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Elterngeld: Hohe Hürden für Selbstständige

Mütter und Väter haben Anspruch auf Elterngeld und ElterngeldPlus. Auch Selbstständige können in Elternzeit gehen. Dafür müssen sie allerdings hohe Hürden nehmen.

Immer mehr frischgebackene Väter wollen in den ersten Monaten die Entwicklung ihrer Kinder begleiten und nehmen eine Auszeit vom Job. Das Elterngeld macht's möglich, denn es fängt einen Teil des Einkommensausfalls auf. "Elterngeld gibt's auch für Selbstständige. Die Beantragung ist allerdings komplizierter und weitaus umfangreicher als für Angestellte. Außerdem ist vieles zu regeln, damit der Betrieb reibungslos weiterläuft", betont Claudia Schulte, Abteilungsleiterin Betriebswirtschaft der Handwerkskammer Düsseldorf.

Neben dem Basiselterngeld gibt es das ElterngeldPlus und den sogenannten Partnerschaftsbonus. Das Basiselterngeld wird für maximal 14 Monate gezahlt. Dabei können die Eltern den Zeitraum, den sie für das Kind freinehmen, untereinander aufteilen – mit mindestens zwei und maximal zwölf Monaten pro Elternteil.

ElterngeldPlus für Selbstständige: Kompliziert!

Interessant für Selbstständige ist das  ElterngeldPlus. Es kann in maximal in halber Höhe 28 Monate in Anspruch genommen werden. Entscheiden sich beide Eltern, gleichzeitig für vier Monate 25 bis 30 Stunden pro Woche zu arbeiten, gibt es den sogenannten Partnerschaftsbonus – vier zusätzliche ElterngeldPlus-Monate für jedes Elternteil. Eltern, deren Kinder nach dem 1. Juli 2015 geboren wurden, können Elterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonusmonate kombinieren.

Aber: Wer als Chef in Elternzeit geht, muss sich über vieles Gedanken machen, um nicht sein blaues Wunder zu erleben. Denn so einfach wie bei Angestellten ist das nicht. "Beispielsweise werden Zahlungen an die Rentenkasse nur mit dem halben, also dem Arbeitnehmerbeitrag, berücksichtigt. Der Selbständige zahlt aber weiter den vollen Betrag. Sofern eine alternative Altersvorsorge betrieben wird, bleibt diese völlig unberücksichtigt. Entsprechendes gilt für die Krankenkassenzahlungen oder die Arbeitslosenversicherung", erklärt Michael Dworak, Geschäftsführer der Maler Dworak GmbH in Neuss. "Ganz wichtig ist, dass im Unternehmen eine Person den Unternehmer in der Elternzeit adäquat vertreten kann, damit Kunden wie gewohnt ihre Angebote auf dem Tisch haben."

Wonach richtet sich das Elterngeld bei Selbstständigen? Bemessungsgrundlage ist das Wirtschaftsjahr vor dem Geburtsjahr des Kindes. Dementsprechend sollte der Jahresabschluss zügig erstellt werden, damit der Einkommensteuerbescheid vorgelegt werden kann. Hat der Betrieb hohe Gewinne erzielt, wird der Jahresabschluss gern verschoben. Allerdings ist der Gewinn ausschlaggebend für die Höhe des Elterngeldes. In der Regel gibt es 65 Prozent des Einkommens. Minimum sind 300 Euro. Die maximale Höhe pro Monat ist auf 1.800 Euro beschränkt.

In Ausnahmefällen – etwa Bezug des Elterngeldes für ein älteres Geschwisterkind – kann man eine Verschiebung des Bemessungszeitraums beantragen. Als Bemessungsgrundlage dient dann das davorliegende Wirtschaftsjahr. Liegt der Steuerbescheid noch nicht vor, dienen Unterlagen wie die Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder die Bilanz zur Berechnung. Dann wird das Elterngeld bis zum Nachreichen des Steuerbescheids auf der Basis dieser Unterlagen errechnet.

Höhe des Elterngeldes ist immer vorläufig

Wird auch Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit erzielt, gilt für dieses Einkommen als Bemessungszeitraum ebenfalls das Wirtschaftsjahr. "Um den Steuerbescheid vorlegen zu können, ist man auf das Finanzamt angewiesen. Verzögerungen sind hier einzuplanen", gibt Dworak zu bedenken. Bei Selbstständigen ist die Höhe der Zahlung des Elterngeldes immer vorläufig. Denn natürlich möchte der Fiskus nach Ablauf des Elterngeldbezugs wissen, welche Einnahmen und Ausgaben im Bezugszeitraum tatsächlich angefallen sind. Zu viel gezahltes Elterngeld muss zurückerstattet werden. Achtung: Hier gilt das Zuflussprinzip. Hat ein Kunde im abgelaufenen Wirtschaftsjahr Leistungen bezogen, zahlt aber erst in der Elternzeit, wird das angerechnet.

