Azubis weiterbeschäftigen: So geht es richtig
Was passiert mit dem Azubi nach der Abschlussprüfung? Das hängt einerseits davon ab, ob er bestanden hat. Und andererseits davon, ob der Chef ihn weiterbeschäftigen will. Ein Arbeitsrechtsexperte klärt auf.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Das Ausbildungsverhältnis endet normalerweise, wenn die vereinbarte Ausbildungszeit abgelaufen ist. Aber endet es früher, wenn die Abschlussprüfung bestanden ist? Und was gilt, wenn der Prüfling durchfällt – verlängert sich die Ausbildungszeit automatisch? Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Christoph Bergwitz gibt Antworten auf diese Fragen.
Ausbildung = Befristetes Arbeitsverhältnis
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Ausbildungsverhältnis um ein befristetes Arbeitsverhältnis, das mit dem Ende der Ausbildungszeit endet . Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor dem offiziellen Ende der Ausbildung, endet das Verhältnis bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss.
Fällt der Kandidat durch die Prüfung, endet die Ausbildung (trotzdem) zum geplanten Datum. Der Auszubildende hat jedoch das Recht, die Ausbildung zu verlängern, um die Prüfung erneut abzulegen. Dies ist bis zu zwei Wiederholungen und maximal für ein Jahr möglich
Nach bestandener Abschlussprüfung
Meist wird die Prüfung vor dem Ende der Ausbildungszeit abgelegt. Legt der Auszubildende die Prüfung mit Erfolg ab, endet das Ausbildungsverhältnis mit der Bekanntgabe des Ergebnisses – und nicht erst am ursprünglich vereinbarten Enddatum (§ 21 Abs. 2 BBiG).
Azubi soll übernommen werden
Will der Chef den Auszubildenden in seinen Betrieb übernehmen, muss er mit ihm einen neuen Arbeitsvertrag schließen. Soll die Übernahme nur befristet erfolgen, muss der Vertrag vor dem ersten Arbeitstag unterschrieben werden (§ 14 Abs. 4 TzBfG).
Achtung: Wird der Azubi nach bestandener Prüfung weiterbeschäftigt, ohne dass ein Vertrag vorliegt, entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (§ 24 BBiG). Das gilt auch, wenn die Weiterbeschäftigung nur für wenige Tage erfolgt und innerhalb der ursprünglichen Ausbildungszeit liegt. In diesem Fall ist eine Befristung ohne sachlichen Grund nicht mehr möglich (§ 14 Abs. 2 S.2 TzBfG). So sieht es auch das Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 479/17).
Azubi soll nicht übernommen werden
Will er den Auszubildenden nicht übernehmen, muss der Chef jede Weiterbeschäftigung nach der Prüfung vermeiden, um kein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Am besten informiert der Betrieb den Auszubildenden schriftlich schon vor der Prüfung über die Entscheidung, ihn nicht zu übernehmen.
Wenn die Abschlussprüfung nicht bestanden wird
Falls der Auszubildende die Prüfung nicht besteht, endet das Ausbildungsverhältnis regulär mit dem geplanten Ausbildungsende (§ 21 Abs. 1 BBiG). Der Azubi kann jedoch verlangen, dass die Ausbildung bis zur nächsten Prüfung verlängert wird – und zwar maximal um ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG). Diese Verlängerung ist ein Recht des Auszubildenden und erfordert keine Zustimmung des Ausbilders.
Sobald die Prüfung bestanden ist, endet das Ausbildungsverhältnis direkt nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Für diesen Fall gelten die gleichen Regeln wie bei der regulären Abschlussprüfung: Der Betrieb muss entscheiden, ob der Azubi übernommen wird oder nicht.
Besteht der Auszubildende auch die Wiederholungsprüfung nicht, endet das Ausbildungsverhältnis mit dem Abschluss dieser Prüfung. Der gescheiterte Kandidat kann aber nach einer nicht bestandenen Wiederholungsprüfung eine weitere Verlängerung verlangen, um eine zweite Wiederholungsprüfung abzulegen. Dies ist jedoch nur innerhalb der maximalen Frist von einem Jahr erlaubt (§ 21 Abs. 3 BBiG). Da die Prüfung nur zweimal wiederholt werden kann (§ 37 Abs. 1 Satz 2 BBiG), endet das Ausbildungsverhältnis spätestens mit der zweiten Wiederholungsprüfung – unabhängig vom Ergebnis (so das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, Az. 5 AZR 622/98).
Fazit
"Ende gut, alles gut? Bei der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung lauern einige Fallstricke", erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Christoph Bergwitz. "Ausbilder müssen daher sorgfältig die unterschiedlichen Fallgestaltungen auseinanderhalten und entsprechend agieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auszubildende nach bestandener Prüfung nicht oder nur befristet übernommen werden soll. Denn eine Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wäre nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes zulässig, da die Ausbildungsdauer im Rahmen der sechsmonatigen Wartefrist des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1 KSchG) mitzählt."
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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