Alle müssen ihn nicht lieben, sagt Thilo Holthorff. Zwei bis drei interessierte Bewerber im Jahren reichen ihm. Aktuell beschäftigt der Friedrichshainer Friseur 19 Frauen und Männer.

Alle müssen ihn nicht lieben, sagt Thilo Holthorff. Zwei bis drei interessierte Bewerber im Jahren reichen ihm. Aktuell beschäftigt der Friedrichshainer Friseur 19 Frauen und Männer. (Foto: © Rolf Kremming)

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Nicht einfach Mitarbeiter, sondern die Passenden

Fachkräfte: Konsequent verfolgt ein Berliner Friseur Werte und macht sich so die Mitarbeitergewinnung leichter. Vorher musste er aber radikal die Reißleine ziehen.

Mitarbeiter zu finden ist für die meisten Gewerke schwierig. Die richtigen Mitarbeiter zu finden noch viel schwieriger. Ein Berliner Friseurmeister hat über Werte und Mitarbeiterführung eine Marke aufgebaut, die ihm die Mitarbeitersuche leichter macht.

Den eigenen Azubis sollte es besser gehen

Vielleicht muss es tatsächlich erst grausig werden, bevor es besser wird. Den Eindruck hat zumindest Thilo Holtorff. In einer Teamsitzung machte er 2010 den Vorschlag, dass der erarbeitete Umsatz demjenigen Mitarbeiter zugeschlagen wird, der ihn ausführt – gleich ob Meister, Geselle oder Auszubildender. Dass die alten Hasen sich dafür nicht begeistern konnten, war dem Berliner klar. Er konnte sich aber auch noch gut erinnern, wie schwierig es für ihn selbst als Lehrling war, sich mit 1.200 Mark Lohn in der Hauptstadt durchzuschlagen. Seinen Azubis sollte es besser gehen. Das Team ging schließlich mit einem Kompromiss aus der Besprechung: Im ersten Lehrjahr bleibt der Umsatz beim betreuenden Mitarbeiter, im zweiten Jahr teilen sich Mitarbeiter und Azubi den Umsatz und im Abschlussjahr wird er dem Azubi zugesprochen.

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Gute Fachleute, aber laut Holthoff ohne Teamgeist

Doch schon am nächsten Morgen meinte eine Mitarbeiterin, für sie gelte die Regelung nicht. Der Unmut breitete sich weiter aus. Die Krankschreibungen häuften sich, auch von anderen Angestellten. "Ich fühlte mich regelrecht hintergangen", erzählt der 48-Jährige, der, wie er selbst sagt, den Mitarbeitern jederzeit seine Bilanz offenlegt. Konsequent zog er die Reißleine und entließ sechs Mitarbeiter, die Hälfte seiner damaligen Belegschaft. Gute Fachleute, die aber nicht den Teamgeist besaßen, wie ihn sich Holtorff für den "Haarmacher" wünscht. "Die Zeit war extrem schwierig", erinnert er sich.

Rückblickend hat sich der harte Schnitt gelohnt

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Rückblickend hat sich die Entscheidung gelohnt: Inzwischen arbeiten 19 Menschen in dem Friedrichshainer Geschäft. "Alle ehrlich, leistungsbereit und mit hoher fachlicher Kompetenz", freut Holtorff sich. Viele zudem englischsprachig, weil internationale Kundschaft oft aus der IT-Branche kommt. Holtorff hat Werte und feste Regeln eingeführt. Zum Beispiel wird erst das Geschäftliche mit dem Kunden geregelt und danach über Persönliches geschnackt. Oder: Beim Haare waschen wird nicht gesprochen, damit sich die Kunden entspannen können. Oder: Weiterbildung ist Dienstzeit.

Mit seiner Klarheit ist der christlich geprägte Unternehmer zu einer Marke geworden. Nicht dass Friseure jetzt bei ihm Schlange stehen. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Friseurmeistern würde er Mitarbeiter finden, die seine Berufsauffassung teilen, sagt der Unternehmer: "Mich und mein Team müssen nicht alle lieben, sondern pro Jahr brauchen sich nur zwei, drei für mich interessieren".

Personalberater Jörg Knoblauch überrascht die Geschichte nicht: "Mitarbeiter werden aufgrund fachlicher Qualifikationen eingestellt und wegen charakterlichen Mängeln wieder entlassen." Nicht nur eine ärgerliche, sondern auch eine teure Sache: Mit Lohnkosten, weiteren Ausgaben für Anzeigen und Aufwendungen für die Bewerberauswahl könne eine Fehleinstellung leicht 15 Monatsgehälter kosten. "Ganz abgesehen davon, dass die Stimmung des Betriebes im Eimer ist. Denn schlechte Leistungen muss das gesamte Team ausgleichen." Deshalb hat der Experte einen neunstufigen Einstellungsprozess entwickelt: angefangen bei einem klaren Anforderungsprofil über Aktivierung des eigenen Netzwerkes und einem Telefoninterview vorab bis zu Referenzen von früheren Chefs und Meilensteinen während der Probezeit.

"Wer engagierte Mitarbeiter gewinnen will, die einen Betrieb voranbringen, der muss ihnen auch entsprechende Wertschätzung entgegenbringen", findet der geschäftsführende Gesellschafter von Tempus-Consulting. "Handwerksbetriebe müssen zu Marken werden, etwas Besonderes haben", so Jörg Knoblauch, "und der Inhaber lebt das vor."

"Durchschnittliche Allrounder gibt es an jeder Straßenecke"

"Durchschnittliche Allrounder gibt es an jeder Straßenecke", urteilt Thilo Holtorff, der in dritter Familiengeneration das Friseurhandwerk ausübt. Er selbst gründete ein neues Geschäft, während sein Bruder den Familienbetrieb übernahm. Beim "Haarmacher" gilt das Motto: "Macht, was ihr liebt". Nur wer Leidenschaft für seine Tätigkeit mitbringt, mache sie besonders gut. Kunden es können deshalb gleich mit mehreren Fachleuten zu tun haben. Wichtig ist dem Chef, dass die Übergaben funktionieren. Neben anderen Themen organisiert er dafür monatlich eine Teamsitzung. Im Gegensatz zu großen Ketten kann er seinen Mitarbeitern keine Aufstiegskarrieren anbieten, wie Niederlassungs- oder Regionalleitung. Stattdessen ermöglicht er Spezialisierungen. Eine weitere Differenzierung bietet sich durch verschiedene Arbeitsbereiche: Während die einen im betrieblichen Führungskreis ihren Talenten nachkommen, bilden andere aus und wieder andere bringen sich im Marketing und den Sozialen Medien ein.
Fotos: © Rolf Kremming

Text: / handwerksblatt.de

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