Energiesicherungsgesetz: Bundesregierung beschließt Reform
Das Bundeskabinett hat eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes verabschiedet. Darin sind weitreichende Handlungsmöglichkeiten zur Krisenbewältigung vorgesehen, sollte die Energieversorgung gefährdet sein.
Wegen der angespannten Lage auf dem Energiemarkt und der steigenden Risiken für die Energieversorung hat die Bundesregierung eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) beschlossen. Sollte es eine Gefährdung oder Störung der Energieversorgung geben, erhalten der Bund und die Behörden weitreichende Handlungsmöglichkeiten zur Krisenbewältigung. Dazu werden sogenannte Verordnungsermächtigungen im EnSiG aktualisiert und ergänzt.
Zusätzlich werden die Rechtgrundlagen für besondere Maßnahmen der Krisenvorsorge geschaffen. Sie können unter bestimmten und klar definierten Voraussetzungen schon vor Eintritt einer unmittelbaren Gefährdung oder Störung der Energieversorgung angewendet werden. Dazu gehört, dass Unternehmen, die kritische Energieinfrastrukturen betreiben, bei Bedarf unter eine Treuhandverwaltung gestellt werden können. Das kann der Fall sein, wenn sie ihren Aufgaben nicht mehr hinreichend nachkommen und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.
Gesetz auf den Stand der Zeit bringen
Unter klar benannten und engen Bedingungen ist auch eine Enteignung möglich, wenn die Sicherung der Energieversorgung nicht anders gewährleistet werden kann. Zudem werden Regelungen zur Stärkung europäischer Solidaritätsmechanismen eingeführt. Auch Änderungen und Folgeänderungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sind Teil der Novelle. In Zukunft muss eine Stilllegung von Gasspeicheranlagen angezeigt und von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Außerdem werden die Voraussetzungen geschaffen, um bei kritischen Energieinfrastrukturen den Einsatz kritischer Komponenten nach dem Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik untersagen zu können.
"Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat zu einer angespannten Energiesituation geführt. Die Preise sind hoch, die Unsicherheit groß, Risiken vorhanden. Wir müssen uns daher darauf vorbereiten, dass sich die Lage zuspitzt. Deshalb schärfen wir mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes unsere Instrumente noch mal deutlich und bringen sie auf den Stand der Zeit. Damit können wir die Krisenvorsorge stärken und schnell und umfassend handeln", erklärt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Geplante Änderungen des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften
- Die Bundesregierung soll zur Umsetzung der Krisenmaßnahmen digitale Plattformen errichten und einsetzen können. Für den Sektor Gas ist bereits konkret vorgesehen, dass größere Industriebetriebe und Gashändler sich auf einer Plattform registrieren und verschiedene Daten zu ihrem Gasbezug, Gasverbrauch etc. hinterlegen. Ziel ist, im Krisenfall, also wenn es einen Mangel an Gas gibt, schnell, auf Basis dieser Daten identifizieren zu können, wie und wo sich der Energieeinsatz reduzieren lässt; und gegebenenfalls notwendige Abschaltungen von Unternehmen umzusetzen.
- Es werden Regelungen zur Stärkung europäischer Solidaritätsmechanismen neu eingefügt. Dieser Mechanismus ist im europäischen Recht verankert und stellt sicher, dass die Mitgliedstaaten einander unter die Arme greifen, wenn es zu Energieengpässen kommt. Künftig kann die Bundesregierung dafür auch die Maßnahmen nach dem Energiesicherungsgesetz anwenden, wenn ein anderer Mitgliedstaat in eine solche Energiekrise gerät und Deutschland nach den Vorgaben der EU-SoS-Verordnung um Unterstützung bittet. Die gemäß SoS-Verordnung bestehende Pflicht zur Lieferung von Gas an EU-Mitgliedstaaten kann ohne diese Maßnahmen nicht erfüllt werden.
- Darüber hinaus werden in einem neuen Teil des Energiesicherungsgesetzes die Rechtsgrundlagen für besondere Maßnahmen der Krisenvorsorge geschaffen, die unter bestimmten und klar definierten Voraussetzungen schon angewandt werden können, bevor eine unmittelbare Gefährdung oder Störung der Energieversorgung eintritt. Hier ist es das Ziel, einer solchen Gefahrenlage gerade vorzubeugen.
- Dabei geht es erstens vor allem darum, besondere Maßnahmen anordnen zu können, wenn die Gefahr besteht, dass Betreiber kritischer Infrastrukturen ihren Aufgaben nicht mehr ausreichend nachkommen können und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Für diese Fälle wird die Möglichkeit einer Treuhandverwaltung über Unternehmen der kritischen Infrastruktur und als Ultima Ratio auch die Möglichkeit einer Enteignung geschaffen.
- Zweitens wird eine Regelung zur Preisanpassung entlang der gesamten Lieferkette für den Fall aufgenommen, dass Gaslieferungen aus einem Drittstaat nach Deutschland ausbleiben oder drastisch gekürzt werden. Voraussetzung ist die Feststellung erheblich verminderter Gasimporte in der Alarm- oder Notfallstufe gemäß Notfallplan Gas. Ziel dieser Regelungen zur Preisanpassung ist es, die Marktmechanismen und Lieferketten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und Kaskadeneffekte zu verhindern. So ist bei verminderten Gasimporten damit zu rechnen, dass Gas am Markt deutlich teurer wird. Können die Energieunternehmen die hohen Preise nicht bezahlen bzw. ihre Verträge nicht erfüllen, drohen finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen. Brechen aber die Energieunternehmen weg, so drohen ernste Störungen im gesamten Markt entlang der Lieferkette bis hin zum Letztverbraucher. Um das zu vermeiden, werden Preisanpassungsregeln ausnahmsweise, zeitlich befristet und unten engen Voraussetzungen zulässig.
Geplante Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz
- So werden im EnWG Voraussetzungen geschaffen, um im Bereich kritischer Energie-Infrastrukturen den Einsatz sogenannter kritischer Komponenten untersagen zu können, wenn sonst die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland voraussichtlich beeinträchtigt wäre, etwa weil der Hersteller der kritischen Komponenten von der Regierung eines Drittstaates kontrolliert wird.
- Zudem muss eine geplante Stilllegung von Gasspeicheranlagen künftig angezeigt und von der BNetzA genehmigt werden. Damit kann verhindert werden, dass ohne das Wissen der Bundesnetzagentur und der Bundesregierung Gasspeicher stillgelegt werden und dadurch die Energieversorgung gefährdet wird.
Quelle: BMK
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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