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HWK Koblenz | November 2024
Letzte-Hilfe-Kursus in Koblenz
Einige Plätze für den Termin am 6. November sind noch frei – Anmeldungen sind bei der HwK Koblenz möglich. Für 2025 sind weitere Termine geplant
Metzgermeister Jörg Anton Schlösser (r.) sucht einen Nachfolger für seinen Mitarbeiter Fladimir Pfeiffer. Ein Kollege aus Bosnien käme gerne, wartet aber schon ewig auf ein Visum. Der Papierkrieg dazu füllt bereits einen ganzen Aktenordner. (Foto: © Ingo Lammert)
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Nicht nur ein Düsseldorfer Metzger würde von der leichteren Einreise qualifizierter Mitarbeiter profitieren. Ab dem 1. März soll ein neues Gesetz dafür sorgen, dass ihr Zuzug aus Drittstaaten einfacher wird.
"Der bosnische Kollege könnte lieber heute als morgen bei uns anfangen!", Jörg Anton Schlösser, Inhaber der traditionsreichen, vielfach preisgekrönten Metzgerei Schlösser in Düsseldorf, sucht händeringend neue Fachkräfte. Eine hat er über private Kontakte längst gefunden, und zwar in Bosnien-Herzegowina. Milo Horvat (Name von der Redaktion auf Wunsch geändert) hat mit ihm bereits einen Arbeitsvertrag unterschrieben und sitzt auf gepackten Koffern. Wenn der nur endlich sein Visum bekäme! Aber seit über einem Jahr wartet der Bosnier auf einen Termin bei der Deutschen Botschaft in Sarajewo.
Die notwendigen Voraussetzungen bringt Horvat mit, die geforderten Sprachkenntnisse ebenfalls. Daran liegt es also nicht. Aber die Auslandsvertretung ist hoffnungslos überlastet. Eine Wartezeit von deutlich mehr als einem Jahr allein bis zur Terminvergabe sei derzeit normal, heißt es von der Behörde. Die Anträge würden aus Gründen der Gleichbehandlung in chronologischer Reihenfolge abgearbeitet, es seien 12.000 im Jahr und würden stetig mehr.
Da nutzen auch alle Bitten des deutschen Arbeitgebers nach einer zügigen Abwicklung nichts. "Einer unserer Mitarbeiter, Herr Pfeiffer, geht im Mai in Rente, dann brauchen wir unbedingt einen Ersatz für ihn und Herr Horvat soll diese Lücke schließen", erklärt Schlösser. In seiner Metzgerei stehen die Leute oft Schlange und es gibt viele Ideen für neue Wurstspezialitäten, die er mangels Personals aber nicht umsetzen kann. Ab dem 1. März soll das Blatt sich jedoch wenden. "Wir hoffen, dass das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz uns hilft, Herrn Horvat schnell bei uns einstellen zu können", ist der Chef optimistisch.
Ziel des neuen Gesetzes ist, dass Fachkräfte mit beruflicher Ausbildung aus Nicht-EU-Staaten künftig leichter nach Deutschland einwandern können. Voraussetzung sind Deutschkenntnisse und eine Anerkennung ihrer Qualifikation (siehe Infokasten unten). Natürlich können die deutschen Botschaften ab März auch nicht von einem auf den anderen Tag mehr Termine vergeben, aber die Verfahren sollen einfacher werden.
Das muss eine ausländische Fachkraft tun, die in Deutschland arbeiten will:
- Ausländische Qualifikation anerkennen lassen. Hotline +49 301815 -1111, montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr MEZ
- Einen Sprachnachweis vom Goethe-Institut oder einem telc-zertifizierten Institut einholen.
- Visum beantragen. Erteilung durch die deutschen Auslandsvertretungen. Wer bereits in Deutschland lebt, muss die lokalen Ausländerbehörden kontaktieren. Alle Informationen zu den obigen Fragen: make-it-in-germany.com
Ein wichtiges Kriterium: Die sogenannte Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit entfällt. Das bedeutet, dass sie nicht mehr prüft, ob für den konkreten Arbeitsplatz eine Bewerberin oder ein Bewerber aus Deutschland oder der EU zur Verfügung steht. Zumal diese Suche meistens ohnehin ergebnislos verlaufen dürfte.
