In diesem Herbst dürfen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro brutto freuen. Auch Selbstständige erhalten die Pauschale, die Teil des Steuerentlastungsgesetzes 2022 ist und die massiv gestiegenen Energiepreise abfedern soll. Entlasten sollen außerdem die Anpassung des Grundfreibetrags und des Werbungskostenpauschbetrags, ein Kinderbonus von 100 Euro und die vorzeitige Anhebung der Pendlerpauschale.
Jetzt liegt der Ball bei den Arbeitgebern, denn sie müssen die Auszahlung der Energiepreispauschale abwickeln und den bisher getätigten Lohnsteuerabzug nachträglich korrigieren. Immerhin konnten Verbände wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in mehreren Hintergrundgesprächen mit dem Bundesfinanzministerium und den Fraktionen verhindern, dass es bei der Energiepreispauschale zu einer Vorfinanzierung durch die Arbeitgeber kommt. So war es nämlich ursprünglich im Gesetz vorgesehen. Jetzt erfolgt bei der Auszahlung der Energiepreispauschale (EEP) im September eine Verrechnung mit der Lohnsteuer-Anmeldung am 10. September für August 2022.
Arbeitgeber wickeln Transferleistungen für den Staat ab: "Das muss eine Ausnahme bleiben"
Für die Arbeitgeber bedeuten die Energiepreispauschale und die rückwirkende Erhöhung des Grundfrei- und des Werbungskostenpauschbetrags trotzdem zusätzliche Arbeit und einen nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand. Die Hersteller der Lohnabrechnungsprogramme gerade mit Hochdruck daran, die Programme entsprechend zu ändern, damit die Abwicklung einigermaßen unproblematisch erfolgt.
Carsten Rothbart, Leiter der Abteilung Steuer- und Finanzpolitik beim ZDH, hält die unterjährige Entlastung der Bürgerinnen und Bürger angesichts der galoppierenden Inflation für richtig. Er betont aber, dass es "eine absolute Ausnahme" bleiben müsse, dass Arbeitgeber die Zahlungen von Transferleistungen des Staates an die Bürger übernehmen. Beim geplanten "Klimageld" müsse sich die Bundesregierung eine andere Lösung überlegen. Die Bundesregierung geht immerhin von einem "Erfüllungsaufwand" für die Wirtschaft in Höhe von 225 Millionen Euro aus.
Welche Arbeitnehmer erhalten die Energiepreispauschale?
Auch Azubis bekommen die Energiepreispauschale. Foto: © goodluz/123RF.comAllen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Steuerklassen I bis V, die sich zum Stichtag 1. September 2022 in einem Dienstverhältnis befinden (also auch Auszubildende, Eltern in Elternzeit, Frauen im Mutterschutz oder Werksstudenten), sowie Minijobbern und kurzfristig Beschäftigten, die ihren Arbeitslohn pauschal versteuern, wird die Pauschale über ihren Arbeitgeber mit dem Lohn und Gehalt ausgezahlt.
Wer vor dem 1. September aus einem Dienstverhältnis ausscheidet und keine neue Arbeit beginnt, kann sich die Energiepreispauschale über die persönliche Einkommensteuererklärung sichern. Allgemein kann man sagen, dass alle Erwerbstätigen, die 2022 Einkünfte bezogen haben, anspruchsberechtigt ist.
Wann und wie müssen Arbeitgeber die 300 Euro (brutto) auszahlen?
Arbeitgeber zahlen die Pauschale ab September 2022 zusätzlich zum Lohn aus. Dazu vermerkt der Arbeitgeber auf der Lohnsteuerbescheinigung den Großbuchstaben "E". Die Pauschale ist sozialabgabenfrei, aber steuerpflichtig. Bei zusammen veranlagten Ehepartnern bekommen nur dann beide die EPP, wenn auch beide anspruchsberechtigt sind.
Bei der Auszahlung der Energiepreispauschale im September erfolgt eine Verrechnung mit der Lohnsteuer-Anmeldung am 10. September für August 2022.
Bei pauschal besteuerten Minijobs sind die 300 Euro steuerfrei.
