"Ob und wann ein wasserstoffnutzendes Heizsystem in den Gebäuden in der Fläche zum Einsatz kommt, hängt von der Effizienz entsprechender Lösungsansätze und von den Entwicklungskosten ab, die damit verbunden sind", sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.

"Ob und wann ein wasserstoffnutzendes Heizsystem in den Gebäuden in der Fläche zum Einsatz kommt, hängt von der Effizienz entsprechender Lösungsansätze und von den Entwicklungskosten ab, die damit verbunden sind", sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. (Foto: © Boris Trenkel)

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Wasserstoff: Ohne Handwerk geht es nicht

Handwerkspolitik

Wasserstoff wird künftig wichtiger Teil des ökonomischen Systems sein. Die Integration gelingt aber nur mit dem Handwerk, sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, im Interview.

Die technische Integration von Wasserstoff für Haushalte, Unternehmen und Kommunen obliegt dem Handwerk. Dafür fordert der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke, Unterstützung der Politik, um Betriebe für diese Herausforderungen fit zu machen.

DHB: Aktuell wird intensiv über Wasserstoff diskutiert. Wasserstoff soll zukünftig ein wichtiger Baustein auf dem Weg in eine fossilfreie Wirtschaft sein. Inwieweit ist das Handwerk davon betroffen? Ist das nicht eher ein Thema für die Industrie?
Schwannecke:
Das Handwerk hat viele Bezüge zu Wasserstoffanwendungen – sei es als unmittelbarer Nutzer oder aber in der Funktion als zentrale Schnittstelle zwischen Industrie und Kunden. Zahlreiche Gewerke sind gefragt, um zukünftige wasserstofftaugliche Anlagen der Chemie- und Stahlindustrie zu bauen und zu warten. Auch für künftige denkbare Anwendungen im Energie- und Mobilitätsbereich bei privaten und gewerblichen Nutzern wird das Handwerk gebraucht. Und Handwerkerinnen und Handwerker gehören natürlich auch selbst zum Kreis derer, bei denen Wasserstofftechnologien zum Einsatz kommen können, voraussichtlich zunächst bei Nutzfahrzeugen mit Brennstoffzellen und zukünftig bei Bau- und Landmaschinen. Wasserstoff ist ein faszinierender, aber auch herausfordernder Stoff: Damit die Potenziale dieses Stoffes auch voll genutzt werden, braucht es die Profis aus dem Handwerk.

DHB: Ist nun Wasserstoff oder Elektromobilität die eigentliche Zukunftstechnik im Mobilitätsbereich, auf die wir uns einstellen müssen?
Schwannecke:
Technologien müssen nach ihrer Marktgängigkeit, Leistungsfähigkeit und Umweltgerechtigkeit beurteilt werden – und am Ende sind es ohnehin die Nutzer, die darüber in den jeweiligen Anwendungsbereichen entscheiden. Die wägen ab, mit welcher Technologie sich positive Klimaeffekte am effizientesten erzielen lassen und gleichzeitig die notwendige Leistungsfähigkeit sichergestellt ist. Elektromobilität – im Sinne der Batterieelektrik – setzt sich besonders im Mobilitätsbereich immer mehr durch, zumal in den vergangenen Jahren in vielen Anwendungsbereichen des Handwerks die Angebote immer passfähiger geworden sind. Der Einsatz von Wasserstoffbrennstoffzellen ist zukünftig etwa auch dort denkbar, wo hohe Anforderungen an Leistung, Reichweite und Zuverlässigkeit bei jedem Wetter und Untergrund stehen. Damit wären sie dann insbesondere auch für schwere Nutzfahrzeuge, Bau- und Landmaschinen geeignet. Ob sie darüber hinaus auch in anderen Fahrzeugklassen breiter angewendet werden können, hängt auch davon ab, wie sich die Verfügbarkeit von Wasserstoff zukünftig gestaltet, zum Beispiel ob sich ein großer Importmarkt für Wasserstoff aus Regionen mit geringen Herstellungskosten entwickelt.

