Sojawurst oder Lupinenschinken sind auch in Frankreich kein Tabu mehr.

Sojawurst oder Lupinenschinken sind auch in Frankreich kein Tabu mehr. (Foto: © mcsdesign/123RF.com)

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EuGH: "Wurst" kann auch vegan sein

Betriebsführung

Vegane oder vegetarische Produkte aus pflanzlichem Eiweiß dürfen als "Wurst" oder "Steak" bezeichnet werden. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Ein EU-Staat kann die Bezeichnung "Wurst" oder "Fleisch" für Produkte ohne tierische Zutaten nicht verbieten, wenn er dafür zugleich keine andere Bezeichnung vorschreibt. Das haben die Europarichter den Franzosen erklärt.

Der Fall

Vier Produzenten von vegetarischem und veganem Fleischersatz, die Vereinigung Protéines France, die European Vegetarian Union (EVU), die Association végétarienne de France (AVF) und die Beyond Meat Inc., wenden sich gegen ein Dekret der französische Regierung. Dieses Dekret verbietet es, Bezeichnungen wie "Steak" oder "Wurst" – ohne oder sogar mit ergänzenden Klarstellungen wie "pflanzlich" oder "aus Soja" – zur Bezeichnung ihrer Produkte zu verwenden.

Die Hersteller der Pflanzenprodukte sehen darin einen Verstoß gegen die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Sie klagten darauf, dass der französische Staatsrat das Dekret für nichtig erklärt. Da das Gericht Zweifel an der Vereinbarkeit mit der EU-Verordnung hatte, legte es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen vor. 

Das Urteil

Der EuGH hat entschieden, dass ein Mitgliedstaat es nicht verbieten kann, die für Fleischprodukte üblichen Namen auch für pflanzenbasierte Produkte zu verwenden, wenn er zugleich keine "rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung" dafür einführt. Demnach dürfe ein Staat eine "rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung" einführen, um eine Verbindung zwischen einem speziellen Ausdruck und einem bestimmten Lebensmittel herzustellen, so der EuGH.

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Keine alternative Bezeichnung vorgegeben

Das französische Dekret sei aber unvollständig: Es verbiete nur bestimmte Begriffe zur Bezeichnung von pflanzlichen Lebensmitteln, gebe aber keine alternative Bezeichnung vor. Hat ein Mitgliedstaat keine solche verbindliche Bezeichnung eingeführt, darf er laut EuGH den Herstellern pflanzlicher Lebensmittel nicht verbieten, übliche oder beschreibende Bezeichnungen für ihre Produkte zu verwenden.

Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 sieht vor, dass ein Lebensmittel mit seiner "rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung" benannt werden muss. Fehlt eine solche aber, wird das Lebensmittel mit seiner "verkehrsüblichen Bezeichnung" oder, falls es die nicht gibt, mit einer "beschreibenden Bezeichnung" benannt. Das Unionsrecht vermute, dass im Einklang mit der Verordnung erteilte Informationen die Verbraucher ausreichend schützen, so das Urteil. Das gelte auch dann, wenn ein Bestandteil komplett ersetzt wurde.

Behörden müssen Täuschung der Verbraucher beweisen

Ein Mitgliedstaat darf den Europarichtern zufolge auch keinen Grenzwert an pflanzlichen Eiweißen festlegen, ab der die Verwendung der Bezeichnungen zulässig bleibt. Die EU-Verordnung stehe dem entgegen. Eine Behörde kann jedoch rechtlich gegen einen Hersteller vorgehen, wenn sie der Meinung ist, dass die Art und Weise, wie ein Lebensmittel verkauft oder beworben wird, den Verbraucher täuscht. Dabei muss die Behörde beweisen, dass die oben erwähnte Vermutung nicht zutrifft. 

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 4. Oktober 2024, Az. C-438/23

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Text: / handwerksblatt.de

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