Übers Praktikum zum Traumjob: Anna Liedke (Foto Mitte) startet nach einem Schnuppertag am Girls’Day und anschließendem Praktikum ihre Ausbildung im Betrieb des Obermeisters der Maler- und  Lackierer-Innung des Kreises Ahrweiler Guido Lenzen in Bad Bodendorf /Sinzig.

Anna Liedke (M.) startet ihre Ausbildung im Betrieb des Obermeisters der Maler- und Lackierer-Innung des Kreises Ahrweiler Guido Lenzen in Bad Bodendorf /Sinzig. Den Betrieb hat sie durch einen Schnuppertag beim Girl´s Day und ein Praktikum kennengelernt. Auch Azubi-Kollegin Lea Naja Mestrovic (r.) freut sich auf den Neuzugang. (Foto: © HwK Koblenz)

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Das sind die zehn häufigsten Fragen zum Ausbildungsstart

Zum neuen Ausbildungsjahr: Ausbildungsberater der Handwerkskammern über die zehn häufigsten Fragen der Betriebe zu Kosten, Berufsschule, Teilzeit u.v.m. – und was sie darauf antworten.

Für die Jugendlichen, die dieser Tage ihre Ausbildung starten, beginnt ein aufregender neuer Lebensabschnitt. Auch für ihre Ausbildungsbetriebe ist es jedes Jahr eine neue Herausforderung, die jungen Leute ins Team zu integrieren, sie für ihr Handwerk zu begeistern und bei Problemen zu unterstützen. Wir haben bei Ausbildungsberaterinnen und -beratern der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz nachgefragt, welche Fragen die Betriebe bewegen.

Stellt der Betrieb die Ausbildungsmittel kostenlos zur Verfügung oder muss der Azubi sie selbst kaufen?

Ralf Becker, Ausbildungsberater der Handwerkskammer Trier: "Die Bereitstellung sowie die Kostenübernahme für Werkzeuge, Werkstoffe und Übungsmaterialien obliegen dem Betrieb. Dies schließt auch die Schutzbekleidung (Arbeitsschuhe, Maske usw.) sowie gegebenenfalls Dienstkleidung, die aus betrieblichen Gründen getragen wird (z. B. mit Firmenlogo), mit ein. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Berufsschule entstehen, sind vom Auszubildenden zu tragen."

Ist eine Ausbildung auch in Teilzeit möglich?

Ralf Becker: "Seit dem Jahr 2020 besteht für Auszubildende grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Berufsausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Dabei kann die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit grundsätzlich bis auf die Hälfte verkürzt werden. Auch in einer Teilzeitausbildung ist sicherzustellen, dass die volle Handlungsfähigkeit erworben wird. Die Dauer der Teilzeitausbildungszeit verlängert sich entsprechend der Kürzung und wird im Ausbildungsvertrag vereinbart. Die Ausbildungsdauer bei einer Teilzeitausbildung kann maximal um das Eineinhalbfache der Regelausbildungsdauer laut Ausbildungsordnung verlängert werden."

Müssen minderjährige Auszubildende vor Beginn der Ausbildung untersucht werden?

Ralf Becker: "Minderjährige Auszubildende sind dazu verpflichtet, sich vor Beginn der Ausbildung einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und die Bescheinigung über die Erstuntersuchung dem Ausbildenden vorzulegen. Die Untersuchung muss innerhalb der letzten 14 Monate vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses stattgefunden haben. Die ärztliche Bescheinigung über die Erstuntersuchung ist der Handwerkskammer vorzulegen, da ansonsten der Berufsausbildungsvertrag nicht eingetragen wird. Die Beschäftigung von Auszubildenden ohne diese Untersuchung ist nicht gestattet."

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Welche Verkürzungsmöglichkeiten gibt es und kann ein Studium angerechnet werden?

Jürgen Klas, Coach für betriebliche Ausbildung bei der Handwerkskammer Koblenz: "Ein abgeschlossenes Studium stellt keine Verkürzungsgrundlage dar. In der Regel hat der Bewerber jedoch andere Verkürzungsgründe wie Abitur oder Lebensalter. Das Abitur sowie das Alter ab 21 Jahren ermöglichen die Verkürzung um zwölf Monate; der Realschulabschluss eine Verkürzung um sechs Monate. Es können mehrere Verkürzungsgründe kombiniert werden, maximal allerdings bis auf die Hälfte der Regelausbildungszeit (Ausnahme: Bei 42-monatigen Ausbildungen auf 24 Monate). Bei guten Leistungen während der Ausbildung ist eine vorzeitige Zulassung zur Prüfung auf Antrag hin möglich."

Kann eine begonnene Ausbildung angerechnet werden?

Jürgen Klas: "Wenn die Ausbildung im gleichen Beruf ist, kann die geleistete Zeit problemlos angerechnet werden. Hier kann der Betrieb den Wissensstand und die Zeit der Anerkennung beurteilen. Sollte es sich um einen anderen Ausbildungsberuf handeln, kann anhand der Verordnung der Ausbildungsberufe entschieden werden, ob Inhalte übereinstimmen."