DHB: Für das Handwerk ist sicherlich auch wichtig, inwieweit Wasserstoff im Bereich der Gebäudetechnik Anwendung findet. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Schwannecke:
Heizen mit Wasserstoff ist mittlerweile auf verschiedene Art und Weise möglich. Für Wohn- und Nichtwohngebäude eignen sich dafür prinzipiell auch Brennstoffzellen. Besonders nachhaltig und umweltfreundlich sind Brennstoffzellen jedoch dann, wenn sie mit einer Photovoltaikanlage verbunden sind. Doch es ist auch der Gasbetrieb möglich. Hierzu müsste der Wasserstoff, der für den Betrieb der Brennstoffzelle nötig ist, über das Gasnetz in das Gebäude geliefert werden. Das würde allerdings voraussetzen, die vorhandene Gasinfrastruktur zunächst entsprechend zu ertüchtigen. Es ist aber zu erwarten, dass sich gerade auch im Wärmebereich letztlich die Technologien durchsetzen werden, die für das jeweilige Gebäude oder den Gebäudeverbund am effizientesten betrieben werden können. In jedem Fall braucht es umfassende Kenntnisse, um wasserstoffbetriebene Heizsysteme zu planen, zu installieren und zu warten. Das Sanitär-, Heizungs- und klimatechnische Handwerk, das Elektrohandwerk und das informationstechnische Handwerk wie aber auch die Anlagenbauer sind hierbei die entscheidenden Gewerke.

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DHB: Wagen Sie eine Prognose, wann wir mit Wasserstoff heizen werden?
Schwannecke:
Ob und wann ein wasserstoffnutzendes Heizsystem in den Gebäuden in der Fläche zum Einsatz kommt, hängt von der Effizienz entsprechender Lösungsansätze und von den Entwicklungskosten ab, die damit verbunden sind. So ist beispielsweise der eigenstrombasierte Betrieb einer Brennstoffzelle nur dann möglich, wenn das Dach nicht verschattet ist. Hier sind noch längst nicht alle technischen Herausforderungen geklärt. Deshalb ist es so wichtig, dass die Politik im Gebäudebereich weiter auf strikte Technologieoffenheit und unternehmerische Innovationsstärke setzt, so dass schließlich die Technologielösung zur Anwendung kommt, die sowohl für den Klimaschutz wie aber auch die Versorgungssicherheit am effizientesten ist.

DHB: Was erwartet das Handwerk beim Thema Wasserstoff in der neuen Legislaturperiode von der Politik?
Schwannecke:
Zum einen Technologieoffenheit und eine ergebnisoffene Prüfung aller Anwendungsfelder der Wasserstofftechnologie: Dazu gab es am Ende der letzten Legislaturperiode gute Ansätze durch gezielte Forschungs- und Förderprogramme. Am HyStarter-Projekt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur war der ZDH über den Projektträger NOW beteiligt und hat analysiert, wo das Handwerk bisher einen Bezug zur Wasserstofftechnik hat. Die Wahlprogramme fast aller Parteien haben das Wasserstoffthema aufgegriffen: mal breit gefächert, mal auf bestimmte Anwendungsfelder verengt. Wir setzen uns für die Fortsetzung einer offenen Strategie ein. Zum anderen erwarten wir von der Politik Mittelstandsgerechtigkeit: Beim Übergang zur fossilfreien Wirtschaft wird Wasserstoff in jedem Fall ein wichtiger Teil unseres ökonomischen Systems werden: in der Chemie, bei der Stahlerzeugung, bei der Zementproduktion, bei der Mobilität und Haustechnik oder bei der Energiespeicherung. Doch um all das umzusetzen, braucht es das Handwerk. Nur mit Handwerkerinnen und Handwerkern werden wir das erfolgreich bewerkstelligen können. Um Betriebe und Fachkräfte für die He-rausforderungen fit zu machen, muss die Politik sie dabei unterstützen, einerseits die berufliche Ausbildung stärker zu fördern und andererseits entsprechende Qualifikationsangebote weiterzuentwickeln.

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Text: / handwerksblatt.de

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