Eine Floristin filmt sich mit dem Smartphone dabei, wie sie ein Arrangement verschiedener Blumen in den Farben Orange, Gelb und Hellrot in ihrem Geschäft zusammenstellt.

Kleine Gewerbetreibende wie Floristen, Bäcker oder Friseure können auf der Entertainment-Plattform TikTok mit ihren selbst produzierten Videos große Reichweite erzielen und damit neue Kunden, aber auch potenzielle Mitarbeiter finden. Um eigene Inhalte zu erstellen, muss man kein Medienprofi sein. "Nehmt einfach das Smartphone in die Hand und probiert aus, was den Leuten gefällt!", empfiehlt Thomas Wlazik, der als General Manager im Bereich Global Business Solutions bei TikTok für Deutschland, Österreich, der Schweiz und Israel tätig ist. (Foto: © TikTok)

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"Es gibt kein Richtig oder Falsch auf TikTok"

In Deutschland nutzen monatlich mehr als 22 Millionen Menschen die Entertainment-Plattform TikTok. Darunter dürften einige sein, die für Handwerksbetriebe als Azubis und Kunden infrage kommen.

Waschbecken sind faszinierend! Glauben Sie nicht? 770.000 Menschen auf TikTok beweisen es. "Der Content Creator @sinkreviews aus den USA geht bei seinen Restaurantbesuchen auf die Toilette und macht ein 30-sekündiges Video davon, was ihm an den Waschbecken besonders gefällt", sagt Thomas Wlazik, General Manager für den Bereich Global Business Solutions bei TikTok DACH (Deutschland, Österreich und der Schweiz) & Israel. Zugegeben, eine sehr spezielle Nische. Sie zeigt aber, wie breit das Spektrum ist, was Menschen fesselt und worüber sie sich austauschen.

Dies bietet auch Chancen für das Handwerk. "71 Prozent unserer Nutzerinnen und Nutzer würden eine Bewerbung bei einem Betrieb in Betracht ziehen, den sie auf TikTok entdeckt haben" beruft sich Wlazik auf das Ergebnis einer Umfrage. Neben der Akquise von Azubis und Fachkräften lassen sich auch neue Kunden gewinnen. "Bei uns kann man mit einer kleinen, offenen und ehrlichen Präsenz unfassbar viel in seinem lokalen Umfeld erreichen."    

Erste Schritte auf TikTok

TikTok ist eine Video-Plattform, deren Clips selbst auch "TikToks" genannt werden. Die Inhalte (englisch: content) kreieren die Nutzer in der Regel selbst. Kenntnisse in punkto Videodreh und -schnitt sind hilfreich, werden aber nicht vorausgesetzt, um als so genannter Content-Creator erfolgreich zu sein – die einsteigerfreundlichen Werkzeuge dafür bietet die Plattform direkt in der App an. Wichtiger als die Technik sind Kreativität, Authentizität und ein Gespür für Trends, die sich für eigene Zwecke ummünzen lassen. "Nehmt einfach das Smartphone in die Hand und probiert aus, was den Leuten gefällt!", empfiehlt Thomas Wlazik den Anfängern auf der Plattform.

Bevor Handwerker die ersten Schritte auf TikTok machen, sollten sie sich einige Fragen stellen: Wer sind wir? Was machen wir? Was zeichnet uns aus? Welche Inhalte wollen wir transportieren? Viele Nutzer sind an einem Blick hinter die Kulissen interessiert. Sie möchten sehen, mit welchen Menschen sie in einem Betrieb vielleicht künftig zusammenarbeiten und wie der Arbeitsalltag dort aussieht.

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TikTok In Deutschland nutzen nach Angaben der Plattform rund 22,8 Millionen Menschen pro Monat TikTok. Dort sind sie im Durschnitt 90 Minuten pro Tag aktiv. Vom Image, nur "Tanzvideos für Teenies" zu bieten, hat man sich inzwischen emanzipiert. "Unser Publikum ist extrem divers. Auf TikTok bringen wir inzwischen alle Altersklassen an einen Tisch", sagt Thomas Wlazik. Über deren genaue Verteilung gibt das Unternehmen jedoch keine Auskunft. In Europa ist TikTok nach Angaben des Unternehmens in Großbritannien und Irland eingetragen und wird dort reguliert. TikTok sei nicht in China verfügbar. Die Muttergesellschaft Bytedance Ltd. habe ihren Sitz außerhalb Chinas und sei ein privates, weltweit tätiges Unternehmen, das sich zu ungefähr 58 Prozent im Besitz globaler institutioneller Investoren, zu etwa 21 Prozent im Besitz von Mitarbeitenden und zu 21 Prozent im Besitz der Unternehmensgründer befinde.