Eine weitere wichtige Änderung: Die Beschränkung auf die sogenannten Engpassberufe wurde abgeschafft, damit öffnet sich der deutsche Arbeitsmarkt auch für Facharbeiter aus allen anderen Branchen. Ebenfalls können künftig qualifizierte Fachkräfte zur Suche eines Arbeitsplatzes einreisen. Sie erhalten dann eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu sechs Monate, wenn ihre Qualifikation anerkannt wurde, der Lebensunterhalt gesichert ist und sie Deutschkenntnisse auf Niveau B1 vorweisen können.
Eine wesentliche Neuerung ist zudem, dass Arbeitnehmer mit ausländischem Abschluss sich in Deutschland zur Anerkennung ihrer Qualifikation fortbilden und aufhalten dürfen. Flankiert werden diese gelockerten Bedingungen von vereinfachten Verfahren, teilweise bei Sonderbehörden. So bietet etwa die neue Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) in Bonn ausländischen Bewerbern einen bundesweit zentralen Ansprechpartner und berät sie zu allen Fragen des Anerkennungsverfahrens.
Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) berät bundesweit ausländische Bewerber zu allen Fragen des Anerkennungsverfahrens, Hotline +49 301815 1111, montags bis freitags, 8-16 Uhr
Azubis aus dem Ausland würde Metzgermeister Schlösser ebenfalls gerne aufnehmen. "Unser letzter Azubi ist Landessieger geworden. Daran sieht man, dass sich die Ausbildung bei uns lohnt", freut er sich.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat auch hier Neues zu bieten: Künftig können junge Ausländer einreisen, um einen Ausbildungsplatz zu suchen. Dafür brauchen sie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 und einen Abschluss einer deutschen Auslandsschule oder einen Schulabschluss, der zum Hochschulzugang berechtigt. Sie dürfen nicht älter als 25 Jahre sein und müssen ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Schlösser will ab März für seinen bosnischen Mitarbeiter das neue, sogenannte beschleunigte Fachkräfteverfahren nutzen (siehe Infokasten unten). Das kostet zwar rund 500 Euro Gebühren, aber dafür soll es eine Abwicklung innerhalb weniger Wochen ermöglichen: drei Wochen von der Antragstellung bis zum Termin und weitere drei Wochen bis zur Erteilung des Visums. "Das ist es uns wert, endlich einen weiteren qualifizierten Mitarbeiter für unser Team zu bekommen", betont der Düsseldorfer Betriebsinhaber. Man kann es allen Beteiligten nur sehr wünschen. Ob die Gesetzes-Theorie der Realität standhält, wird sich zeigen.
Beschleunigtes Verfahren
Arbeitgeber können selbst etwas tun: Ab dem 1. März 2020 können sie ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren bei der zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland einleiten. Dadurch wird die Wartedauer deutlich verkürzt. Die Schritte:
- Unternehmen schließen eine Vereinbarung mit der Ausländerbehörde. Diese beinhaltet die Bevollmächtigung und Verpflichtungen des Arbeitgebers, der Fachkraft und aller beteiligten Behörden sowie eine Beschreibung der weiteren Abläufe inklusive Fristen.
- Die Ausländerbehörde unterstützt Unternehmen während des Verfahrens und holt die Zustimmung der Agentur für Arbeit ein.
- Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, gibt die Ausländerbehörde eine Vorabzustimmung und veranlasst einen Termin für den Antrag des Visums innerhalb von drei Wochen.
- Nach dem Antrag des Visums wird innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung getroffen.
- Die Gebühr für das beschleunigte Verfahren beträgt 411 Euro. Hinzu kommt eine Visumgebühr von 75 Euro sowie Gebühren für die Anerkennung der Qualifikation. Mehr Infos hier Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz tritt am 1. März in Kraft.
Wesentliche Neuerungen sind:
- ein einheitlicher Fachkräftebegriff, der Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung umfasst,
- der Verzicht auf eine Vorrangprüfung bei anerkannter Qualifikation und Arbeitsvertrag,
- keine Begrenzung auf Mangelberufe mehr,
- Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung können für eine befristete Zeit zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen (Voraussetzung: deutsche Sprachkenntnisse und gesicherter Lebensunterhalt),
- wer einen ausländischen Abschluss hat, bekommt bessere Möglichkeiten, für Qualifizierungsmaßnahmen nach Deutschland zu kommen; Ziel muss die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen sein,
- Verfahren werden einfacher durch eine Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden und beschleunigte Vorgänge.
Alle Informationen zum Gesetz unter make-it-in-germany.com/de Was das Handwerk über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz denkt und welche eigenen Initiativen es startet, lesen Sie hier.
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