Frühjahrsprojektion: "Ein Mutmacher trotz ernster Infektionslage"
In ihrer Frühjahrsprojektion korrigiert die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose nach oben. Das Handwerk warnt vor zu viel Optimismus und fordert weitere Hilfsgelder für die Betriebe.
Die Bundesregierung blickt optimistisch in die Zukunft. In ihrer Frühjahrsprojektion hat sie ihre Konjunkturprognose nach oben korrigiert. Sie rechnet jetzt mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts von 3,5 Prozent. Bisher war sie von einem Wachstum von 3,0 Prozent ausgegangen. Für das kommende Jahr erwartet die Regierung ein Zuwachs von 3,6 Prozent
Grund für den Optimismus: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Corona-Beschränkungen im Laufe des zweiten Quartals schrittweise gelockert werden können, was zu einer "deutlichen Erholung der Binnenwirtschaft und der privaten Konsumausgaben" führen soll. Außerdem seien die Industriekonjunktur und die Nachfrage nach deutschen Waren im Ausland mit einem Anziehen der Exporte um 9,2 Prozent wichtige Faktoren.
Bauinvestitionen sollen weiter steigen
Wegen niedriger Zinsen und des großen Bedarfs an Wohnraum sollen die Bauinvestitionen weiter steigen. "Allerdings hatte das Baugewerbe durch schlechte Witterungsbedingungen einen schwachen Start ins Jahr, was zu einer Dämpfung der Jahreswachstumsrate führt", so die Regierung. Demnach sollen die Bauinvestitionen im laufenden Jahr um 1,4 Prozent steigen und 2022 nochmal um 2,8 Prozent. Ebenfalls nachfragestützend wirkten die Ausgaben für staatliche Investitionen.
Angesichts der heftigen Konjunkturkrise habe sich der Arbeitsmarkt "sehr robust" gezeigt. Ab dem zweiten Quartal seien deutliche Zuwächse der Erwerbstätigkeit zu erwarten. Das führe in diesem Jahr zu einem leichten Rückgang der Beschäftigten um 60.000 Personen. "Im kommenden Jahr dürfte sich dann ein Beschäftigungsaufbau um 290.000 Personen einstellen."
Weltwirtschaft erholt sich
Nach der heftigen pandemiebedingten Rezession der Weltwirtschaft im vergangenen Jahr erhole sich die Weltwirtschaft wieder, in erster Linie wegen einer "starken wirtschaftlichen Dynamik in Asien und kräftigen Impulsen infolge umfangreicher Konjunkturprogramme in den Vereinigten Staaten". Die Bundesregierung erwartet deswegen in diesem Jahr eine Erholung der Weltwirtschaftsleistung um 5,7 Prozent und einen weiteren Anstieg um 4,6 Prozent im nächsten Jahr.
Trotz der derzeit ernsten Infektionslage sei die Frühjahrsprojektion ein Mutmacher, sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). "Spätestens 2022 werden wir unsere alte Stärke wieder erreicht haben. Unsere Wirtschaft ist stark, robust und startklar für den Neustart."
Lage nach wie vor schwierig
Hans Peter Wollseifer Foto: © ZDH/SchueringHans Peter Wollseifer warnt allerdings vor zu viel Optimismus: "Auch wenn die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr leicht anhebt, so kann das nicht über die nach wie vor schwierige konjunkturelle Lage in Deutschland und auch für viele unserer Handwerksbetriebe hinwegtäuschen“, so der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Der positive Effekt sei vor allem auf die sich erholende globale Konjunktur zurückzuführen, "während die Binnenkonjunktur und damit auch zahlreiche Handwerksbetriebe weiter tief gezeichnet sind von den Folgen der Corona-Pandemie."
Wollseifer kritisiert das "zu kurzfristig ausgerichtete politische Management", das zusammen mit den bisher uneinheitlichen Strategien der Länder bei der Pandemiebekämpfung zu einer Belastung der Betriebe geführt hätte. Viele stünden unverschuldet kurz vor dem Aus. Er befürchtet einen Verlust von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und fordert weitere finanzielle Unterstützung: "Hilfsgelder müssen sie unbürokratisch in der Antragsstellung und schnell in der Auszahlung erreichen."
Verlustrücktrag verlängern
Um die Liquidität der Betriebe zu stützen, sollte die Politik zudem endlich den Weg frei machen für steuerliche Ad-hoc-Maßnahmen, wie eine deutliche Verlängerung des Verlustrücktrags.“ Es bleibe ein Rätsel, warum das Finanzministerium diesen einfach umzusetzenden Vorschlag des Handwerks nicht längst aufgegriffen hat. Außerdem bräuchten die Betriebe Planungssicherheit und eine verlässliche Öffnungsperspektive. Um das zu erreichen, müsse das Impftempo deutlich erhöht werden.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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