Wie kann der Auszubildende bei Sprachdefiziten und /oder fachlichen Defiziten unterstützt werden?

Annelie Walter-Zeyer, Coach für betriebliche Ausbildung der Handwerkskammer der Pfalz: "Wir weisen auf AsA flex* hin und geben gegebenenfalls Kontaktdaten des regionalen und lokalen Bildungsträgers weiter, der diese Maßnahme durchführt."

* Die Assistierte Ausbildung flexibel (AsA flex) unterstützt Jugendliche und junge Erwachsene beim Einstieg, während der Ausbildung und beim Übergang in den Beruf.

Sylvia Schleuning, Abteilungsleiterin Ausbildung Handwerkskammer Rheinhessen: "Wir weisen auf das Angebot der Geniefabrik hin, welche Wege aufzeigt, wie Auszubildende während der Ausbildung Hilfe erhalten, zum Beispiel um für Prüfungen zu lernen, in der Berufsschule am Ball zu bleiben, Probleme im Betrieb zu lösen oder Deutschkenntnisse zu verbessern. Auch viele Betriebe bieten Unterstützung im Rahmen des betrieblichen Unterrichtes an."

Wo geht mein Auszubildender zur Berufsschule? Findet der Unterricht im Blockunterricht statt und wer übernimmt die Fahr- und Unterbringungskosten?

Jürgen Klas: "Zunächst ist die Berufsschule vor Ort zuständig. Verschiedene Berufe haben Fachklassen in anderen Landkreisen, teilweise auch in anderen Bundesländern. Alle Fahrtkosten und Unterbringungskosten während der Berufsschulzeit sind von dem Auszubildenden zu tragen. Fallen durch die auswärtige Unterbringung oder weitere Fahrzeiten Mehrkosten an, kann ein Zuschuss über die örtlichen Kreisverwaltungen beantragt werden. Die Kosten für die ÜLU übernimmt der Betrieb."

Sylvia Schleuning: "Das Auffinden der zuständigen Berufsschule ist auch über den BBS Standortatlas Rheinland-Pfalz möglich. In Abhängigkeit von dem Ausbildungsberuf und der zuständigen Berufsschule kann der Unterricht in Teilzeit oder im Blockunterricht durchgeführt werden. Die Kosten hierfür hat der Auszubildende zu tragen. Hiervon abweichend können betriebliche als auch tarifliche Regelungen eine anderslautende Vereinbarung enthalten."

Was muss man beachten, wenn man Auszubildende mit Flucht- oder Migrationshintergrund einstellt?

Annelie Walter-Zeyer: "Maßgebend ist das Ausweisdokument des Bewerbers. Hier ist je nach Aufenthaltsstatus eingetragen, ob die Erwerbstätigkeit gestattet ist, die Erwerbstätigkeit nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde gestattet ist oder die Erwerbstätigkeit nicht gestattet ist. Wir weisen hier auch darauf hin, dass der Betrieb in der Verantwortung ist, dies vor Beginn der Ausbildung zu klären."

Wie kann ich die Ausbildung in meinem Betrieb interessanter gestalten?

Jens Fiedermann: "Auszubildenden kann gegebenenfalls ein Auslandsaufenthalt ermöglicht werden, in dem Sie andere Arbeits- und Herangehensweisen kennenlernen. Hierbei unterstützt die Mobilitätsberatung der Handwerkskammer. Eine andere Möglichkeit ist eine Verbundausbildung mit einem Partnerbetrieb."  

Sylvia Schleuning: "Auszubildende haben die Möglichkeit, über eine Verbundausbildung, einen Teil ihrer Ausbildung in Kooperationsunternehmen zu durchlaufen ggf. in Kombination mit Auslandsaufenthalten. Zudem sollten Auszubildende frühzeitig in Projekte eingebunden und sukzessive kleinere Projekte übertragen werden. Dies fördert das eigenständige Denken und Handeln und stärkt das Selbstvertrauen in die eigenen Handlungskompetenzen und Umsetzungsstärke. Auch das bilden von Ausbildungs-Tandems kann Anreiz für Auszubildende zur Übernahme von Verantwortung sein. Und auch das Aufzeigen der Anforderungen an eine verkürzte Ausbildungszeit in Verbindung mit einem Übernahmeangebot ist geeignet, ausgebildete Fachkräfte frühzeitig an das Unternehmen zu binden."  

Muss die Ausbildung immer am 1. August beginnen?

Jürgen Klas: "Ausbildungen können grundsätzlich zu jedem beliebigen Zeitpunkt beginnen. Dennoch sollte bei dem Beginn der Ausbildung zwingend auf das Ende der Laufzeit des Ausbildungsvertrags geachtet werden. Wenn dieses nicht in einen Prüfungszeitraum (Winterprüfungen: Januar bis März; Sommerprüfung: Juni bis September) fällt, kann der Betrieb unter Umständen aufgrund des Ablaufs der Ausbildungszeit in die Verpflichtung kommen, Mindestlohn zu zahlen."

