"Die Handwerkskonjunktur im Kammerbezirk Münster im Frühjahr 2019 floriert mit robuster Kraft. Auch die Aussichten bleiben stabil. Allerdings begrenzt der zunehmende Fachkräftemangel in den meisten Branchen weiteres Wachstum." Dieses Fazit aus der aktuellen Frühjahrs-Konjunkturumfrage der Handwerkskammer (HWK) Münster zog Präsident Hans Hund. 374 Betriebe aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region haben darin Auskunft zu ihrer Lage in den vergangenen sechs Monaten gegeben.
60 Prozent berichten von einer "guten" Geschäftslage. Noch nie in der halbjährlichen Konjunkturbeobachtung durch die HWK, die 1977 startete, war der Anteil der befragten Betriebe, denen es zu dieser Jahreszeit "gut" geht, so hoch wie jetzt. Gleichzeitig gab es noch kein Frühjahr, in dem so wenige Betriebe von einer "schlechten" Lage berichteten wie aktuell. Auch der Anteil derer, die ihre Lage als lediglich "befriedigend" bewerten, ist mit 34 Prozent im Vergleich minimal.
Zukunftsvorausschau ungebrochen optimistisch
Die Zukunftsvorausschau ist ungebrochen optimistisch. Die meisten Befragten (65 Prozent) prognostizieren eine gleichbleibende Geschäftslage. 30 Prozent der Betriebe erwarten, dass es im nächsten halben Jahr aufwärtsgehen wird. Nur 5 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung.
Folglich sagt der Geschäftslageindikator, der die aktuelle Situation und Prognose zusammenfasst: Es ging dem heimischen Handwerk in noch keinem Frühjahr so gut. Er liegt bei 139 Prozentpunkten. "Eine vergleichbare Situation hatten wir schon im vergangenen Herbst. Wir können also von einer stabilen Hochkonjunktur im Handwerk sprechen", betonte Hund.
Das Handwerk arbeite unter Volldampf. Die Kapazitäten seien zu 81 Prozent ausgelastet. Mehr gehe mit Blick auf Material- und Fachkräfteengpässe kaum, so der HWK-Präsident. Die Auftragsreichweiten betragen 9,4 Wochen, was ein neuer Rekord ist. Die Auftragslage hat sich weiter verbessert. Mit 54 Prozent hält die Mehrheit der Betriebe ihre Verkaufspreise dennoch stabil. Die Umsätze legten stark zu. Es wird weiter kräftig investiert.
Beschäftigung nimmt kaum zu
Die Beschäftigung nimmt allerdings kaum zu. Trotz der Spitzenkonjunktur berichten 18 Prozent der Befragten von einem geringeren Personalbestand. Eine vergrößerte Belegschaft haben 19 Prozent. "Die Betriebe hätten aber offensichtlich gern mehr Fachkräfte aufgenommen", ist Hund sicher. Der Wille zum Personalaufbau zeige sich in der Prognose: 21 Prozent beabsichtigen in den nächsten Monaten Personal einzustellen, nur 3 Prozent planen einen Abbau der Belegschaft.
Konkurrenz um Fachkräfte groß
Als Ursache vermutet die HWK an erster Stelle die veränderten Bedingungen am Arbeitsmarkt: Arbeitnehmer wechselten leichter als früher zu einem anderen Arbeitgeber innerhalb des Handwerks, aber auch zur Industrie, weil die Konkurrenz um Fachkräfte so groß sei. Auch der demografische Wandel hinterlasse bei einem engen bis leergefegten Arbeitsmarkt Spuren; es werde immer schwieriger Arbeitnehmer, die in den Ruhestand gingen, durch junge Kräfte zu ersetzen, weiß Hund. "Digitalisierungsmaßnahmen dagegen dürften von Handwerksunternehmen eher dazu eingesetzt werden, Personalverluste aufzufangen statt die hoch begehrten Fachkräfte durch Rationalisierung zu ersetzen."
Geschäftslageindikator toppt die sehr guten Vorjahreswerte
In beiden Regionen des Kammerbezirks Münster geht es dem Handwerk besser als im Vorjahr. Der Geschäftslageindikator toppt die sehr guten Vorjahreswerte im Münsterland um 0,4 Prozentpunkte und erreicht 141,4 Punkte. In der Emscher-Lippe-Region legte er um satte 4,8 auf 130,8 Punkte zu. "Das nördliche Ruhrgebiet holt auf", wertete Hund die Entwicklung. Die Zukunftserwartungen sind in beiden Regionen identisch positiv: Der Saldo von Betrieben, die eine Verbesserung ihrer Lage erwarten, und denen, die von einer Verschlechterung ausgehen, liegt jeweils bei 26 Prozentpunkten.
Ranking der unterschiedlichen Gewerbegruppen
Anhand der Geschäftslagesaldos ergibt sich ein Ranking der unterschiedlichen Gewerbegruppen im Handwerk:
Hauptträger der Handwerkskonjunktur sind das Bauhauptgewebe (Geschäftslagesaldo 70 Prozentpunkte) und das Ausbaugewerbe (64 Prozentpunkte). Sie profitieren von deutlich wachsenden Bauinvestitionen.
Dem Gesundheitsgewerbe (Geschäftslagesaldo 59 Prozentpunkte) tut der ausgeweitete Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gut.
Das Kraftfahrzeuggewerbe holt beschleunigt auf (Geschäftslagesaldo 54 Prozentpunkte), obwohl der Neuwagenverkauf bundesweit deutlich rückläufig ist.
Die Konjunkturmaschine der Anbieter für den gewerblichen Bedarf läuft trotz internationalem Handelskrieg und Brexit robust weiter (Geschäftslagesaldo 41 Prozentpunkte).
Das personenbezogene Dienstleistungsgewerbe verzeichnet bessere Geschäfte als in den Vorjahren (Saldo: 26 Prozentpunkte), aber auch die schlechteste Auftragslage aller Branchen
Das Nahrungsmittelgewerbe hat zwar den niedrigsten Geschäftslagesaldo (25 Prozentpunkte), jedoch als einzige Branche keinen Betrieb, dem es "schlecht" geht, und die beste Auftragsentwicklung mit einer Top-Prognose.
Investitionen nach wie vor rege
Die Investitionstätigkeit des Handwerks im Kammerbezirk ist insgesamt nach wie vor rege. Von 373 gesondert befragten Betrieben tätigten 54 Prozent im vergangenen Halbjahr Investitionen – 3 Prozent weniger als im Halbjahr davor. Die Hälfte investierte gleich viel wie im letzten Herbst und 47 Prozent sogar mehr.
Einen Überblick über die Handwerksstruktur gab HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Banasiewicz:
Zum Stichtag 31. März gehörten 28.460 Handwerksbetriebe zum Kammerbezirk – 0,1 Prozent plus gegenüber 2018. Die Existenzgründungen im ersten Quartal ließen gegenüber dem Vorjahr jedoch um 4 Prozent nach. Seit Jahresbeginn taten 727 Handwerker in der Region den Schritt in die Selbstständigkeit. "Der Konjunkturboom macht sich auch im geringeren Interesse an einer Unternehmensgründung oder -übernahme bemerkbar", erklärte Banasiewicz.
Das Handwerk im Kammerbezirk erwirtschaftet einen Jahresumsatz in Höhe von 24,8 Milliarden Euro und beschäftigt rund 195.000 Mitarbeiter, darunter 15.000 Auszubildende.
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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