Von anderen inspirieren lassen

Dies kann auf verschiedensten Wegen funktionieren. "Es gibt kein Richtig oder Falsch auf TikTok", versucht Thomas Wlazik den Anfängern die Angst zu nehmen. Er bezeichnet die Plattform als ein riesiges, weltumspannendes Marktforschungsprojekt. Man müsse einfach testen, was am besten ankommt, der Community zuhören, daraus lernen und wieder testen. Als Einstieg in die Welt von TikTok kann die "Academy" genutzt werden. Darin bietet das Unternehmen kostenlos Schulungen an.

Beispiele aus dem Handwerk

Wem zu Anfang die Ideen für ein TikTok fehlen, der sollte sich zunächst nach Anregungen auf der Plattform umschauen. Über die Suchfunktion der Entertainment-Plattform gelangt man zu thematisch passenden Beiträgen. Die Suchbegriffe können ganz allgemein gehalten sein (z.B. Handwerk oder Ausbildung). Treffer dürfte es aber auch bei der Recherche nach einem bestimmten Gewerk oder speziellen Handwerkstechniken geben. Doch TikTok ist wohl auch als Ratgeber gefragt. "Einige Nutzer wollen beispielsweise wissen, was sie gegen eine quietschende Tür oder eine festsitzende Mutter tun können." Als Paradebeispiele für gelungene Auftritte aus dem Handwerk führt Wlazik den Account der Handwerkskammer Erfurt, des Baubetriebs Riedesser sowie der Influencerinnen Sandra Hunke (SHK-Anlagenmechanikerin) und Isabelle Vivianne (Tischlerin) an.

Influencer im Handwerk In unserem Themen-Special "Influencer wollen Lust aufs Handwerk machen" aus handwerksblatt.de stellen wir verschiedene Handwerkerinnen und Handwerker vor, die sich und ihren Handwerksbetrieb auf Social Media zeigen.  

Trends spielen auf TikTok eine große Rolle. Beliebte Beiträge gehen schnell "viral" – das heißt, dass sie sich innerhalb kürzester Zeit unter vielen Nutzern auf der Plattform verbreiten. Auf diesen Zug können Handwerker aufspringen. "Es gab mal einen Trend, wo ein gewisser Rhythmus geklatscht oder geklopft worden ist. Das lässt sich bestimmt auch mit einer Bohrmaschine oder mit einem Hammer nachahmen", meint Thomas Wlazik. Große Ereignisse wie die Olympischen und Paralympischen Spiele bieten ebenfalls eine gute Gelegenheit, große Reichweite zu erzielen. "Vielleicht kann man die eine oder andere Disziplin ja auch auf die Baustelle ummünzen."

Social-Media-Nutzung Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF haben in einer Online-Studie untersucht, wie die Sozialen Medien in Deutschland genutzt werden. Über alle Altersgruppen hinweg belegte TikTok im Jahr 2023 hinter Instagram und Facebook den dritten Platz. Besonders beliebt ist TikTok bei den 14- bis 29-Jährigen, von denen 41 Prozent mindestens einmal pro Woche auf der Plattform vorbeischauen. 30 Prozent nutzten TikTok sogar täglich.

Format und Länge der TikToks

Thomas Wlazik, General Manager für den Bereich Global Business Solutions bei TikTok DACH & Israel Foto: © TikTok/Viktor StrasseThomas Wlazik, General Manager für den Bereich Global Business Solutions bei TikTok DACH & Israel Foto: © TikTok/Viktor Strasse

Videos sollten hochkant aufgenommen werden. Sie können in der App bearbeitet und mit Musik, Effekten oder Stickern versehen werden. Die Länge kann stark variieren. "Gängig sind zehn Sekunden bis zwei Minuten", erklärt Thomas Wlazik. Ein Video könne aber auch bis zu zehn Minuten dauern. Es kommt darauf an, was der Content Creator vermitteln möchte. "Kürzere Videos zielen oft auf Unterhaltung ab. In längeren Videos hat man die Zeit, tiefgründigere Informationen zu liefern, zum Beispiel eine Arbeitstechnik zu demonstrieren. Entscheidend ist jeweils ein starker Einstieg."

