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Handwerkskammern warnen vor gefälschten Meisterbriefen

Betriebsführung

Die Handwerkskammern warnen vor Urkundenfälschung. Falsche Meisterbriefe aus dem Internet sind täuschend echt. Vorgelegte Zeugnisse sollten immer geprüft werden. Ein Anruf oder eine E-Mail reicht.

Die Handwerkskammern warnen bundesweit vor falschen Meisterbriefen, Gesellenbriefen oder Diplomen. Das Phänomen gibt es schon länger, aber aktuell häufen sich die Fälle. Diverse Internetseiten bieten sogenannte "Schmuckurkunden" für unter zehn Euro an, die täuschend echt sind. "Arbeitgeber, die einen Meister einstellen möchten, sollten deshalb im Zweifelsfall immer bei der Handwerkskammer nachfragen, die – angeblich – diese Urkunde ausgegeben hat", rät Dr. Markus Peifer, Bereichsleiter Organisation und Recht beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). 

Eine täuschend echte Fälschung, wäre der Nachname nicht klein geschrieben. Das hatte der Fälscher beim Bestellen der Urkunde wohl falsch angeklickt.. Foto: © HWK AachenEine täuschend echte Fälschung, wäre der Nachname nicht klein geschrieben. Das hatte der Fälscher beim Bestellen der Urkunde wohl falsch angeklickt.. Foto: © HWK Aachen

"Die Kammern arbeiten aktuell an flächendeckenden App-Lösungen, mit denen Betriebe künftig die Daten selbst eingeben und sofort eine Auskunft erhalten können." (siehe unten) Die Handwerkskammern gehen davon aus, dass das Thema weiter an Brisanz gewinnt, weil zum einen der Fachkräftebedarf wächst und weil man zum anderen leicht an die Fälschungen kommt.

Gleich mehrere Anbieter aus Asien oder Russland offerieren gegen Gebühr Zeugnisse und Urkunden – beispielsweise die Webseite berufsdiplom.de – und verwenden dabei ohne Genehmigung Logos von Handwerkskammern oder Industrie- und Handelskammern.

Nicht nur Meisterbriefe werden gefälscht. "Die Bandbreite reicht von eigenmächtig verbesserten Arbeitszeugnissen über nachgemachte Lehrgangszertifikate bis hin zu gefälschten Gesellenbriefen", berichtet Vivien Gravenstein vom Justiziariats-Team der Handwerkskammer Dortmund.

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Die Urkunden sind oft täuschend echt 

Auch Richard Graf, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Berufsbildung und Recht bei der Handwerks­kammer Aachen, beobachtet eine Häufung der Fälle. Er hat schon mit dem Kopierer gebastelte Gesellenbriefe gesehen, aber auch Meisterbriefe, die im Internet für 9,90 Euro bestellt wurden. Da bei den "gekauften" Briefen aus dem Internet nur mit falschen Unterschriften gearbeitet wird, erkennen die Experten bei den Kammern die Fälschung sofort. "Es ist aber so, dass der Handwerker und die Kunden vor Ort den Meisterbrief nicht als Fälschung identifizieren können", berichtet Richard Graf.

Bei gebastelten Zertifikaten, die aus tatsächlichen Vorlagen anderer Personen erstellt werden, sei es selbst für Experten bei den Kammern schwerer. Sie können aber jederzeit in ihren Datenbanken nachschauen, ob eine Prüfung wirklich abgelegt wurde.

Auch Gesellenbriefe werden gefälscht und Abschlusszeugnisse "frisiert"

Anfang Februar erreicht Richard Graf eine Anfrage der Handwerkskammer Münster. Ein Dachdeckerbetrieb aus Gelsenkirchen wollte einen neuen Betriebsleiter einstellen. Seine Meisterprüfung hatte der 59-jährige angebliche Dachdeckermeister laut Urkunde 1983 bei der Handwerkskammer Aachen abgelegt. Alles klang plausibel, wäre der Anfangsbuchstabe des Nachnamens auf dem Meisterbrief nicht klein geschrieben gewesen. Die Recherche der Meisterprüfungsabteilung brachte die Gewissheit: Der Mann hatte seine Meisterprüfung nie in Aachen abgelegt und die Urkunde im Internet gekauft.

