Spannende Geschichte(n) und lange Tradition
Die Handwerkskammern als Institutionen der Selbstverwaltung des Handwerks können in Brandenburg auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Handwerksammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg begeht in diesen Wochen ihr 125-jähriges Gründungsjubiläum
Handwerksbetriebe prägen seit Jahrhunderten die wirtschaftliche Entwicklung und das Leben der Menschen in unserer Region. Zur Jahrhundertwende vor 125 Jahren taten sich Handwerker unterschiedlicher Zünfte dann auch erstmals organisatorisch zusammen. Sie gründeten die Handwerkskammer Frankfurt (Oder). Vorausgegangen war ein Gesetzgebungsprozess, der im Jahr 1897 seinen Anfang nahm. Damals wurde ein Gesetz zur Novellierung der Gewerbe- und Handwerkerordnung sowie des Reichshandwerkergesetzes verabschiedet, das unter anderem auch die Befugnisse zur Führung eines Meistertitels regelte. Zwei Jahre später, im August 1899, wurden mit einem "Erlass durch den Minister für Handel und Gewerbe über das Statut und die Wahlordnung der Handwerkskammern" die juristischen Voraussetzungen für die Gründung von Handwerkskammern geschaffen. Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. April 1900 versammelten sich am 10. April 1900 gut 60 Handwerker aus dem Kammerbezirk Frankfurt (Oder) zur konstituierenden Sitzung der zu gründenden Handwerkskammer im Sitzungssaal des Frankfurter Regierungsgebäudes. Der erste Vorsitzende war Zimmermeister Otto Stumpf, dessen Stellvertreter war der Ofenfabrikant Paul Schimpke. Zu diesem Zeitpunkt existierten im Kammerbezirk Frankfurt (Oder), der identisch mit dem Regierungsbezirk war, 193 Zwangsinnungen und 272 freie Innungen.
Historie der Handwerkskammer: Vom Ursprung bis Hauptsitz
Neun Jahre nach ihrer Gründung erwarb die Handwerkskammer ein Grundstück in der Bahnhofstraße 12 in Frankfurt und nutzte das Gebäude als Geschäftshaus. Der Standort wurde in der Folgezeit kontinuierlich ausgebaut und erweitert und ist bis heute Hauptsitz der Handwerkskammer in der Oderstadt.
Erste Ansätze zur Selbstorganisation des Handwerks in der Region gab es übrigens schon wesentlich früher. Im unruhigen Revolutionsjahr 1848 erschien im "Brandenburger Anzeiger" ein Aufruf an alle "Meister und Gesellen der hiesigen Gewerbe" zur Bildung eines Handwerkervereins in der Stadt Brandenburg (Havel), dessen Fahne bis heute im städtischen Museum zu besichtigen ist. Im Oktober 1848 appellierte der Verein an die Preußische Nationalversammlung, endlich eine provisorische Gewerbeordnung zu erlassen, um "alle sich kreuzenden Sonderinteressen" zu harmonisieren. Sechs Monate nach seiner Gründung agierte der Verein zunehmend unpolitischer und verlor so an Bedeutung.
Zäsuren für das Handwerk
Zäsuren für das heimische Handwerk waren zweifellos das Ende des 2. Weltkriegs und die sich damit verändernde gesellschaftliche Ordnung im Land. Mit Befehl Nr. 161 vom 27. Mai 1946 verordnete die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD), dass "für das Gebiet der Provinz Mark Brandenburg … eine Handwerkskammer in der Stadt Potsdam" zu errichten ist. Der Befehl, der am 15. Juli 1946 in Kraft trat, ist damit Gründungsakt der Handwerkskammer in Potsdam. Gehörte das westbrandenburgische Handwerk zuvor zum Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer Berlin, sollte die neue Handwerkskammer Potsdam nun für ganz Brandenburg zuständig sein. Wie in Potsdam wurden auch in den anderen Ländern und Provinzen der sowjetischen Besatzungszone Handwerkskammern eingerichtet. Aus ihnen wurden später Landeshandwerkskammern. Einzelne Regelungen des Befehls vom 27. Mai 1946 verdeutlichten die Zielrichtung der neuen Machthaber. Die Handwerkskammer hatte als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Zweck, die Entwicklung des Handwerks und der Kleinindustrie zu fördern und die Handwerker im "antifaschistisch-demokratischen Geiste" zu erziehen. Zur Handwerkskammer gehörten die selbstständigen Handwerksmeister, die Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) und die Inhaber aller sonstigen Industriebetriebe mit nicht mehr als zehn Mitarbeitern. Die Handwerkskammer hatte Planentwürfe für das Handwerk zu fertigen und die Tätigkeit der Genossenschaften zu kontrollieren. Sie sollte Handwerksbetriebe insbesondere bei der Beschaffung und Verteilung von zentralisiert zugeteilten Roh- und Hilfsstoffen unterstützen.
Neustrukturierung der Handwerkskammern
Mit der Schaffung der Bezirke in der DDR kam es schließlich 1953 auch zur Neustrukturierung der Handwerkskammern – aus der Landeshandwerkskammer wurden einzelne Handwerkskammern der drei Bezirke Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus. Folgt man den Chronisten der damaligen Zeit, wurde die Handwerkskammer Cottbus am 1. Oktober 1953 gegründet. Dies geschah nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Weder die Lausitzer Rundschau noch das Neue Deutschland berichteten über das Ereignis. Dennoch muss die Stimmung gelöst gewesen sein: "Der Sekt war sehr jung, die Korken knallten laut und flogen durch den ganzen Saal." Offiziell sollte die Hauptaufgabe nun sein, "den Mitgliedern die politische Entwicklung in der Welt und die Zusammenhänge in der Entfaltung der Tätigkeit des Handwerks durch die Bündnispolitik der Parteien der Arbeiterklasse zu erläutern". Die Aufgabengebiete der Handwerkskammern wurden eingeengt und die Lehrlingsausbildung und die Abnahme der Gesellen- und Meisterprüfungen der Kontrolle des Volksbildungsministeriums unterstellt.
Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 kamen auf alle drei Handwerkskammern im jungen Land Brandenburg neue Herausforderungen zu. Es mussten die Strukturen für die Aus- und Weiterbildung neu aufgebaut werden. Die HWK mussten Orientierung und vielfältige praktische Unterstützung für die Betriebe unter den völlig neuen Bedingungen der sozialen Marktwirtschaft bieten. Und wurden so zu tatkräftigen Interessenvertretern des märkischen Handwerks.
Die Handwerkskammern sind für die Organisation und Vertretung der Interessen der Handwerksbetriebe verantwortlich. Sie fördern das Gesamthandwerk und sorgen für einen Ausgleich der Interessen einzelner Handwerkszweige bzw. -berufe.
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Text:
Karsten Hintzmann /
handwerksblatt.de
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