NRW darf Corona-Hilfen nicht zurückfordern, obwohl Empfänger verzichteten
NRW hatte Empfänger von Corona-Soforthilfen in einem Rückmeldeverfahren zu einem Verzicht auf die Hilfen gedrängt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilte nun, dass es trotzdem kein Geld zurückverlangen darf.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Corona-Schutz im Betrieb
Nordrhein-Westfalen hat Bürger, die von Corona-Soforthilfen bekamen, durch eine bestimmte Formulierung zu einem Verzicht auf die Hilfen veranlasst. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen machte dem Land aber einen Strich durch die Rechnung.
Die Fälle
Das Land NRW hatte im März und April 2020 an Soloselbstständige und kleine Unternehmen Soforthilfen in Höhe von 9.000 bis 25.000 Euro ausgezahlt, um die Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Später forderte es in einem Rückmeldeverfahren die Empfänger auf, Angaben zu ihren Einnahmen und Ausgaben im Förderzeitraum zu machen. Aus diesen errechnete es einen sogenannten Liquiditätsengpass, setzte in einem Schlussbescheid die Höhe der Soforthilfe neu fest und forderte von einigen Empfängern einen Teil des Betrages zurück.
In den verhandelten Fällen hatten die Unternehmer beim Rückmeldeverfahren ein Feld im Formular angekreuzt, das (auszugsweise) wie folgt beschriftet war:
"Im Förderzeitraum hatte ich keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen und erkläre deshalb unwiderruflich, dass ich die mit dem Bewilligungsbescheid gewährte Soforthilfe (einschließlich fiktivem Unternehmerlohn) nicht in Anspruch nehme."
Die Unternehmen erhielten daher keinen Schlussbescheid. Stattdessen forderte das Land die Soforthilfe von ihnen in voller Höhe zurück, weil sie den Verzicht erklärt hätten.
Die Urteile
Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen stellte klar, dass die Rückforderung rechtswidrig war und hob die Bescheide auf.
Die Unternehmer hätten nicht wirksam auf die Soforthilfe verzichtet, begründete es seine Urteile. Die Erklärung im Rahmen des Rückmeldeverfahrens sei nicht freiwillig erfolgt und daher kein Verzicht. Denn der Aufbau des Formulars und die Beschriftung des Ankreuzfeldes suggerierten, dass die Unternehmen mangels eines Liquiditätsengpasses auf die Soforthilfe verzichten müssten.
Kein Verzicht, weil nicht freiwillig
Dies traf laut Gericht aber nicht zu. Wegen des wiederholten Hinweises, falsche Angaben seien strafbar, habe das Land zusätzlichen Druck ausgeübt, den vermeintlichen Verzicht abzugeben. Die Erklärung könne auch deshalb nicht als freiwilliger Verzicht verstanden werden, weil es für die Unternehmer keinerlei Grund gegeben habe, einen solchen abzugeben. Ein solcher sei für sie nämlich ausschließlich von Nachteil. Allein das Land würde profitieren.
Beim VG Gelsenkirchen sind noch rund 30 weitere Klagen gegen Rückforderungsbescheide wegen eines vermeintlichen Verzichts auf die Soforthilfe anhängig.
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteile vom 26. November 2024, Az. 19 K 5722/23 und 19 K 3380/24
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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