Manchmal stimmt auch der Name des Präsidenten zum Zeitpunkt der Meisterprüfung nicht, dann gibt es Ungereimtheiten beim Stempel oder Urkundendesign der jeweiligen Handwerkskammer, und zum Teil ist die Berufsbezeichnung frei erfunden. "Da steht dann zum Beispiel Installateurmeister statt Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk auf der Urkunde", erzählt Richard Graf. Nicht selten kommt es auch vor, dass sich Handwerkerinnen und Handwerker zur Meisterprüfung anmelden möchten, die gar keinen Gesellenbrief haben, oder dass Abschlusszeugnisse "frisiert" werden.

Anzeige bei der Staatsanwaltschaft

Wer sich einen Meisterbrief oder ein Diplom im Internet herunterlädt und beruflich einsetzt, muss ernsthafte rechtliche Konsequenzen befürchten, denn sowohl Herstellung, Verkauf, Besitz und Verwendung gefälschter Dokumente sind Straftaten. Die Handwerkskammern leiten jeden Fall an die Staatsanwaltschaft weiter. Der ZDH setzt sich dafür ein, dass die Verwendung gefälschter Zeugnisse einfacher mit einem Bußgeld geahndet werden kann.

"Eine Fälschung ist kein Kavaliersdelikt", betont Dr. Markus Peifer. Neben einer Geldstrafe droht auch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Oft ist der Schaden für die betroffenen Betriebe und Unternehmen hoch, weshalb auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche entstehen können. "Außerdem können gefälschte Angaben oder Dokumente dazu führen, dass sie von Vertragspartnern angefochten und Verträge damit unwirksam werden", betont Kammerjuristin Vivien Gravenstein.

Über die rechtlichen Konsequenzen hinaus berge eine fehlende Meisterqualifikation auch erhebliche Risiken. "Nicht nur das Vertrauen von Kunden oder des Arbeitgebers steht auf dem Spiel. Mangelhafte Handwerksleistungen können sogar Leben gefährden."

Was wirklich gegen den Betrug hilft: Vorgelegte Zeugnisse konsequent überprüfen

Handwerkskammern haben in der Vergangenheit bereits versucht, gemeinsam mit der Polizei gegen die Praktiken der Anbieter dieser sogenannten "Schmuckurkunden" vorzugehen, doch das ist häufig deshalb schwierig, weil die Anbieter auf ihren Webseiten darauf hinweisen, dass ihre originalgetreuen Produkte lediglich als Dekoration, etwa für den Schreibtisch oder als Souvenir, verwendet werden dürfen. Doch als Souvenir wird sich wohl kaum jemand einen Meisterbrief im Internet bestellen, schon eher für eine Bewerbung um eine gut dotierte Meisterstelle.

"Die effektivste Methode, diesem unseriösen Geschäftsmodell den Garaus zu machen, ist es, vorgelegte Zeugnisse konsequent zu überprüfen. Dann gibt es keine Möglichkeit mehr, sich mit einem gefälschten Zeugnis Vorteile zu erschleichen", betont ZDH-Rechtsexperte Dr. Markus Peifer.

Apps für den Zeugnischeck Drei Softwarehäuser arbeiten gerade an Apps, mit denen man ein Meisterprüfungszeugnis oder einen Meisterbrief selbst überprüfen kann. Es handelt sich um die BuE GmbH ("HWK-Zeugnischeck"), die Odav AG und die Uniplus GmbH. Alle drei Apps sind allerdings momentan noch unvollständig beziehungsweise noch gar nicht freigeschaltet. "Noch sind nicht alle Daten von allen Handwerkskammern hinterlegt", berichtet Dr. Markus Peifer, Bereichsleiter Organisation und Recht beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Die Anbieter seien aber im Endspurt bei der Erfassung der riesigen Datenmenge. Peifer rechnet damit, dass spätestens im kommenden Jahr alle Daten bei den Tools abrufbar sein werden. Bis dahin kann man jederzeit die Handwerkskammer kontaktieren, um sich die Echtheit der Urkunde bestätigen zu lassen.

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Text: / handwerksblatt.de

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