"Es ist enorm wichtig, die Organisation des Betriebs während der Elternzeit zu regeln, damit die Kunden nicht abwandern", erklärt Claudia Schulte. Unternehmer sollten sich außerdem "ausführlich über die Antragsstellung für den Bezug von Elterngeld zu informieren, um die Liquidität zu gewährleisten."

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Bevor Sie als Selbstständige die Elternzeit nutzen, sollten Sie diese Fragen klären:

  • Wie lange kann und will ich aussetzen?
  • Wie lange kommt der Betrieb ohne mich oder in Teilzeit aus?
  • Welche Aufgaben kann ich delegieren?
  • Welche Aufgaben muss ich selbst erledigen?
  • Wer kann mich im Notfall vertreten?
  • Wie hoch sind meine Fixkosten, die unbedingt gedeckt werden müssen?
  • Welches Mindesteinkommen brauche ich?
  • Ist mein Versicherungsschutz ausreichend?
  • Wer kann in die Kinderbetreuung mit einbezogen werden?

Tipps für Arbeitgeber

  • Mütter und Väter können während der Elternzeit weiter in Teilzeit arbeiten. Wichtig für den Arbeitgeber: Seine Zustimmung zur Elternzeit ist nicht mehr erforderlich! Der Arbeitnehmer muss sie nur rechtzeitig mit einer Frist von sieben Wochen (bei Elternzeit bis zum dritten Geburtstag) beziehungsweise 13 Wochen (bei Elternzeit ab dem dritten Geburtstag) vorher anzeigen.
  • Wichtig für kleine Handwerksbetriebe: Das Recht auf Teilzeitarbeit gilt nur in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern!
  • Die wichtigsten Regelungen des neu gefassten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes hat der Unternehmerverband Deutsches Handwerk in einem Merkblatt zusammengefasst.

Welche Vorteile das neue ElterngeldPlus für Unternehmen bietet, fasst der Erklärfilm von Erfolgsfaktor Familie anschaulich zusammen.

Elterngeld gibt es auch für Selbstständige. Klingt einfach, ist es aber nicht – das ist jedenfalls die Erfahrung der selbstständigen Goldschmiedin Ina Heib aus Mainz. Schwierig sei vor allem, dass Elterngeldstellen ihrer Informationspflicht "äußerst unterschiedlich" nachkämen. Während manche Stellen detailliert informierten, wurde Heib an ihren Steuerberater verwiesen, der die notwendigen Unterlagen für den Antrag zusammenstellte, ihr aber ansonsten nicht behilflich sein konnte.

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Schon beim Antrag stellte sie der Elterngeldstelle einen umfangreichen Ordner zur Verfügung – mit allen Hinweisen zur Organisation und zum Management ihres Betriebes während der Elternzeit. Sie informierte die Stelle außerdem, dass sie in ihrer Elternzeit keine Gewinne erzielen würde. Selbstverständlich hatte sie Einnahmen. Diese konnten jedoch durch Kosten neutralisiert werden. Wichtig war natürlich, dass all diese Kosten auch als gewinnmindernde Kosten anerkannt wurden. Dem Ordner lag außerdem ein Finanzierungsplan bei, der detailliert auflistete, wie der Betrieb sich während der Elternzeit tragen würde.

Heib rät allen Selbstständigen zu einer ausschließlich schriftlichen Korrespondenz mit der Elterngeldstelle, damit alle Vereinbarungen nachweisbar vorliegen. In ihrem Elterngeldantrag habe sie übrigens von vornherein klargestellt, dass sie bei Meinungsverschiedenheiten zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung bereit sei.

Ihr Fazit fällt nüchtern aus: "Als Selbstständiger ist die Beantragung von Elterngeld äußerst aufwendig und bedarf einer langen und gründlichen Vorbereitung."

Wer als Selbstständiger Schwierigkeiten beim Antrag hat, kann sich an folgende Beratungsstellen wenden:

Betriebsberatung: Für Handwerksbetriebe ist der Betriebsberater seiner Handwerkskammer immer der erste Ansprechpartner.

Steuerberater: Hilfe bekommen angehende selbstständige Eltern auch bei ihrem Steuerberater. Er stellt die Unterlagen zusammen, die für die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes maßgeblich sind, und hat einen detaillierten Einblick in Ihre Finanzen. Er ist auch bei der Antragsstellung für den Bezug von Elterngeld behilflich und kennt die steuerlichen Stolpersteine. Wenn Sie beispielsweise während des Elterngeldbezugs Ihren Dienstwagen nutzen, wird Ihnen dieser als geldwerter Vorteil angerechnet.

Elterngeldstellen: In Nordrhein-Westfalen sind die Elterngeldstellen bei den Kreisen und kreisfreien Städten für die Bearbeitung des Elterngeldes zuständig. Sie beraten Sie auch zu allen Fragen der Elternzeit. In Rheinland-Pfalz übernehmen die Jugendämter diese Aufgabe. Im Saarland ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie für das Elterngeld zuständig.

Ministerium: Das Familienministerium informiert auf seiner Internetseite sehr ausführlich über das Elterngeld – unter anderem finden Sie dort auch Beispielrechnungen.

Text: / handwerksblatt.de

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