Bald vier neue Berufskrankheiten?
Leukämie durch Butadien oder fokale Dystonie könnten aufgrund wissenschaftlicher Empfehlungen bald als neue Berufskrankheiten gelten. Aber das ist noch nicht alles.
Was der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht hat, kann für Schornsteinfeger interessant sein, aber auch für Friseure. Der Beirat ist ein ehrenamtliches Beratungsgremium, das den aktuellen Stand der Erforschung von Krankheiten im Blick behält und einschätzt, welche Erkrankungen beruflich bedingt sein können. Jetzt haben die Sachverständigen empfohlen, folgende vier Krankheiten in die Berufskrankheitenliste aufzunehmen: Leukämie durch Butadien, Harnblasenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), fokale Dystonie bei Instrumentalmusikern sowie Kehlkopfkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).
1,3-Butadien ist ein Stoff, der vor allem bei der Herstellung bestimmter Kautschukarten und Kunstfasern entsteht. Leukämie durch die Einwirkung von Butadien kann deshalb vor allem bei Beschäftigten in der Kunstkautschuk- und der Gummiindustrie vorkommen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Erkrankung durch Butadien ist eine lange, regelmäßige Einwirkung des Stoffes, erklärt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV).
Auch Schornsteinfeger können betroffen sein
Kehlkopfkrebs sowie Harnblasenkrebst durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) kann laut DGUV in einer Vielzahl von Branchen vorkommen, darunter die chemische Industrie, die Metallindustrie, Gießereien oder die Braunkohleverarbeitung. Aber auch Schornsteinfeger nennt das BMAS als häufig betroffene Berufsgruppe. Im Prinzip gehört jeder zur Risikogruppe, der im Beruf häufig steinkohleteerpechhaltige Produkte verarbeitet oder verwendet. Da es ähnlich wie bei den Butadien auf Dauer und Intensität der Einwirkung ankommt, wird bei der Anerkennung als Berufskrankheit eine bestimmte Dosis-Wirkung-Beziehung vorausgesetzt.
Bei der Fokalen Dystonie handelt es sich um eine Bewegungsstörung. Ursache ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie betrifft Berufsmusiker und wird ausgelöst durch langjähriges wiederholtes, stereotypes feinmotorisches Instrumenten-Training in hoher Intensität. Besonders gefährdet ist, wer ein Zupf- oder Blasinstrumente spielt.
Friseure gehören zur Risikogruppe
Zusätzlich zu den vier neuen Empfehlungen haben die Sachverständigen eine Stellungnahme zur Berufskrankheit Nr. 1301 "Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine" herausgebracht. Hierzu haben sie drei neue Gefährdungen genannt: Azofarbstoffe, aus denen beim Menschen krebserzeugende aromatische Amine freigesetzt werden können, die Herstellung von Auramin und die Einwirkung permanenter Haarfärbemittel, die vor 1977 verwandt wurden. Bei der letztgenannten Gefährdung gehören Friseure zu der Haupt-Risikogruppe, während die anderen gefährlichen Mittel und Verfahren sich auf Beschäftigte der Textilindustrie beziehen. Denn Azofarbstoffe werden vor allem für die Einfärbung von Textilien, Leder, Papier, Holz, Lebensmitteln, Kosmetika und Mineralölprodukte verwendet. Und Auramin wird etwa zur Weiterverwendung beim Färben von Leder, Jute und Baumwolle hergestellt.
Die DGUV empfiehlt Beschäftigten, die den Verdacht haben, dass ihre Erkrankung arbeitsbedingt sein könnte, fachmedizinischen oder arbeitsmedizinischen Rat einzuholen. Ist ihr Verdacht begründet, wird der zuständige Unfallversicherungsträger informiert. Eine solche "Verdachtsanzeige" kann auch der Arbeitgeber, die Krankenversicherung oder der Versicherte selbst stellen. Mehr Informationen zu den Empfehlungen des Sachverständigenbeirats gibt es auf der Seite vom BMAS.
Text:
Melanie Dorda /
handwerksblatt.de
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