In Grünheide produzieren 9.000 Mitarbeiter rund 3.000 Tesla-Fahrzeuge pro Woche.

In Grünheide produzieren 9.000 Mitarbeiter rund 3.000 Tesla-Fahrzeuge pro Woche. (Foto: © Joerg Huettenhoelscher/123RF.com)

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Tesla in Brandenburg: Bauboom und Fluktuation bei den Mitarbeitern

Handwerkspolitik

Seit rund einem Jahr produziert E-Auto-Pionier Tesla seine Fahrzeuge in der Gigafactory in Grünheide. Eine Erweiterung des Werks ist in Planung, doch gleichzeitig mehren sich Probleme bei der Mitarbeitergewinnung.

So will Tesla Berichten zufolge demnächst in Grünheide die Batterieproduktion deutlich erhöhen. Statt wie bisher jährlich Batterien mit einem Gesamtvolumen von 50 Gigawattstunden zu bauen, soll die Produktion auf dann 150 Gigawattstunden erhöht werden. Zusätzliche Logistikflächen und ein Servicecenter sind auf dem erweiterten Betriebsgelände ebenso vorgesehen wie ein eigener Güterbahnhof. Dafür will Tesla weitere 100 Hektar Landeswald erwerben und dann roden. Das US-Unternehmen ist mittlerweile der größte industrielle Arbeitgeber und Ausbilder im Land Brandenburg.

Laut brandenburgischem Wirtschaftsministerium werden zurzeit in Grünheide von 9.000 Mitarbeitern rund 3.000 Tesla-Fahrzeuge pro Woche produziert. Vorgesehen war in der ursprünglichen Planung in der letzten Ausbaustufe der Tesla-Fabrik eine Belegschaft von 12.000 Mitarbeitern. Auch weil es noch an ausreichend Beschäftigten mangelt, hinkt der amerikanische Autobauer bei der Fahrzeugproduktion seinen ursprünglichen Zielen noch um einiges hinterher.

Neues Personal gesucht

Gegenwärtig sucht Tesla wieder mit Nachdruck nach neuem Personal. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach bezifferte den Stellenzuwachs in Grünheide auf wöchentlich 200 bis 300 neue Mitarbeiter. Tesla sucht aktuell Fachkräfte etwa in den Bereichen Lackiererei, Gießerei, Abwasser, Logistik, aber auch Maler und Anlagenmechaniker. Allerdings mehren sich gleichzeitig auch Berichte, dass es dem amerikanischen Autobauer schwerfällt, bereits vorhandenes Personal im Unternehmen längerfristig zu halten. Zuletzt hatte die IG Metall Berlin-Brandenburg über Kritik an den Arbeitsbedingungen und der Lohnpolitik von Tesla berichtet und eine hohe Fluktuation im Unternehmen registriert.

Für das örtliche Handwerk stellt Tesla aber bisher keine besondere Bedrohung dar. Die bei Planungsbeginn befürchtete Abwanderungswelle von Mitarbeitern und Auszubildenden aus dem Handwerk zum Autobauer hat nicht stattgefunden. So teilte die Agentur für Arbeit Frankfurt (Oder) Ende letzten Jahres mit, dass sie rund 1.000 Menschen aus der Arbeitslosigkeit nach Grünheide vermittelt hat, zu einem großen Teil waren darunter auch Langzeitarbeitslose. Die Kooperation mit Tesla nannte die Arbeitsagentur der Oderstadt das größte Vermittlungsprojekt seit der Wiedervereinigung.

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Bauboom in der Region

Handwerk nicht bedroht Hans-Peter Lange, Obermeister der Innung des Kraftfahrzeuggewerbes Cottbus, glaubt, dass sich die Furcht vor einem Abwerben von Arbeitskräften mittlerweile relativiert hat. Die freien Stellen bei Tesla hätten nach seiner Ansicht auch eher eine stärkere Wirkung auf den Berliner Arbeitsmarkt gehabt. "Für uns im östlichen und südlichen Brandenburg ist beispielsweise das neue Bahn-Instandhaltungswerk in Cottbus als Wettbewerber auf dem Arbeitsmarkt eher von Bedeutung", sagt Lange.