Beidem steht der Algorithmus erst einmal neutral gegenüber. Für ihn ist relevant, wie die Community darauf reagiert. "Ein Fünf-Minüter kann mehr Reichweite erzielen als ein Zehn-Sekünder, weil die längeren Formate die Aufmerksamkeit oft stärker binden." Je mehr bis zum Schluss dranbleiben, desto häufiger wird der Beitrag anderen TikTok-Nutzern mit ähnlichem Interesse ausgespielt – unabhängig davon, ob sie dem Creator schon folgen oder nicht. "Ein Account mit wenigen Followerinnen und Followern kann auf TikTok mit einem Video dennoch viele Menschen erreichen", verweist er auf den Auftritt des Baubetriebs Riedesser.  

Social Graph vs. Content Graph

Das unterscheidet TikTok von den Social-Media-Kanälen der Meta-Familie. "Soziale Netzwerke und Plattformen wie Instagram basieren auf dem so genannten Social Graph. Das bedeutet: Ich folge jemandem, also sehe ich etwas von ihm", erklärt Thomas Wlazik. Bei TikTok stehe weniger der Follower, sondern eher der Inhalt (Content Graph) im Vordergrund. Hier lautet die Devise: "Ich habe etwas konsumiert, das anderen Nutzern mit ähnlichen Interessen gefällt, also wird mir mehr davon vorgeschlagen."

Reichweite durch Interaktion

Eine Herausforderung für Content Creator: Die Nutzer wollen möglichst jeden Tag aufs Neue unterhalten werden. "Je mehr Content man produziert, desto besser lernt der Algorithmus im Hintergrund, ihn an die richtige Zielgruppe auszuspielen", so Thomas Wlazik zu den technischen Hintergründen. "Das bedeutet jedoch nicht, dass man pro Tag und Woche zwingend eine Mindestanzahl an Videos posten muss."

Dachdecker könnten beispielsweise einen Tag pro Woche auf der Baustelle nutzen, um daraus mehrere kurze Videos zu produzieren. "In einem zeigt man, wie frühmorgens über der Stadt die Sonne aufgeht, in einem anderen sieht man, wie schnell ein Dach eingedeckt wird oder welchen Spruch der Geselle in der Mittagspause rausgehauen hat."

Eine wichtige Währung auf der Plattform ist die Interaktion mit einem Beitrag. Die Nutzer können ein Video liken, kommentieren, speichern oder es mit ihren Freunden auf TikTok, aber auch auf anderen Plattformen wie Instagram, Snapchat oder Pinterest teilen. "All diese Faktoren helfen dabei, dass das TikTok eine möglichst hohe Reichweite erzielt." Zudem sollte man aktiv auf Nachfragen und Impulse seiner Community eingehen. Die Interaktion mit Kommentaren erzeuge Nahbarkeit, was wiederum auf die Authentizität eines Accounts einzahle.  

Ruhig und locker bleiben

Der Erfolg kann sich bei TikTok schon mit einem Video einstellen. Verlassen sollte man sich darauf nicht. Neben Kreativität ist vor allem Geduld gefragt, um zu verstehen, wie die Entertainment-Plattform funktioniert und um sich darauf langfristig einen Namen zu machen – sei es als cooler Ausbildungsbetrieb, kompetenter Ratgeber oder mit innovativen Produkten und Services. Zudem sollten sich die Content Creator eine gewisse Leichtigkeit bewahren. "Wer sich zu ernst nimmt, der verkrampft. Die Community auf TikTok will nicht mit einer perfekten Marke kommunizieren, sondern mit authentischen Menschen, in deren Leben auch etwas schief gehen darf", beteuert Thomas Wlazik.

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Text: / handwerksblatt.de

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