To-Do: Vor Beginn der Ausbildung

Das muss der Betrieb erledigen:

- Berufsausbildungsvertrag abschließen. Muster gibt es bei den Handwerkskammern. 

  • Die für den Vertrag notwendige Betriebsnummer finden Arbeitgeber auf Steuerbescheiden oder auf den monatlichen Meldungen an die Sozialversicherung. Infos zu Ausbildungsvergütungen und Urlaubsansprüchen gibt es bei den Handwerkskammern.
  • Der Vertrag muss vom Betriebsinhaber, Ausbilder, Auszubildenden und bei Minderjährigen zusätzlich von den Gesetzlichen Vertretern unterschrieben werden.
  • Der Vertrag muss danach unverzüglich entweder im Original oder als eingescanntes Dokument per E-Mail an die HWK weitergeleitet werden. Bei Minderjährigen auch eine Kopie der Bescheinigung über die Erstuntersuchung.
  • Bei Verkürzung der Lehrzeit: Nachweis über den Verkürzungsgrund.  
  • Gegebenenfalls kann der Betrieb Zusatzvereinbarungen zum Lehrvertrag abschließen.


- Teilzeitausbildung: Die Berufsausbildung kann auch in Teilzeit durchgeführt werden. Dazu können sich Arbeitgeber bei ihrer Handwerkskammer beraten lassen.
- Anmeldung bei Berufsschule
- Anmeldung bei der Krankenkasse: Spätestens zwei Wochen nach Beginn der Ausbildung!
- Anmeldung beim zuständigen Finanzamt: Formulare gibt es beim für den Betrieb zuständigen Finanzamt.
- Anmeldung zur Berufsgenossenschaft: Am besten zeitgleich mit der Anmeldung beim Finanzamt.  
- Bauhauptgewerbe: Auszubildende müssen zusätzlich bei der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) angemeldet werden, um die Ausbildungsnachweiskarten und die Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung und zu den ÜLU-Gebühren zu erhalten (soka-bau.de
- Dachdeckerhandwerk: Azubis müssen für Zuschüsse bei den ÜLU-Gebühren bei der Lohnausgleichskasse des Dachdecker-Handwerks angemeldet werden (soka-dach.de). 
- Personalakte: Verzeichnis der Jugendlichen anlegen oder ergänzen.
- Ausbildungsnachweis: Berichtsheft kostenlos zur Verfügung stellen (gibt es häufig auch schon als APP).
- Ausbildungsordnung bereitstellen (Download: bibb.de)
- Ausbildungsplan erstellen und bereithalten. 
- Ausbildungsmittel müssen Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung stellen (auch Fachliteratur für Prüfungen).
- Jugendliche: Arbeitgeber, die regelmäßig mindestens einen Jugendlichen beschäftigen, müssen einen Ausdruck des Jugendarbeitsschutzgesetzes und die Anschrift der Aufsichtsbehörde im Betrieb zur Einsicht auslegen oder aushängen. Bei mindestens drei Jugendlichen muss es einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit und der Pausen geben.

Vom Azubi einholen:

- Schulabschluss: Eine Kopie des letzten Schulzeugnisses oder das Zeugnis des Schulabschlusses.
- Fragen klären, ob Nachhilfe von Beginn an notwendig ist, ob es Lernbeeinträchtigungen oder andere Besonderheiten gibt.
- Erstuntersuchungsbescheinigung: Wer noch nicht 18 Jahre alt ist und eine Ausbildung beginnen will, muss sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen.
- Gesundheitszeugnis nach dem Bundesseuchengesetz (nur in Betrieben der Nahrungsmittelhandwerke). Es muss eine Belehrung beim Gesundheitsamt erfolgen. 
- Aufenthaltstitel. Der Betrieb muss Kopien der Ausweisdokumente und gegebenenfalls auch Bescheide der Ausländerbehörde dem Ausbildungsvertrag beifügen.
- Steuer-ID des Lehrlings 
- Bankverbindung
- Name und Anschrift der Krankenkasse 

Das bekommt der Lehrling:

- Eine Kopie des unterschriebenen Berufsausbildungsvertrages. 
- Ein Originalexemplar des eingetragenen Berufsausbildungsvertrages wenn er von der Handwerkskammer zurückgeschickt wurde. 
- Ausbildungsordnung / betrieblicher Ausbildungsplan. Vorlagen zum Download unter: bibb.de/dienst/berufesuche/de/index_berufesuche.php
- Ausbildungsnachweis / Berichtsheft (gegebenenfalls digital) kostenlos zur Verfügung stellen. 
- Ausbildungsmittel 
- Unfallverhütungsvorschriften 
- Sicherheitskleidung 
- Vielleicht auch ein Willkommensgeschenk und/oder eine Informationsmappe mit allen wichtigen Abläufen und Ansprechpartnern im Betrieb. 

Mehr Checklisten für Ausbildungsbetriebe gibt es bei den Handwerkskammern!

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Text: / handwerksblatt.de

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