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HWK des Saarlandes | November 2024
Wirtschaftspolitik neu ausrichten
Die Handwerkskammer des Saarlandes wünscht sich von der Landespolitik konkrete Maßnahmen, die den Mittelstand und das Handwerk entlasten.
Kann losgehen, Mädels! Dachdeckermeister Tobias Wecker und seine Frau Silenny werden zwei Schülerinnen beim Girls'Day 2022 am 28. April gleich zwei Berufe aus dem Handwerk vorstellen. Damit den Tagespraktikantinnen nichts passiert und sie sich als Teil des Teams fühlen, werden sie mit Sicherheitsschuhen in ihrer Größe sowie T-Shirts und Hoodies ausgestattet. (Foto: © Wilfried Meyer)
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Frauen im Handwerk - Themen-Specials
Februar 2022
Tobias Wecker bietet zwei Schülerinnen einen Platz für den Girls’Day 2022 an. Sie lernen an einem Tag zwei Berufe aus dem Handwerk kennen. Sicherheitsschuhe und Arbeitskleidung werden selbstverständlich gestellt.
Der erste und bis dahin letzte Girls'Day liegt für die MT Dachbau GmbH schon drei Jahre zurück. 2019 hatte das junge Dachdeckerunternehmen aus Schwelm (Nordrhein-Westfalen) – erst 2017 von Tobias Wecker und Marvin Janaschek gegründet – seine Premiere beim Mädchen-Zukunftstag. Danach kam Corona. Für dieses Jahr ist Dachdeckermeister Tobias Wecker optimistisch. "Meine Frau hat das Profil unserer Firma im Girls'Day-Radar aufgefrischt. Das Programm für den 28. April steht. Es kann losgehen."
Den eigenen Fachkräftenachwuchs auszubilden, liegt dem Geschäftsführer des Acht-Mann-Unternehmens am Herzen. Zurzeit absolvieren zwei junge Männer die Ausbildung zum Dachdecker. Einer ist im dritten, der andere ist im ersten Lehrjahr.
Tobias Wecker würde gerne auch jungen Frauen die Gelegenheit bieten, bei ihm zu lernen. Doch sie machen sich nicht nur bei ihm rar. Die Statistik des Zentralverbands des Deutschen Handwerks weist 2020 rund 3.500 Ausbildungsanfänger im Dachdeckerhandwerk aus. Davon sind etwa 100 weiblich; ein Anteil von knapp unter drei Prozent.
Als Gründe führt Tobias Wecker vor allem die Voreingenommenheit der Eltern gegenüber dem Handwerk und die Unwissenheit der Schülerinnen über die Handwerksberufe an. "Praktikanten fallen bei uns aus allen Wolken, wenn sie sehen, dass wir mit modernen Maschinen auf der Baustelle arbeiten und dass wir auch Kaufleute für Büromanagement ausbilden."
Girl-Power beim Maler und Lackierer Im Malerbetrieb von Kai Wiegand liegt die Frauenquote bei nahezu 50 Prozent. Zurzeit bildet er drei junge Frauen zur Malerin und Lackiererin aus. Damit will der Geschäftsführer von Malerei-Anstrich Wiegand aus Solingen (NRW) auch in den sozialen Medien werben. Seine Rechnung ist simpel: "Wenn die Mädchen sehen, wie viele Frauen bei uns arbeiten, dann fällt es ihnen leichter, sich bei uns zu bewerben." Erfahren Sie mehr darüber im Online-Beitrag "Frauen- und Girl-Power im Solinger Malerbetrieb" auf handwerksblatt.de.
Das Dachdeckerhandwerk bietet schöne Perspektiven. Davon zeigte sich die erste Girls'Day-Praktikantin bei MT Dachbau besonders beeindruckt. "Auf einem Baugerüst zu stehen, die Aussicht und die frische Luft zu genießen, war ihr absolutes Highlight", erinnert sich Tobias Wecker.
Überrascht sei sie auch davon gewesen, dass sie die Arbeitsproben behalten durfte. "Wir haben sie mit dem Schieferhammer und mit der Falzzange arbeiten lassen, damit sie ein Gefühl für das Werkzeug und das Material bekommt."
Am Ende des sechsstündigen Arbeitstages hatte Tobias Wecker den Eindruck, dass ihr der Girls'Day in einem Dachdeckerbetrieb unheimlich viel Spaß gemacht hat. "Leider hat sie sich nicht bei uns beworben, aber das kann auch daran gelegen haben, dass sie erst 14 oder 15 Jahre alt gewesen ist."
