"Wir wollen die Sorgfaltspflicht ausweiten, dies aber gleichzeitig mit einem breiten Dialog verbinden. Dazu gehört, dass bereits existierende freiwillige Schemata berücksichtigt werden", sagt Bernd Lange.

"Wir wollen die Sorgfaltspflicht ausweiten, dies aber gleichzeitig mit einem breiten Dialog verbinden. Dazu gehört, dass bereits existierende freiwillige Schemata berücksichtigt werden", sagt Bernd Lange. (Foto: © Waldemar Salesski)

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"Wir werden nichts verlangen, was KMU nicht leisten können"

Tim Krögel, Leiter der Vertretung des ZDH bei der Europäischen Union, hat mit dem Europaabgeordneten Bernd Lange über Nachhaltigkeit in Lieferketten gesprochen.

Im Brüsseler Handwerksgespräch hat Tim Krögel, Leiter der Vertretung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks bei der EU, mit dem SPD-Europaabgeordneten und Handelsexperten Bernd Lange über dessen Einschätzungen und Positionen zur Rolle von Importeuren, zu angemessenen Berichtspflichten für kleine und mittlere Unternehmen und zum Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten gesprochen.

Krögel: Herr Lange, hat das Europäische Parlament beim Thema Berichterstattungspflicht die drohenden Lasten für Handwerk und Mittelstand vor Augen?
Lange:
Ja, natürlich. Es gibt seltene Fälle, in denen Handwerkerinnen und Handwerker ihre Rohstoffe direkt vor Ort beziehen. Wo es so ist, müssen etwa die Goldschmiedin oder der Goldschmied natürlich darüber Auskunft geben, woher sie ihr Gold bekommen. In den meisten Fällen sind jedoch die Importeure die entscheidende Größe. Für den nachgelagerten Handwerksbetrieb sollte ein vom Importeur ausgestellter Nachweis ausreichen. Der Importeur sollte dann auch für weiterführende Fragen zur Herkunft seines Produktes zur Verfügung stehen, jedenfalls darf er diese Aufgabe nicht auf den kleinen Handwerksbetrieb um die Ecke abwälzen. Allerdings bin ich gegen eine pauschale KMU-Ausnahme. Unser risikobasierter Ansatz soll die Tatsache abbilden, dass für Unternehmen in manchen Sektoren – unabhängig von ihrer konkreten Größe - die Risiken für Verstöße einfach höher sind als in anderen. Handwerksbetriebe dürften hiervon in aller Regel ausgenommen sein.

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Krögel: Der Entwurf von EU-Justizkommissar Didier Reynders wird für diesen Sommer erwartet. Können Sie unsere Betriebe beruhigen, dass sie nicht zum Kollateralschaden einer derart groß angelegten Gesetzgebungsinitiative werden?
Lange:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Vorschlag die gesamte Wertschöpfungskette von Unternehmen betrachten wird. Mit einer begrenzten Haftung gegenüber dem direkten Zulieferer wird es also nicht getan sein, allerdings sollen die daraus entstehenden Berichtspflichten angemessen sein. Wir werden nichts verlangen, was KMU nicht leisten können. Wir wollen die Sorgfaltspflicht ausweiten, dies aber gleichzeitig mit einem breiten Dialog verbinden. Dazu gehört, dass bereits existierende freiwillige Schemata berücksichtigt werden. Ich kann Ihnen versichern, dass das kein Schnellschuss wird. Wir können auf vorangegangenen ähnlichen Arbeiten aufbauen, etwa zum Konfliktmineraliengesetz. Es geht nicht darum, unsere Standards auf andere Länder und Regionen zu übertragen. Nachweispflichten, die über international anerkannte Standards, wie zum Beispiel die ILO-Kernarbeitsnormen hinausgehen, sind illusorisch. Bei überzogenen Berichtspflichten droht den Ländern, aus denen die Rohstoffe exportiert werden, ein Cut-and-Go-Szenario: Investoren könnten ihre Gelder abziehen, die Menschen vor Ort ihre Jobs verlieren. Damit wäre niemandem geholfen.

Krögel: Im Raum steht auch immer wieder die Frage nach einer möglichen zivilrechtlichen Haftung für Unternehmen. Was ist Ihre Meinung dazu?
Lange:
Die Frage nach der zivilrechtlichen Haftung unterliegt der nationalen Kompetenz, das vorweg. Daher finden Sie dazu auch nichts im Bericht des Europäischen Parlaments. Allerdings stellt sich die Frage der Sanktionierbarkeit. Wir sind der Auffassung, dass staatliche Stellen die Möglichkeit haben müssen, gegen das betreffende Unternehmen Strafgelder zu verhängen. Dabei geht es um die Verletzung von Sorgfaltspflichten, die geahndet werden müssen, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt.

Die Fragen stellte Tim Krögel

Text: / handwerksblatt.de

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