wenn die zugrundeliegenden Sozialkassentarifverträge allgemeinverbindlich sind und damit alle Arbeitgeber in ihrem Geltungsbereich berechtigt und verpflichtet sind, an den Sozialkassenverfahren teilzunehmen. Allerdings stellt sich die von dem ZVEH aufgeworfene Frage nach der verdrängenden Wirkung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen aufgrund der beschriebenen Einschränkungen, welche auch nach den Gesetzesänderungen Bestand haben, nicht. Von einer Verletzung der Koalitionsfreiheit kann daher keine Rede sein. Wir halten die Verfassungsbeschwerde daher für unbegründet."
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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