Wahlrecht:
Wenn Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht monatlich, sondern vierteljährlich abführen, lässt sich die Energiepreispauschale auch im Oktober 2022 auszahlen. "Quartalsanmelder" verrechnen den Betrag für die Energiepreispauschale dann mit dem Gesamtbetrag der für das dritte Quartal einzubehaltenden Lohnsteuer. Dies erfolgt in der Lohnsteuer-Anmeldung, die bis zum 10. Oktober 2022 abzugeben ist.
Wer die Lohnsteuer nur jährlich abführt, der kann auch vollständig auf die Auszahlung verzichten. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale dann über die persönliche Einkommensteuererklärung.
Besonderheit bei Minijobbern
Geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte müssen dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass die geringfügige Beschäftigung ihr erstes Dienstverhältnis ist. Damit soll verhindert werden, dass die Energiepreispauschale doppelt ausbezahlt wird, wenn jemand mehrere Minijobs hat. Die Bescheinigung muss der Arbeitgeber zum Lohnkonto nehmen. "Dazu reicht ein formloser Zweizeiler an den Arbeitgeber", erklärt ZDH-Steuerexperte Rothbart.
Die Bestätigung kann laut Bundesfinanzministerium so formuliert werden:
"Hiermit bestätige ich ………………….. (Arbeitnehmer), dass mein am 1. September 2022 bestehendes Dienstverhältnis mit ………………… (Arbeitgeber) mein erstes Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) ist. Mir ist bekannt, dass bei einer unrichtigen Angabe der Tatbestand einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit vorliegen kann."
Auf den Seite den Bundesfinanzministeriums gibt es einen Fragen- und Antworten-Katalog (FAQ) zur Energiepreispauschale. Dort steht unter anderem, dass die 300 Euro Energiepreispauschale nicht in die 450-Euro-Grenze einbezogen wird. Nein. "Die EPP ist kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt."
Was, wenn der Arbeitgeber nur Minijobber beschäftigt?
Gibt ein Arbeitgeber keine Lohnsteuer-Anmeldung ab, weil er zum Beispiel ausschließlich Minijobber beschäftigt, entfällt für ihn die Verpflichtung, die Energiepreispauschale auszuzahlen. Die Minijobber können die Energiepreispauschale dann nur im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2022 geltend machen.
Wie kommen Arbeitgeber an ihr Geld und wann?
Die Energiepreispauschale wird mit der Lohnsteuer verrechnet. "Der Arbeitgeber führt also einfach weniger Lohnsteuer an das Finanzamt ab. Müssen Arbeitgeber mehr EPP an Arbeitnehmer auszahlen, als diese Lohnsteuer zahlen, bekommen sie die Differenz vom Finanzamt", erklärt Steuerberaterin Magdalena Glück aus Dingolfing.
Wie und wann bekommen Selbstständige die Pauschale?
Steuerberaterin Magdalena Glück. Foto: © EcovisNeben Arbeitnehmern bekommen auch Selbstständige, Gewerbetreibende und Landwirte die Pauschale. Bei ihnen gilt die EPP als sonstige Einkünfte. Sie erhalten die Pauschale, indem die für das dritte Quartal bereits festgesetzten Vorauszahlungen für den 10. September 2022 um jeweils 300 Euro gekürzt werden.
"Erfolgt keine Vorauszahlung, dann lässt sich der Betrag erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigen. Das passiert dann automatisch", sagt Steuerberaterin Glück, "ein besonderer Antrag ist nicht nötig."
Bei Selbstständigen mit kleineren Einkommen, also beispielsweise Solo-Selbstständigen, für die für den 10. September 2022 weniger als 300 Euro an Vorauszahlungen festgesetzt wurden, mindert die Energiepreispauschale die Vorauszahlungen auf 0 Euro.
Eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung für den 10. Dezember 2022 ist nicht vorgesehen. "Kleinere Unternehmen können deshalb erst nach Bearbeitung der Jahressteuererklärung 2022 – also gegebenenfalls erst Mitte 2023 – mit dem Zuschuss rechnen", erklärt der Deutsche Steuerberaterverband.
Was ist mit Rentnerinnen und Rentnern?
