Um die halbe Erde mit "Ausbildung weltweit"
Auslandspraktika: Die Handwerkskammer Münster berät zu Einsätzen auf anderen Kontinenten. Zuschüsse gibt es über das Förderprogramm "Ausbildung weltweit".
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Berufserfahrung im Ausland sammeln
"Ausbildung weltweit", so heißt ein Förderprogramm, mit dem das Bundesbildungsministerium Auslandspraktika während der beruflichen Erstausbildung bezuschusst. Die Kontaktstelle Ausland der Handwerkskammer Münster hat die Beratung dazu neu in ihr Serviceangebot aufgenommen.
Einer der Ersten im Kammerbezirk Münster, die damit die Welt und ihren Beruf neu kennenlernten, ist Leon Arend. Der Tischlerlehrling reiste für vier Wochen nach Australien. Seine Erlebnisse: im Betrieb lernen, in der Freizeit am Strand sein und voller Selbstbewusstsein zurückkommen.
Arends Ausbildungsbetrieb, die Tischlerei Timmermann Objekteinrichtungen und innovativer Möbelbau in Dorsten, hat schon mehrere Auszubildende während der Lehrzeit bei einem Lernaufenthalt im Ausland unterstützt. Bislang waren es jedoch Ziele innerhalb Europas. Im letzten Jahr bot die Kontaktstelle Ausland verschiedenen Tischlereien an, einen Lehrling aus dem zweiten Ausbildungsjahr für vier Wochen zu einem Tischlerbetrieb in Australien zu vermitteln.
Unternehmerin Susanne Timmermann war von dieser Chance sofort begeistert und gab das Angebot an zwei ihrer Lehrlinge weiter. Beide lehnten die Reise ab. Erst danach sprach sie einen dritten Auszubildenden an und dieser sagte – wider Erwarten – sofort zu.
"Was andere können, schaffe ich auch"
Dass die Ausbilderin damit nicht unbedingt gerechnet hatte, erklärt sie mit der Vorbildung dieses Lehrlings: Leon Arend hatte vor Beginn seiner Ausbildung zum Holzbearbeiter die Förderschule besucht und dort keinerlei Englischkenntnisse erworben. Zudem hatte sie ihn bis zu diesem Zeitpunkt in seiner Persönlichkeit als ausgesprochen zurückhaltend erlebt. Trotzdem war Leon sofort ‚Feuer und Flamme‘: "Ich dachte, was andere können, schaffe ich auch", antwortet er heute selbstbewusst auf die Frage, ob er damals vor der Entscheidung für eine solche Fernreise keinerlei Bedenken gehabt habe.
Susanne Timmermann hat bei der Vorbereitung des Lernaufenthaltes auch wirklich alles getan, damit dieses Erlebnis für ihn erfolgreich wird: Mit dem Unternehmer Sebastian Kopiec, der vor Jahren aus Deutschland ausgewandert ist und seinen Betrieb in der Nähe von Sydney hat, nahm sie selbst Kontakt auf, weil dieser sich anfangs nicht so recht vorstellen konnte, dass Leon seinen Aufgaben in seiner Tischlerei gewachsen sei. Als sie seine Einwände aus dem Weg geräumt hatte, buchte sie zusammen mit Leon den Flug und die Unterkunft.
Bereits zwei Wochen nach der Arbeitsaufnahme ihres "Schützlings" in dem australischen Unternehmen, bestätigte Tischler Kopiec, dass sie ihm nicht zu viel versprochen hatte. Per Mail schrieb dieser an die Handwerkskammer: "Ich bin super glücklich, etwas von mir an diesen jungen Mann weitergeben zu können, der sich bei mir so klasse wie ein Rockstar präsentiert."
Stolz und selbstbewusst zurückgekehrt
Tatsächlich hat sich Leon in Australien während der gesamten Zeit rundum wohlgefühlt. "Die Kollegen waren nett, die Sprache war kaum ein Hindernis", fasst er zusammen. Überhaupt habe es ihn gewundert, auf wie viele Deutschsprachige er in Sydney gestoßen sei. In seiner Freizeit habe er den Strand in der Nähe seiner Unterkunft genossen. Am Ende habe ihm der deutsche Unternehmer in Australien sogar ein Arbeitsangebot gemacht.
Auch Susanne Timmermann ist bis heute überrascht, wie sehr sich Leon durch diese Reise entwickelt hat: "Er ist mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein und großem Stolz zu uns in den Ausbildungsbetrieb zurückgekehrt." Nicht nur er selbst, sondern die ganze Firma sei von dem Erfolg des Lehrlings begeistert. "Wir merken alle, wie gut sich Leon gemacht hat und wissen nun, dass wir ihm viel mehr zutrauen dürfen als wir es vorher getan haben", fasst die Tischlermeisterin die gute Stimmung zusammen, die der heute Zwanzigjährige im Betrieb verbreitet hat.
Infos zum Förderprogramm "Ausbildung weltweit":
Das Förderprogramm "Ausbildung weltweit" für die berufliche Erstausbildung bezuschusst Auslandspraktika in allen Ländern, die nicht durch das Förderprogramm Erasmus+ der Europäischen Union abgedeckt sind und für die keine Reisewarnungen bestehen. Der Aufenthalt kann zwischen drei Wochen bis drei Monaten dauern. Bei der Antragstellung muss ein Partnerbetrieb im Ausland feststehen. Bezuschusst werden Reise- und Aufenthaltskosten. Ein Zuschuss ist auch für vorbereitende Besuche der Organisatoren und Reisen von Ausbildern möglich.
Handwerkslehrlinge im Kammerbezirk Münster können einen Antrag über die Kontaktstelle Ausland der HWK stellen, Telefon 0251 705-1460 (Anita Urfell) und -1464 (Andreas Bendel).
Tipp: Azubis für Praktikum in Australien gesucht
Sebastian Kopiec sucht weitere Auszubildende, die mindestens im zweiten Lehrjahr sind und über das Programm "Ausbildung weltweit" ein dreißigtägiges Praktikum in seiner australischen Tischlerei Husk & Co machen möchten. Diese sitzt in Brookvale, etwa zwanzig Kilometer nördlich von Sydney.
https://de-de.facebook.com/HuskandCo/
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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