Erholung im Handwerk stagniert
HWK: Liquidität sichern, neuen Lockdown vermeiden
473 Betriebe aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region haben Ende Juli in einer Blitzumfrage Auskunft zu den Folgen des Corona-Virus gegeben. Es gibt demzufolge in den Sommerferien bislang kaum weitere Erholung vom Lockdown. Handwerkskammer-Präsident Hans Hund fordert deshalb weitere stabilisierende Maßnahmen für das Handwerk. Er appelliert an Kunden und Betriebe des Handwerks, Abstandsregeln, Maskenpflicht und Hygienemaßnahmen strikt einzuhalten, um das Infektionsrisiko wieder zu senken. "Ein neuer Lockdown wegen steigender Infektionszahlen wäre ganz besonders für die Ladengewerke nur sehr schwer zu verkraften", so Hund. Für viele Unternehmen habe derzeit die Sicherung der Liquidität Priorität. Der Anteil von Betrieben mit Liquiditätsengpässen ist gegenüber dem Vormonat unverändert geblieben (11 Prozent der Befragten). Weitere 27 Prozent sehen Zahlungsschwierigkeiten auf sich zukommen. Ein steigender Anteil – mittlerweile jeder Zehnte – hat erhöhten Kreditbedarf. "Die Kreditvergabe muss noch mittelstandsfreundlicher gestaltet werden, damit mehr an sich gesunde Betriebe die Krise überstehen können", betont Hund.
Beschaffungsprobleme müssen gelöst werden
Weiterhin fordert er Maßnahmen für den Erhalt von Lieferketten, die langsam brüchiger würden. So haben immer noch drei Viertel der Betriebe Beschaffungsprobleme. Diese sind im Kraftfahrzeuggewerbe und im Gesundheitsgewerbe am ausgeprägtesten. 11 Prozent der Handwerksbetriebe haben ihrerseits große bis sehr große Probleme bei der eigenen Lieferfähigkeit. Hund warnt: "Die Krise darf nicht als neue Normalität angesehen werden, sondern es bedarf weiterhin an entschlossenem Handeln auf allen Ebenen der Politik, damit es nicht zur Pleitewelle kommt." Der Corona-Effekt-Index, der die starke bis sehr starke Betroffenheit des heimischen Handwerks durch die Pandemie misst, ließ gegenüber dem Vormonat nur um 0,3 Prozentpunkte nach. Er liegt aktuell bei 18,3 Prozentpunkten. In den Index fließen Auftragslage, Beschaffungsprobleme, Lieferfähigkeit, Leistungspreise, Umsatz, Personalbestand, Liquiditätsengpässe, Kreditbedarf, Kurzarbeit und Personalabbau ein.
Umsatzrückgänge betreffen viele Betriebe
Größtes Problem sind Umsatzrückgänge. Hiervon ist jeder fünfte Betrieb stark bis sehr stark betroffen. Bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf, zu denen vor allem die Zulieferer für die Industrie (wie Maschinenbauer) gehören, spürt jeder Dritte starke bis sehr starke Einbußen. Besonders beeinträchtigt ist auch das Nahrungsmittelgewerbe (wie Bäcker, Fleischer, Konditoren), wo 45 Prozent starke bis sehr starke Auftragseinbrüche merken. Im Gesundheitsgewerbe (wie Zahntechniker, Hörgeräteakustiker, Orthopädietechniker und Augenoptiker) verzeichnen 40 Prozent starke bis sehr starke Auftragsrückgänge. Am relativ besten geht es dem Bauhauptgewerbe (42 Prozent nicht von Auftragsrückgang betroffen) und dem Ausbaugewerbe (34 Prozent nicht betroffen). Die Probleme durch Corona für die Betriebe schlugen sich aber nicht auf dem handwerklichen Arbeitsmarkt nieder. Drei Viertel der befragten Handwerksunternehmen versuchten einen Personalabbau zu vermeiden; 7 Prozent waren noch ungewiss. Es gab im Juli weniger Betriebe mit Kurzarbeit (18 Prozent) und weniger Betriebe, die aktuell Personal abbauen mussten (5 Prozent). Einem Drittel der Unternehmen gelang es, alle Auszubildenden nach der Gesellenprüfung zu halten. Nur 7 Prozent sagten, dass sie wegen der Coronakrise nicht alle Lehrlinge übernehmen konnten.
Reihenfolge Die Rangfolge des Corona-Effekt-Index nach Regionen des Kammerbezirks Münster: Bottrop (14 Prozentpunkte), die Kreise Borken, Coesfeld, Warendorf und Recklinghausen (16 Prozentpunkte), Münster und Kreis Steinfurt (19 Prozentpunkte) und Gelsenkirchen (29 Prozentpunkte).
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Text:
Vera von Dietlein /
handwerksblatt.de
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