Vorstellungsgespräch: Passt dieser Typ ins Team?
Ist das der Richtige für meinen Betrieb? Das fragen sich viele Handwerksunternehmer, wenn sie neue Leute einstellen wollen. Das persönliche Bewerbungsgespräch sagt dabei mehr aus als bloße Schulnoten oder Arbeitszeugnisse – wenn es gut vorbereitet ist.
Ein ordentliches Bewerbungsschreiben, gute Zeugnisse – aber nach wenigen Wochen stellt sich heraus, dass es einfach nicht passt mit dem neuen Azubi oder Mitarbeiter. "Wie ist der drauf? Wie fügt der sich ein?" Das sind Fragen, die sich nur im persönlichen Gespräch beantworten lassen, weiß Angela Arndt, Beraterin für das Projekt "Passgenaue Ausbildungsvermittlung" bei der Handwerkskammer zu Köln. "Persönliche Gespräche sind die beste Möglichkeit, jemanden einzuschätzen. Zeugnisse sagen oft nicht viel aus", rät sie den Chefs, die aus einer Menge an Bewerbungen den richtigen künftigen Azubi oder Mitarbeiter auswählen müssen.
Das Vorstellungsgespräch liefert dabei wichtige Eindrücke – allerdings nur, wenn es gut vorbereitet ist. "Jeder Betrieb sucht jemand anderen und legt besonderen Wert auf andere Eigenschaften. Das ist sehr individuell und kommt auch auf das Gewerk an", so Arndt. Wer nicht genau weiß, wonach er sucht, stellt vielleicht bald fest, dass er sich für den Falschen entschieden hat. Deshalb ist das Wichtigste, die Anforderungen im Vorfeld zu kennen: Was muss der neue Mitarbeiter auf jeden Fall können? Bei welchen Eigenschaften gilt nicht nur "kann", sondern "muss"?
Bauchgefühl im Bewerbungsgespräch
"Wir haben hier alle direkten Kundenkontakt. Deshalb achte ich als Erstes auf das Auftreten ganz allgemein, vom Händedruck bis zur Kleidung", sagt Armin Lüth von Technikservice Lüth in Meckenheim. Er bildet seit 18 Jahren Informationselektroniker aus und hat gerade die Bewerbungen für das nächste Ausbildungsjahr vor sich liegen.
Das Bauchgefühl sagt im Bewerbungsgespräch viel darüber aus, ob jemand ins Team passt. Hier gilt: Je kleiner das Unternehmen und je enger ein Team zusammen arbeiten muss, desto wichtiger ist es, dass die Chemie stimmt. Deshalb rät Arndt: "Am besten nach einer groben Auswahl erst mal viele Bewerber einladen! Das kostet zwar Zeit, aber es lohnt sich. Was nützt mir jemand, der gute Noten hat, sich aber nur mit den Gesellen zankt?"
Es gibt selten den perfekten Bewerber – der Gesamteindruck muss stimmen. So kann man beim Notendurchschnitt gewisse Abstriche machen, wenn der Bewerber interessiert und fähig ist, sich entsprechend weiterzubilden. Dann kann auch jemand, der nicht hundertprozentig den Anforderungen entspricht, in die neue Stelle hineinwachsen, so Lüth. Gerade bei Schulabgängern sage das Zeugnis nicht immer viel über die Eignung aus: "Wenn jemand wirklich will und motiviert ist, dann kriegt man schlechte Noten in den Griff. Das Wichtigste ist, dass man lernen will", meint auch Ausbildungsberaterin Arndt.
Zuverlässigkeit, Können und Freude
Das gilt natürlich nicht nur für angehende Azubis. Ein gutes Arbeitszeugnis, das Zuverlässigkeit, Können und Freude am Handwerk belegt, wiegt ein schlechtes früheres Schulzeugnis oft auf. "Bei Schülern, die sich für die Ausbildung bewerben, schaue ich auf die Fächer, die für uns wichtig sind: Mathe und Physik. Aber das Schulzeugnis ist sonst nicht das Erste, wonach ich sortiere", bestätigt Lüth. "Bei Gesellen achte ich natürlich auf die Zeugnisse aus der Ausbildung. Da sollte man schon eine Entwicklung sehen."
Gerade junge Leute, die noch nicht viel Erfahrung mit solchen Situationen haben, wirken oft nervöser oder schüchterner, als sie es normalerweise sind. Oder sie versuchen, besonders lässig zu wirken, was den Eindruck selten verbessert. Diese Erfahrung hat auch Lüth gemacht: "Das ist ein Unterschied zu älteren Bewerbern. Die sind natürlich viel gelassener."
Sterile Atmosphäre
Oft geben sich die Betriebe große Mühe um den Ort für das Bewerbungsgespräch – ein leerer Raum abseits der Werkstatt mit einem Tisch und Kaffeetassen – und schaffen damit aber eine ganz sterile Atmosphäre, in der sich weder Chef noch Bewerber wohlfühlen, meint Ausbildungsberaterin Arndt. Das mache viele noch zusätzlich nervös. "Das ist wie ein Bewerber, der auf dem Dach arbeiten will und zum Vorstellungsgespräch im feinen Anzug kommt. Das ist nicht echt." Bei aller Vorbereitung für einen guten Eindruck solle man kein falsches Bild von sich machen. Am besten findet das Treffen gleich im Betrieb statt, rät Arndt, und beginnt mit einer kurzen Führung, um die Situation aufzulockern. Das Wichtigste sei: Nicht nur der Bewerber, sondern auch das Unternehmen sollte beim Vorstellungsgespräch authentisch sein. Nur so könne man sich kennenlernen und sehen, ob die Chemie stimmt.
Das Bewerbungsgespräch sollte kein Verhör werden. Als Faustregel gilt: Der Chef spricht etwa ein Drittel der Zeit, der Bewerber zwei Drittel. Gerade wenn der Gegenüber eher schweigsam ist, können ihn Fragen aus der Reserve locken, die nicht einfach mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Mundfaule Bewerber werden mit solchen offenen Fragen dazu gebracht, über sich zu sprechen. Außerdem kann sich so ein echtes Gespräch entwickeln.
Warum möchten Sie in unserem Unternehmen arbeiten?
So erfahren Sie, ob sich der Bewerber mit Ihrem Betrieb beschäftigt hat, das Unternehmen oder die Produkte kennt und sich informiert und vorbereitet hat. Dabei sollte betont werden, was an der neuen Stelle besonders interessant ist – wer stattdessen über seinen bisherigen Chef mosert, wird auch seinem künftigen Chef gegenüber wahrscheinlich nicht loyaler sein.
Welche Interessen haben Sie?
Hobbys sagen gerade bei jungen Bewerbern wie angehenden Azubis viel aus über Interessen und persönlichen Einsatz. Hat er ein außergewöhnliches, kreatives Hobby? Findet er in seiner Freizeit einen guten Ausgleich für Stress, und ist er ein Team-Player? Wer sein Hobby außerdem selber organisiert und finanziert, statt das von den Eltern übernehmen zu lassen, zeigt Engagement und Selbstständigkeit.
Was unterscheidet Sie von anderen Bewerbern?
Warum sollen wir gerade Sie einstellen? Klappern gehört zwar zum Handwerk, aber wer zu dick aufträgt, versucht vielleicht, Schwächen zu überspielen oder überschätzt sich. Wer hier selbstbewusst aber realistisch eigene Stärken benennt, die zur ausgeschriebenen Stelle passen, kann punkten.
Text:
Ramona Rittmann /
handwerksblatt.de
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