Rentnerinnen und Rentner bekommen die EEP nicht. Es sei denn, sie haben 2022 einen Minijob. Die Dauer des Minijobs ist dabei unerheblich. "Es muss sich aber um ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis handeln und kein Gefälligkeitsvertrag", betont ZDH-Steuerexperte Rothbart. Die Arbeitsverträge müssen also dem Fremdvergleich standhalten und wirksam durchgeführt werden.
Wie viel bleibt am Ende von den 300 Euro übrig?
Die EEP unterliegt dem persönlichen Einkommensteuertarif. Menschen mit einem geringen Einkommen müssen davon also nichts oder weniger versteuern als Menschen mit einem hohen Einkommen. Im Schnitt bleiben den Empfängern 226 Euro", sagt Steuerberaterin Magdalena Glück. "Neben der Einkommensteuer mindern manchmal auch Zuschlagsteuern wie die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag die Pauschale weiter."
Bei einer Familie mit zwei Kindern (beide Eltern erwerbstätig, Jahresgehalt jeweils 35.000 Euro) rechnet das Bundesfinanzministerium damit, dass sich die 600 Euro brutto mit einem Plus von rund 430 Euro (netto) auf dem Familienkonto bemerkbar machen.
Für eine Selbstständige, die in 2022 ein zu versteuerndes Einkommen von rund 42.000 Euro hat, bedeutet das eine Entlastung von 195 Euro netto.
Weitere Entlastungen 2022
Neben der Energiepreispauschale gibt es weitere Entlastungen, die die stark steigende Inflation ein Stück weit abfedern sollen. Insgesamt ist eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in Höhe von rund 4,46 Milliarden Euro für 2022 vorgesehen.
Grundfreibetrag:
Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer steigt rückwirkend zum 1. Januar 2022 von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro. Alle Einkommensteuerpflichtigen werden so entlastet.
Arbeitnehmerpauschbetrag:
Der Arbeitnehmerpauschbetrag (auch Werbungskostenpauschbetrag) steigt ebenfalls rückwirkend deutlich um 200 Euro auf 1.200 Euro.
Lohnsteuerabzug:
Dass die Bundesregierung den Grundfreibetrag und des Arbeitnehmerpauschbetrag unterjährig anpasst ist die Ausnahme und liegt an der stark steigenden Inflation. Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie den bisher für 2022 vorgenommenen Lohnsteuerabzug korrigieren müssen, wenn ihnen das – was die Regel ist – wirtschaftlich zumutbar ist.
Entfernungspauschale:
Für Pendler mit langen Fahrtwegen zum Arbeitsplatz dürfte interessant sein, dass die Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um drei Cent auf 0,38 Euro pro Kilometer steigt. Die Anhebung war ursprünglich erst ab 2024 vorgesehen, wird jetzt aber auf die Jahre 2022 und 2023 vorgezogen.
Kinderbonus:
Außerdem gibt es in diesem Jahr einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 100 Euro. Einen Anspruch darauf hat jedes Kind, für das im Juli 2022 Kindergeld bezogen wird. Der Kinderbonus wird allerdings mit dem Kinderfreibetrag verrechnet.
Als Zeitpunkt der Auszahlung ist aktuell der Juli vorgesehen, meldet die Bundesagentur für Arbeit (BA) und betont, dass der Kinderbonus nicht beantragt werden muss – die Auszahlung erfolgt automatisch.
Tankkosten:
Autofahrer profitieren von der befristeten Senkung der Energiesteuern für Kraftstoffe für drei Monate
Stromkosten:
Durch das Abschaffen der EEG-Umlage gib es zum 1. Juli 2022 eine steuerliche Entlastung. Bei einem erwerbstätigen Single sollen das rund 35 Euro Ersparnis sein, so das Bundesfinanzministerium. Bei einer Familie mit zwei Kindern etwa 76 Euro.
Grundsicherung:
Empfänger von Sozialleistungen erhalten im Sommer 2022 einmalig 200 Euro. "Die Leistungen werden von Amts wegen bewilligt und es wird ein eigener Bescheid für die Einmalzahlung erstellt. Ein gesonderter Antrag beim Jobcenter muss nicht gestellt werden", meldet die BA.
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
16 Kommentare
Kommentar schreiben