BYD Atto 3: Chinesischer Stromer der etwas anderen Art
Die chinesische Marke BYD (Build Your Dreams) will den europäischen Markt erobern. Für unseren Fahrbericht haben wir uns den Atto 3 ausgesucht, der einiges anders macht als andere Stromer.
Han, Tang, Seal oder auch Atto 3: Die Namen einiger Modelle des chinesischen Herstellers BYD (Build Your Dreams) klingen für uns Europäer noch recht fremd. Dabei ist die 1995 gegründete und noch recht junge chinesische Marke BYD längst kein Unbekannter mehr. Sie hat sich vor allem als Hersteller von Akkus für Smartphones einen Namen gemacht. Heute gilt BYD als einer der größten Batteriehersteller der Welt und seit gut 20 Jahren baut der chinesische Mischkonzern auch Autos, die vor allem mit Elektroantrieb angeboten werden.
Der elektrische Atto 3 möchte die Massen mobilisieren
Bis zu 420 Kilometer Reichweite verspricht der chinesische Hersteller. Foto: © BYDMittlerweile ist BYD Auto nicht nur einer der größten Automobilhersteller Chinas, sondern mit über 1,8 Millionen Neuzulassungen auch der weltweit größte Anbieter von Elektroautos. Seit 2022 ist BYD auch in Europa vertreten und die Modellpalette wird sukzessive erweitert. Während die beiden Luxusmodelle Han und Tang im Premiumsegment wildern, soll der Kompakt-SUV Atto 3 die Massen ansprechen und vor allem Volumen generieren. Die Einstiegsversion Comfort beginnt bei 31.924 Euro (alle Preise netto), der gefahrene Atto 3 in der Topvariante Design kostet zwar 33.605 Euro, ist dafür aber auch äußerst umfangreich ausgestattet.
Der BYD Atto 3 will mit schickem Design, reichhaltiger Ausstattung und viel Liebe zum Detail auf sich aufmerksam machen. Darüber hinaus bietet der Atto 3 eine innovative Batterietechnologie, die eine Reichweite von bis zu 420 Kilometern ermöglicht. Im Gegensatz zu anderen Stromern speichert der vollelektrische Konkurrent des VW ID.3 seine geladene Energie in so genannten Blade-Batterien. Die spezielle Batterietechnik, die BYD selbst produziert, nutzt Lithium-Eisenphosphat-Zellen statt Lithium-Ionen. Diese bauen kompakter und sollen effizienter und sicherer sein. Die Batteriekapazität des Atto 3 beträgt 60,5 kWh.
Ein Chinese ohne Kontrabass: trotzdem musikalisch
Die Halterseile in den Türverkleidungen erzeugen Töne, sobald man daran zupft. Foto: © BYDOptisch wirkt der 4,46 Meter lange Fünftürer gefällig und trifft durchaus den europäischen Geschmack. Der moderne, aber auch recht brave Eindruck ändert sich jedoch grundlegend, wenn man in den Chinesen einsteigt. Hier gibt es viel zu sehen und viel zu hören. Die Chinesen haben viel Liebe zum Detail in ihr E-SUV gesteckt. Wenn auch manchmal - im wahrsten Sinne des Wortes - etwas verspielt. Zum Beispiel an den Türverkleidungen, deren Ablagen jeweils mit drei Halteseilen verziert sind. Sobald man daran zupft, ertönt eine Art Gitarrenklang.
Auffällig auch: Das Armaturenbrett ist in schwingender Wellenform gestaltet, während die weit ausladenden Lüftungsdüsen wie in einer Jukebox gestapelte Schallplatten oder CDs aussehen. Und das runde LED-Licht rund um die Lautsprecher pulsiert im Rhythmus der Musik. Wem das nicht gefällt, der kann es einfach ausschalten oder seine eigene Lieblingsfarbe auf dem Touchscreen auswählen.
Apropos Multimedia. Der Bildschirm ist in der Topausstattung Design mit 15,6 Zoll riesig. Zudem lässt sich das hochauflösende Display per Knopfdruck elektrisch vom Quer- ins Hochformat drehen. Das hat den Vorteil, dass in der Kartenansicht des serienmäßigen Navigationssystems mehr nützliche Informationen angezeigt werden können. An der Material- und Verarbeitungsqualität gibt es nichts auszusetzen, alles wirkt ordentlich.
Kollisionsassistent arbeitet übereifrig
Der Touchscreen ist mit 15,6 Zoll riesig große und drehbar. Foto: © BYDAllerdings gibt es beim Atto 3 nur wenige konventionelle Schalter. Stattdessen muss für viele Bedienfunktionen das Display herhalten: Allerdings sind die Funktionen teilweise in verschachtelten Untermenüs versteckt. Die schnell reagierende und gut funktionierende Sprachsteuerung von BYD sollte eigentlich Abhilfe schaffen, doch die freundliche Frauenstimme verstand bei unserer ersten Begegnung nur englische Kommandos. Mittlerweile sollte aber die deutschsprachige Version per Over-the-Air-Update in alle Atto-3-Modelle eingespielt worden sein. Das Manko ist also behoben.
Der Fahrer blickt auf ein fünf Zoll großes Kombiinstrument. Bis auf die Geschwindigkeitsanzeige ist es allerdings zu klein, denn die winzigen Schriften und Symbole, etwa für die Verkehrszeichenerkennung, sind nur schwer ablesbar. Fahrerassistenzsysteme bietet der BYD ab Werk in Hülle und Fülle. Einige, wie etwa der Kollisionswarner mit Notbremsfunktion, reagieren allerdings etwas voreilig, denn oft geht der Atto 3 zu früh in die Eisen, obwohl der Abstand zum Vordermann noch völlig ausreichend ist und keine Gefahr besteht.
Kraftvoller Antrieb
Der 150 kW (204 PS) starke Elektromotor sorgt für dynamische Fahrleistungen. Foto: © BYDDer 150 kW (204 PS) starke Elektromotor treibt den BYD beeindruckend kraftvoll an und sorgt für dynamische Fahrleistungen. Bei Bedarf beschleunigt der Atto 3 in zügigen 7,3 Sekunden auf 100 km/h und bietet bis zur elektronisch begrenzten Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h eine konstant kraftvolle Performance. Wer es dagegen entspannter angehen lässt und häufig die zweistufige Rekuperation nutzt, kann sich über einen niedrigen Verbrauch von 15,6 kWh freuen. Einen One-Pedal-Drive-Modus, der das Auto automatisch bis zum Stillstand abbremst, sucht man allerdings vergeblich.
Ist das Speicherreservoire erschöpft, lädt der Akku an einer Schnelladestation in 45 Minuten von 10 auf 80 Prozent hoch. Da ist die Konkurrenz deutlich schneller. Recht gemächlich gibt sich der Atto3 auch beim Fahren. Die Lenkung arbeitet ausreichend präzise und in Kurven neigt er ins Wanken. Daher mag der Chinese mehr das ruhige Gleiten. Das Platzangebot im Innern ist geräumig und die maximale Zuladung mit 412 Kilogramm fällt ordentlich aus. Für Gespann-Fahrer eignet sich der BYD hingegen nicht, weil er keine Anhänger ziehen darf.
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Text:
Guido Borck /
handwerksblatt.de
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