Eine wichtige Erkenntnis des ersten Girls'Days: Junge Mädchen sind ungern alleine in einer fremden Umgebung. "Einige Schülerinnen haben uns angerufen und gefragt, ob sie eine Freundin mitbringen können", erinnert sich Tobias Wecker.
Zwei Tagespraktikantinnen zu betreuen, sei wegen Personalmangels aber nicht möglich gewesen. Den freien Platz habe man erst "auf den letzten Drücker" besetzen können. Um die Hemmschwelle zu senken, bietet Tobias Wecker 2022 deshalb zwei Plätze an.
Die Schülerinnen erwartet beim Girls’Day 2022 ein abwechslungsreiches Programm. Neben den bewährten praktischen Arbeitsproben wird es einen Baustellen- und einen Kundentermin geben. Für den handwerklichen Teil plant Tobias Wecker drei Stunden ein. Der Büropart – 2019 mit einer dreiviertel Stunde eher zu kurz gekommen – wird auf drei Stunden erweitert. "Sechs Stunden vergehen schnell, wenn man sie interessant gestaltet."
Wie in den Vorjahren plant Tobias Wecker den Girls'Day bei MT Dachbau als Präsenzveranstaltung. Er steht Online-Formaten in der Berufsorientierung eher skeptisch gegenüber. "Handwerk lebt vom Anpacken. Ich finde es schwierig, den Beruf des Dachdeckers online vorzustellen."
Angst vor einer möglichen Ansteckung mit dem Corona-Virus hat er nicht. Alle in der Firma seien geimpft und geboostert. Um sich und die Mitarbeiter zusätzlich zu schützen, müssen die Schülerinnen am 28. April einen aktuellen Corona-Test vorlegen.
Girls’Day als Online-Veranstaltung Stuckateurmeister Michael Christmann hat sich vom Corona-Virus nicht stoppen lassen. Den Girls'Day 2021 haben er und zwei weibliche Auszubildende bei Stuck Belz als Online-Format organisiert. Erfahren Sie mehr darüber im Online-Beitrag "Stuck Belz macht am Girls’Day virtuell Lust aufs Handwerk" auf handwerksblatt.de. Beim Girls'Day 2022 sind Online- und Präsenzveranstaltungen gleichermaßen willkommen. "Der Aktionstag wirkt – auch in Corona-Zeiten", sagt die Projektleiterin des Girls'Day, Romy Stühmeier, im Online-Beitrag "Girls'Day 2022 will Normalität und Stabilität bei der Berufswahl bieten" auf handwerksblatt.de.
Die Pandemie ist jedoch nicht die einzige Gefahrenquelle. Beim Girls'Day müssen die Betriebe auch auf den Arbeitsschutz achten. "50 Meter Luftlinie von uns befindet sich ein Ausstatter für Berufsbekleidung. Da gehen wir mit den Mädels hin und kaufen ihnen ein Paar Sicherheitsschuhe S3 in ihrer Größe", erklärt der pragmatische Dachdeckermeister.
Am Ende des Tages geben die Tagespraktikantinnen die Schuhe wieder ab. Nachdem sie gesäubert worden sind, werden die Schuhe verstaut, so dass andere Jugendliche sie bei ihrem Praktikum anziehen können. Infrage kämen dafür etwa die Schülerinnen und Schüler eines nahe gelegenen Gymnasiums, mit dem der Handwerksbetrieb kooperiert. "Wem diese 60 Euro zu viel sind, um jungen Menschen seinen interessanten Beruf vorzustellen und neue Auszubildende zu bekommen, dem ist nicht mehr zu helfen", meint der Geschäftsführer des Acht-Mann-Betriebs.
Damit sich die Praktikanten selbst für einen Tag als Teil des Teams fühlen, hält er auch Polo-Shirts und Kapuzenpullis in den Größen S bis XXL mit dem Aufdruck der Firma parat. "Das finden die Schülerinnen und Schüler ganz schön cool."
Für Tobias Wecker spricht prinzipiell nichts dagegen, dass junge Frauen sich entschließen, Dachdeckerin zu werden. Sie müssten nur schwindelfrei, offen für praktische Arbeit und körperlich fit sein. "Eine Rolle Schweißbahn wiegt 30 Kilogramm. Damit muss man schon hantieren können." Perfekt wäre es, wenn die Bewerberinnen auch noch eine kräftige Portion Kreativität mitbrächten. "Manchmal brauchen wir Lösungen, die in keinem Lehrbuch oder Technischen Merkblatt zu finden sind."
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