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HWK des Saarlandes | März 2025
Termin: Ausbildungsmesse in Sulzbach
Passend zur "Woche der Ausbildung" der Agentur für Arbeit findet am Freitag, 28. März, in der Sulzbacher Aula eine Ausbildungsmesse statt.
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März 2025
Der neue Auszubildende ist gefunden, der Vertrag unterschrieben, doch dann erscheint der Bewerber ohne Vorwarnung nicht im Betrieb. Job-Ghosting wird zunehmend zum Problem, auch im Handwerk. Wie Betriebe das verhindern können.
Unternehmen in Deutschland haben zunehmend Probleme, Ausbildungsplätze zu besetzen: Konnten vor zehn Jahren noch 29 Prozent der Betriebe nicht alle offenen Ausbildungsstellen besetzen, ist es inzwischen bereits jeder zweite. Als Hauptgrund nennen die Betriebe den generellen Mangel an (geeigneten) Bewerbungen. Jeder vierte Betrieb mit unbesetzten Ausbildungsplätzen berichtet aber auch, dass geeignete Bewerber und Bewerberinnen abspringen. Viele davon ghosten den Betrieb - sie bleiben also ohne Vorwarnung und Erklärung der Lehrstelle fern. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
Gab 2013 rund jeder dritte Betrieb mit unbesetzten Ausbildungsplätzen an, dass sich nicht genug Personen auf die angebotenen Ausbildungsstellen beworben haben, waren es 2023 mit 57 Prozent sogar schon mehr als die Hälfte.
In etwa jedem vierten Fall haben sich Bewerber und Bewerberinnen anderweitig entschieden. Ihre Zahl wächst stetig von 23 Prozent im Jahr 2013 auf 27 Prozent im Jahr 2023. "Die bereits aus dem Mangel an Bewerbungen entstandene Problematik wird dadurch weiter verschärft und dürfte die betrieblichen Handlungsmöglichkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen teils deutlich einschränken", sagt IAB-Forscherin Ute Leber.
Großbetriebe mit 500 und mehr Beschäftigten sind vom Ghosting, also dem unangekündigten Untertauchen, häufiger betroffen, aber auch 28 Prozent der Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten haben das schon erlebt. 2013 waren es noch 19 Prozent. "Das Phänomen Ghosting kann mit hohen betrieblichen Kosten verbunden sein, da nicht nur bereits in den Rekrutierungsprozess geflossene Investitionen verloren gehen. Es besteht auch die Gefahr, dass zum Beginn des Ausbildungsjahres keine passende Neubesetzung mehr erfolgen kann. Die Ausbildungsstelle bleibt dann unbesetzt und das Potenzial der Fachkräftequalifizierung ungenutzt", erklärt IAB-Forscherin Barbara Schwengler.
Insbesondere Betriebe aus den Bereichen Finanz- und Versicherungswesen/unternehmensnahe Dienstleistungen sowie Verkehr, Information und Kommunikation berichteten im Jahr 2023 deutlich häufiger davon, dass Personen nach ihrer Bewerbung abgesprungen sind, als im Jahr 2013. "Die Ergebnisse verdeutlichen, wie sehr sich der Ausbildungsmarkt von einem Anbieter- zu einem Bewerbermarkt gewandelt hat", so Margit Ebbinghaus vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).
Auch im Handwerk kommt es immer wieder vor, dass Lehrlinge ohne Vorwarnung nicht zum Ausbildungsbeginn erscheinen. Andrea Greilinger und Thomas Zwick vom Ludwig-Fröhler-Institut für Handwerkswissenschaften haben sich 2022 mit dem Ghosting im Handwerk beschäftigt. Häufig seien gerade die Betriebe betroffen, die zum ersten Mal ausbilden möchten, heißt es da. Die Personalverantwortlichen seien dann emotional sehr betroffen, "was die zukünftige Ausbildungsbeteiligung dieser Betriebe dadurch noch stärker gefährdet". Zudem trete Ghosting häufig in den Betrieben auf, "die ohnehin überdurchschnittlich hohe Vertragslösungen erleben".
"Die insgesamt stärkere Betroffenheit mit schwierig verlaufenden Ausbildungsverhältnissen in Kombination mit Ghosting sehen wir als kritisch und vermuten, dass dies schließlich den Ausschlag geben könnte, sich nicht weiter an der Ausbildung zu beteiligen", so die Autoren.
Sie empfehlen ein intensives Kennenlernen über ein Praktikum im Vorfeld der Ausbildung. Zudem raten sie zu einem Azubimarketing, also dass der Betrieb schon vor Ausbildungsbeginn auf die Vorzüge der Ausbildung in kleineren Betrieben - schnellere Übernahme von verantwortungsvollen Tätigkeiten, Einsatz für ein größeres Spektrum an Tätigkeiten, familiäre Arbeitsbedingungen - hinweist. Zudem sollten die Betriebe in der Zeit zwischen der Vertragsunterzeichnung und dem ersten Arbeitstag den Kontakt halten.
Das ist auch ein Tipp von Karin Praus von der Handwerkskammer Trier. "Um die wenigen Bewerberinnen und Bewerber, die noch eine Ausbildung machen möchten, muss man sich richtig gut kümmern", sagt Praus. Die Zeiten, in denen ein Azubi bis zur Gesellenprüfung im Betrieb einfach "mitläuft", seien lange vorbei. Die guten Lehrlinge müssen gefördert werden, damit sie dem Betrieb treu bleiben, und diejenigen, die sich mit mathematischen Formeln, der Sprache oder anderen Themen schwertun, brauchen Unterstützung, damit sie den Anschluss nicht verlieren und die Ausbildung abbrechen.
Die Ausbildungsexpertin empfiehlt, ab dem Tag der Vertragsunterzeichnung den Kontakt zu halten. "Man kann zum Beispiel eine Bindung aufbauen, indem man die Jugendlichen vorab zu Firmenveranstaltungen einlädt." Oder man schickt ihnen vor dem Ausbildungsstart ein paar Infos zum Betrieb und den neuen Kollegen zu, damit sie sich von Beginn an leichter zurechtfinden.
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