"Wir wollen für Geschäftskunden die Beschaffung so einfach wie möglich machen. Das neue Schlagwort dafür heißt Conrad Sourcing Platform für professionelle Anwender," sagt Ralf Bühler, CEO von Conrad Electronic.

"Wir wollen für Geschäftskunden die Beschaffung so einfach wie möglich machen. Das neue Schlagwort dafür heißt Conrad Sourcing Platform für professionelle Anwender," sagt Ralf Bühler, CEO von Conrad Electronic. (Foto: © Daniel Tkatsch / Conrad)

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"Wir punkten noch mit dem Faktor Mensch!"

Handwerkspolitik

Im Interview: Ralf Bühler, CEO von Conrad Electronic, über Beschaffung für das Handwerk im digitalen Zeitalter.

Seit Jahresanfang ist Ralf Bühler CEO von Conrad Electronic, nachdem er zunächst seit Mai 2019 die Verkaufsgeschäfte verantwortete. Der Vertriebs- und E-Commerce-Experte hat für das fast 100 Jahre alte Familienunternehmen die Devise "B2B first" ausgerufen. Als Verkaufsplattform möchte er Conrad mit seinen rund sechs Millionen Artikeln (inklusive Marktplatz-Anbieter) von über 4.500 Herstellern europaweit an die Spitze führen.

DHB: Conrad Electronic entstand 1923, aber hat erst 1998 eine Business Unit für Geschäftskunden gegründet. Warum so spät?
Bühler:
Sagen wir es so: In dem Jahr haben wir diese wichtige Klientel zum ersten Mal bewusst als eigene Kundengruppe in unser bestehendes Geschäftsmodell integriert. Zwar haben schon immer B2B-Kunden bei Conrad eingekauft, aber erst seitdem haben wir den Fokus auf sie gerichtet.

DHB: Das klingt wie bei anderen Branchen, die auch erst spät Gewerbetreibende als wichtige Zielgruppe erkannt haben. Warum dieser Fokus?
Bühler:
Weil wir für Geschäftskunden die Beschaffung so einfach wie möglich machen wollen. Das neue Schlagwort dafür heißt Conrad Sourcing Platform für professionelle Anwender, wobei wir natürlich nicht unsere Wurzeln bei den Endkunden vernachlässigen. Fokus auf Geschäftskunden oder neudeutsch B2B heißt, wir schaffen zum Beispiel bei der Sortiments- und Technikauswahl auch auf der IT-Seite für diese Klientel optimale Lösungen.

DHB: Lassen sich B2B- und B2C-Kunden eindeutig trennen?
Bühler:
Nein, eine eindeutige Trennung gibt es nicht. Es gab schon immer Privatkunden, die später mit für ihre Firma eingekauft haben, wie auch Firmenkunden, die zunächst nur für das Unternehmen orderten und über die Zeit auch ihren privaten Bedarf deckten. Am Ende geht es eher um unterschiedliche Anforderungen, ob ein Kunde privat oder gewerblich kauft. Aber letztendlich wird das Geschäft sowohl digital wie auch offline immer zwischen Menschen gemacht – und dem tragen wir Rechnung.

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DHB: Sie sprechen auch beim gewerblichen Käufer gern vom Kundenerlebnis. Wie definieren Sie das?
Bühler:
Im Endkundenbereich sind damit gewisse Erwartungen an Lieferfähigkeit, an den Preis oder die Abwicklung gemeint. Ähnlich ist es auf der B2B-Seite, wobei es einen Unterschied macht, ob wir über einen Einzelhandwerker oder ein Großunternehmen reden. Aber bleiben wir bei kleinen Handwerksbetrieben, in denen der Chef alles macht, also auch der Einkäufer ist. Kundenerlebnis ist für uns so definiert, diesen Einkauf so einfach und unkompliziert wie möglich abzuwickeln.

DHB: Handwerker haben aber, abhängig von der Persönlichkeit, aber auch von der Unternehmensgröße her, unterschiedliche Anforderungen …
Bühler:
… die wir mit einem dreistufigen Prinzip erfüllen wollen. Einzelunternehmer oder Kleinbetriebe können auf unserer Website einkaufen, wie sie es von allen Online-Shops gewohnt sind, aber darüber hinaus haben wir für sie Tools wie Angebotsanfragen oder terminierte Aufträge, die für Endkunden nicht üblich sind. Wenn der Betrieb dann Mitarbeiter hat, die selbst einkaufen sollen, aber der Chef weiter die Kontrolle haben will, sind E-Procurement-Lösungen der nächste Schritt. Dann kann der Chef seinen Monteuren Budgets zuweisen, das Angebots- oder Produktsortiment definieren sowie Auswertungen machen. Die Lösung ist nach wie vor browserbasiert und läuft auf jedem Gerät. Wächst das Unternehmen weiter und hat ein eigenes Warenwirtschaftssystem, kann es das vorhandene Bestell- oder ERP-System in unsere sogenannten EDI- oder API-Schnittstellen integrieren.

