Projektabschluss: Das eigene Leben im Kasten
Das Schulprojekt "2P plus" in Trier ist zu den Sommerferien abgeschlossen. Die Schülerinnen und Schüler präsentierten ihre Kunstwerke.
Ein Dienstagmorgen im Juli um halb neun an der Kurfürst-Balduin-Realschule plus in Trier. Die Sommerferien stehen vor der Tür – ein guter Zeitpunkt, um ohne Notendruck in kreativer und produktiver Weise das Schuljahresende anzusteuern. In der ersten Stunde steht bei zwölf Jugendlichen zwischen 13 und 15 Jahren der Abschluss des Projekts 2P plus auf dem Stundenplan. Die Schülerinnen und Schüler aus dem Teilprojekt "Bildende Kunst/Gestaltung" sind eingeladen, ihre Kunstwerke in der Gruppe zu präsentieren. Sie stammen aus den verschiedensten Ländern: der Ukraine, Syrien, dem Iran, der Türkei, Niger und Serbien. Ihre Arbeiten haben sie nicht in der Schule gestaltet, sondern im Atelier der Kunstflotte Trier, einer regionalen Initiative der kulturellen Bildung für Kitas und Schulen.
Die Aufgabe lautete, in Holzkästen persönliche Erlebnisse, Berufswünsche, Träume und Hobbys symbolisch auszugestalten. Keine leichte Aufgabe, das eigene Leben auf einer Fläche von etwa zwei Schuhkartons gleichsam künstlerisch wie seelisch zu verarbeiten. Handwerklich und gestalterisch unterstützt wurden die Jugendlichen dort von Konzeptkünstler Laas Koehler von der "Kunstflotte Trier" und dem Handwerkskammer-Projektmitarbeiter Thomas Kirchen, Sozialpädagoge. Am Ende erzählt jeder Kasten erzählt eine berührende, persönliche Geschichte.
Ruhe vor dem Sturm
Am frühen Morgen herrscht in der Schulkantine noch die Ruhe vor dem Sturm. In den zwölf Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die heute hier ihre Arbeiten vorstellen sollen, mag es anders aussehen. Doch die Veranstaltung findet in geschütztem Raum statt, und das Publikum ist wohlwollend. Es besteht aus befreundeten Schülerinnen und Schülern sowie Personen, die das ganze Schuljahr über am Projekt 2P plus unterstützend beteiligt waren: Lehrkräfte der Schule, Mitarbeiter der Handwerkskammer Trier sowie Kunstpädagogen. Wie bei einer Vernissage sind die Kästen im Raum arrangiert und anzuschauen. Ihre Urheber und Urheberinnen gehen bei Bedarf auf Fragen zu den bunt gestalteten Kästen ein. Für die meisten Schülerinnen und Schüler waren die Etappen auf der kunstpädagogischen Reise in die eigene Vergangenheit herausfordernd.
Etwa für Nina, die neben ihrem Kasten steht und ihr Werk erläutert. Zunächst war ihr die Gestaltung etwas schwergefallen. Doch dank kunst- und sozialpädagogischer Hilfe schaffte sie es, ihre Ideen bildlich umzusetzen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht ihr Herkunftsland Serbien, umrahmt von Bildern ihrer Freunde. Mit Pinsel und Farbe hat sie über einer grünen Landschaft unter anderem die serbische Nationalflagge verewigt. Zudem mag sie sportliche Autos. Die 14-Jährige träumt davon, sich eines Tages einen solchen Wagen leisten zu können.
Unterschiedliche Motive
Auch für Fatouma war es anfangs nicht leicht, das abzubilden, was ihr aktuell wichtig ist. Facetten aus ihrem Heimatland Niger bilden hier das Hauptmotiv. Diese hat die 14-Jährige unter anderem mit bunten Blumen aus Deutschland kombiniert. An ihrem Werk ist erkennbar, dass Religion, Freunde und Familie in ihrem Leben eine große Rolle spielen. Die Arbeit des gleichaltrigen Mohammed sieht ganz anders aus. Er hat einen direkten Bezug zu seinem Berufswunsch hergestellt: Sein Kasten ist in Form eines Laptops gestaltet. Er enthält eine stilisierte PC-Tastatur und eine Maus aus bemaltem Karton. Ein Teil des Kastenrahmens bildet den Bildschirm. Das Projekt hat Mohammed bei der Berufsorientierung geholfen. Durch die Anfertigung des Kastens hat seine persönliche Zukunft konkrete Gestalt angenommen: "Früher wusste ich nicht genau, was ich machen will. Jetzt könnte ich mir vorstellen, Fachinformatiker zu werden." Im kommenden Schuljahr möchte er nun entsprechende Praktika machen. Und nach der Schule will er in die dreijährige Ausbildung starten.
Neben der bildenden Kunst arbeiteten die Schüler im Rahmen von 2P plus auch an "Spoken Word"-Projekten, die an den Poetry Slam angelehnt sind. Dabei lernten sie, stärker an ihre Fähigkeiten zu glauben und sich selbstbewusst auszudrücken. Unterstützt wurden sie dabei von erfahrenen Poetry-Slam-Darstellern und Peter Stablo, der vor gut 20 Jahren entscheidend zum Erfolg dieser Gattung des Dichterwettbewerbs beigetragen hatte. Die Abschlusspräsentation an der Kurfürst-Balduin-Realschule plus zeigt, wie viel Kreativität und Potenzial in den Schülerinnen und Schülern steckt. Das Projekt 2P plus hat ihnen nicht nur dabei geholfen, ihre sprachlichen und künstlerischen Fähigkeiten zu verbessern, sondern ihnen auch neue Perspektiven eröffnet. Viele von ihnen wissen jetzt genauer, welchen beruflichen Weg sie einschlagen möchten.
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Text:
HWK Trier /
handwerksblatt.de
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