Lothar Staar, Obermeister der Baugewerksinnung Oder-Spree, kennt in seinem persönlichen Umfeld Mitarbeiter, die Tesla nach anfänglicher Euphorie bereits wieder den Rücken gekehrt haben. Für ihn seien daher andere Effekte der Tesla-Ansiedlung wichtiger. Auch weiter von Grünheide entfernt, in Beeskow oder Fürstenwalde beispielsweise, werden gegenwärtig immer mehr Baugebiete ausgewiesen, die Grundstückspreise in der Region steigen. "Der Bauboom in der Region hatte aber auch schon vor Tesla eingesetzt, deshalb ist es schwer, den Anteil der Auto­fabrik daran genau zu beziffern", sagt Staar.

Zusätzliche Aufträge für das Handwerk

Auch Wolf-Harald Krüger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg, betont zuvorderst die positiven Aspekte der Autofabrik: "Ich hätte nie gedacht, dass der Autohersteller die Beschäftigtenzahlen so schnell erreicht. Es ist gut, dass die Gigafactory vieles in Bewegung gebracht hat – vom Straßen- bis zum Häuserbau." Für das Handwerk der Region sieht er vor allem zusätzliche Aufträge: "Das Handwerk freut sich für den östlichen Berliner Speckgürtel bis an die Oder über Aufträge zum Neubau, der Wartung, Reparatur oder Instandsetzung. Auch die Nahversorgung außerhalb des Baubereichs wird profitieren: Friseure, Bäcker und Fleischer, Optiker und Zahntechniker, aber auch Kfz-Werkstätten."

Krüger formuliert jedoch auch Erwartungen hinsichtlich der weiteren Entwicklung rund um Tesla: "Wünschenswert ist, dass sich Tesla, neben der gesetzlichen Pflicht zur Ersatz- und Wiederaufforstung, auch an der Schaffung von Infrastruktur, Wasserreservoirs, Schulen und Kindergärten beteiligt. Leider geht der Bau der öffentlichen Infrastruktur wesentlich langsamer voran als das Wachstum von Tesla. Insbesondere die verkehrsmäßige Anbindung bereitet Probleme. Außerdem muss bei allen zukünftigen Genehmigungsentscheidungen noch mehr auf die Nachhaltigkeit in Bezug auf die natürlichen Ressourcen wie Wasser und Flächen geachtet werden."

Infrastruktur wird ausgebaut

Für den durch den BER und Tesla bereits stark steigenden Straßenverkehr wird vor allem der Ausbau der A 10 bedeutsam sein. Die Pläne für den geplanten Neubau und die Erweiterung der Autobahn-Anschlussstellen an der A10 liegen mittlerweile vor. So werden die Anschlussstellen Freienbrink, Freienbrink Nord und Erkner erweitert, die Landesstraße 38 aus- und die L 386 neu gebaut.

Auch die Bahn-Infrastruktur rund um das Werk wird kräftig aufgewertet. Die Deutsche Bahn baut den Bahnhof Fangschleuse etwa 1,5 Kilometer westlich des bestehenden Bahnhofs neu. Am neuen Standort ist das Errichten längerer Bahnsteige möglich. Damit werden die Voraussetzungen für den Einsatz von Zügen bis zu einer Länge von 220 Metern geschaffen, wodurch auch die Kapazitäten im Regionalverkehr gesteigert werden können.

Entwicklung der Region voranbringen

Beim Landkreis Oder-Spree ist die Verbesserung der Radwegeverbindungen zum Fabrikgelände angesiedelt. In den kommenden Jahren soll ein Radwegenetz entstehen, das es ermöglicht, die Fabrik auch mit dem Fahrrad zu erreichen, um den Fahrzeugverkehr zu reduzieren. Ein erster neuer Radwegabschnitt ist im September vergangenen Jahres in die Umsetzung gegangen, der Ausbau einer 2,3 Kilometer langen Strecke zwischen der Stadt Erkner und dem Tesla-Gelände. Die Fertigstellung hat sich allerdings verzögert und wird im 1. Quartal 2023 erwartet.

Krüger, ist sich indes sicher: "Wir werden in zehn Jahren vermutlich zufrieden auf die Entwicklung zurückblicken, wenn der Konzern sich aktiv in die Gesamtentwicklung der Region einbringt, wie es Autokonzerne auch andernorts tun."

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Text: / handwerksblatt.de

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