DHB: Was unterscheidet Conrad von den Wettbewerbern?
Bühler:
Als B2B-Sourcing-Plattform haben wir uns klar fokussiert auf technischen Betriebsbedarf, der vom simplen Kabel bis zur Industriedrohne reicht. Wir sind aber breiter aufgestellt als traditionelle Anbieter. Betriebe können bei uns über den eigenen Bedarf hinaus noch zum Beispiel ihren kompletten IT-Bedarf decken, genauso wie Messtechnikbedarfe, die sie bei Spezialisten finden. Früher nannte sich das One-Stop-Shopping – und das kommt natürlich Handwerkern entgegen, die nicht gerade Zeit im Überfluss haben. Jede Minute, die sie mehr auf der Baustelle oder für den Kunden haben, ist für sie echtes Geld. Wir versuchen daher, Handwerker über unsere Bündelung zu erreichen; über die Vereinfachung der Beschaffung und unser breites Spektrum die Aufmerksamkeit des Kunden zu bekommen. Er kann seinen technischen Bedarf über unsere Website, über unsere Procurement-Lösung oder Warenwirtschaftsanbindung ordern. Außerdem kann er, das ist für Handwerker wichtig, auch bei uns in einen Laden gehen und eine Kombination aus Abholung im Laden und Lieferung an die Baustelle wählen – und das zu den gleichen Konditionen.

DHB: Eine Alternative und damit Konkurrenz sind die globalen Anbieter, die ja im Vergleich zu Ihnen ein noch größeres Sortiment haben!
Bühler:
Das stimmt, denen gegenüber ist unser Sortiment natürlich deutlich schmaler. Aber das kompensieren wir über Services, die sich auf diesen Marktplätzen nicht finden. Wir machen laufende Waren, etwa Kabelmeter, wir machen Kalibrierung von Messtechnik, wir machen industriellen 3D-Druck von Produkten, alles kombiniert mit E-Procurement-Lösungen oder einem Filialbesuch, das unterscheidet uns von großen, globalen Wettbewerbern. Wir punkten noch mit dem Faktor Mensch.

DHB: Sie sehen sich als Vereinfacher der Beschaffung – das machen auch die Wettbewerber.
Bühler:
Aber nicht mit dieser Tiefe. Natürlich versuchen wir alle, den Standard zu erfüllen. Wir sind aber klar darauf fokussiert, eher im C-Teile-Bereich, in dem Bereich mit kleineren Stückzahlen, zu Hause zu sein, und haben frühzeitig gelernt, dass es nicht den einen Kunden gibt, der alles definiert. Unsere Kunden kaufen genau dann, wenn sie es brauchen. Diesen Bedarf können sie nicht standardmäßig planen, weil er oft aus einem Fehler – man hat etwas vergessen oder etwas geht kaputt – heraus entsteht. Die Kür ist, diesen kurzfristigen Bedarf sofort zu decken und nicht nur Standardprodukte zu liefern.

DHB: Sie locken Ihre Kunden mit Ihrer Beratungsexpertise. Auch in den Bereichen, in denen Spezialisten bei Ihnen einkaufen?
Bühler: Beratung ist nicht gleich Beratung. Wenn wir mit einem professionellen Anwender sprechen, geht es in den seltensten Fällen darum, ihm zu erklären, wie er das Produkt noch besser einsetzt, sondern darum, wie er trotz der Produktvielfalt den Überblick behält oder sogar Produktneuheiten ausprobieren kann.

DHB: Sie setzen dafür künstliche Intelligenz (KI) ein. Das geht in den Bereich, mittels künstlicher Intelligenz dem Kunden Knowhow zu vermitteln.
Bühler: Ja, heute macht die KI das, was wir früher händisch selbst gemacht haben, was angesichts der Komplexität und Produktvielfalt auch gar nicht mehr anders geht. Wir haben uns daher sehr frühzeitig damit beschäftigt, wie man mit Automation und Technik, das mündet in KI, diesen Prozess weitgehend unabhängig von uns laufen lassen kann. Wir haben einen relativ guten maschinenwürdigen KI-Ansatz gefunden, der Produkte auf der Basis von Kategoriezuordnungen und technischen Parametern als Alternativen generieren und einbauen kann. Die Maschine ist selbstlernend.

DHB: Trotz aller Digitalisierung haben Sie erst im letzten Jahr, mitten in der Pandemie, in Hürth bei Köln einen stationären B2B-Standort eröffnet. Warum?
Bühler: Trotz aller digitalen Möglichkeiten sind wir überzeugt, dass nur ein echter Omni-Channel-Ansatz den meisten Wert für den Kunden schafft. Wir glauben auch, dass der stationäre Handel weiter Sinn macht, und zwar als Verlängerung des Online-Modells, also etwa eine sofortige Verfügbarkeit des Produkts vor Ort oder um Technik auszuprobieren. Wir haben in Hürth eine kleine Teststation, um Industriedrohnen zu testen. Wer gibt 10.000 Euro für eine Industriedrohne aus, ohne sie einmal auszuprobieren? Auch die Abholung von Waren ist ein Wert, den wir beibehalten wollen. Fachberatung zählt natürlich auch dazu. Die Verbindung aus online und alles, was online kann – Bestellung von größeren Produktmengen, Staffelpreise, Terminaufträge, E-Procurement-Lösungen – ergänzt um sofortige Verfügbarkeit, Fachberatung, 24/7-Service, das ist nach unserer Überzeugung der richtige Weg. Deshalb haben wir in der Pandemie den Store eröffnet – und wir werden auch weiterhin neue Store-Formate testen. Es gibt noch ganz viel, wo auch der Stationärhandel seinen Beitrag leisten kann.

Das Interview führte Stefan Buhren.

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Text: / handwerksblatt.de

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