Mineralwolle: Besser als ihr Ruf!
Mineralwolle hatte in der Vergangenheit nicht immer den besten Ruf als Dämmstoff. Zu Unrecht. Bereits seit Jahren ist die in Europa hergestellte Glas- und Steinwolle nicht mehr gesundheitsschädlich.
Wie ein Vulkan spuckt der Hochofen. Hitze, Staub und Lärm ummanteln einen glühenden Strahl. Das bei fast 1500 Grad verflüssigte Gestein aus Basaltbrocken, Formsteinen und Koks tritt aus, um in einem Rad durch Luft zu Fasern zerrissen zu werden. Überall fliegen Flocken aus Steinwolle: Frau Holle im 21. Jahrhundert. Die so märchenhaft anmutende Naturgewalt ist in Wahrheit eine bis ins Detail durchgeplante Produktionsstraße der Deutschen Rockwool in Gladbeck im Ruhrgebiet. Seit Jahrzehnten wird hier Steinwolle produziert und zu Dämmstoffen für Gebäude verarbeitet.
"Im Grunde verpacken wir Luft zwischen den Steinfasern", erklärt Frank Weigelt, Pressesprecher des Unternehmens. Je nach Dicke und Dichte der Dämmstoffplatten ergibt sich die geringe Wärmeleitfähigkeit von 0,035 bis 0,040. Die Steinwollefasern werden mit einem Phenolharz verbunden und dann zu einem Fleece verdichtet und gepresst oder zu Einblas- und Stopfwolle verarbeitet. "Der ganz große Vorteil des Dämmstoffs Steinwolle ist, dass er nicht brennt", betont Dr. Stefan Heuß, Ingenieur bei Rockwool. Der Schmelzpunkt von Steinwolle liegt bei über 1000 Grad Celsius, deutlich über denen aller anderen Dämmstoffe. Die Folge: Alle Steinwolleprodukte gehören zur Brandschutzklasse A1. "So bekommt den Brandschutz gratis dazu, wer etwa sein Dach gegen Kälte mit Steinwolle dämmt." Zudem sind Flammschutzprodukte überflüssig, die zuweilen gesundheitlich nicht unbedenklich sind. Außerdem dämmen die Steinwollprodukte auch gut gegen Schall. Vorteile hat Steinwolle gegenüber anderen Dämmstoffen auch durch seine große Formbeständigkeit, die sich etwa beim Dämmen von Flachdächern auszahlt.
Im Test schneidet Steinwolle gut ab
Der Nachteil der Steinwolle für die Logistik gegenüber Glaswolle ist, dass sich die Steinwolleprodukte nicht ganz so gut komprimieren lassen, also etwas mehr Raum auf Lkw benötigen. Rockwool produziert die ganze Palette an Dämmstoffen für Flachdach, Schrägdach, Boden und Innenausbau aus dem praktisch unbegrenzt verfügbaren Rohstoff Basaltstein. Maßgebend für die Verwendung sind der Bindemittelgehalt und der Grad der Verdichtung. Zudem fertigt das Unternehmen Isolierungen für Rohre und Leitungen und Einblassteinwolle für Hohlräume.
Zwei Testmagazine haben Dämmstoffe geprüft. Steinwolle war auch dabei und schnitt meist gut ab. Bei der Stiftung Warentest standen die Verarbeitungseigenschaften im Mittelpunkt der Untersuchung. Die Zwischensparrendämmung des Dämmkeils 040 und auch das Produkt Rockwool Klemmrock 040 – als einzige Steinwollmaterialien im Test – waren unter den besten Vier und erhielten die Note gut. Bei der Zeitschrift Öko-Test ging es vor allem um die die Dämmeigenschaften und um austretende Schadstoffe. Hier wurden zwei Steinwolleprodukte getestet. Der Rockwool Dämmkeil 035 erhielt das Gesamt-Prädikat gut, sein Wärmeschutz wurde sogar mit sehr gut bewertet. Die Tester fanden aber Nickel im Dämmstoff, ein wichtiger Hinweis für Nickelallergiker, der aber nicht zur Abwertung führte. Das zweite Steinwolle-Produkt im Test, die Aufsparrendämmung Heralan SPD von Heraklith, lieferte auch einen sehr guten Wärmeschutz. Die Platten enthalten laut Öko-Test aber Blei, und der Test auf Formaldehyd und Formaldehydabspalter verlief positiv. Das Produkt bekam nur die Note ausreichend.
Mineralwolle nicht Krebs erzeugend
Obwohl sich Steinwolle gut und problemlos verarbeiten lässt, publizieren die Gesetzlichen Unfallversicherungen und die BG Bau eine Anleitung zum Umgang mit Mineralwoll-Dämmstoffen. Sie warnen vor Haut- oder Augenreizungen durch den Kontakt mit den Fasern. Wird Mineralwolle bei der Verarbeitung geschnitten, so kommt es zu Staubbelastungen, die auch die Atemwege reizen könnten. Als Krebs erzeugend, so betonen die Experten in der Broschüre, gelten die heute produzierten Fasern aber keinesfalls (siehe links). Bei Frau Holles Steinwollproduktion in Gladbeck ist den Mitarbeitern freigestellt, Handschuhe oder Mundschutz zu benutzen. Die meisten Mitarbeiter empfinden die Wolle nicht als unangenehm und verzichten auf den Schutz, ist aus dem Unternehmen zu hören.
Die Energiebilanz ist bei allen verschiedenen Dämmstoffen sehr günstig. Wird doch ein erheblicher Anteil an Heizenergie eingespart, wenn ein Haus gedämmt wird. 1000-mal mehr Energieeinsparung als Aufwand zur Herstellung ist bei Steinwolle möglich, rechnet Rock-wool. Beim Recycling allerdings scheiden sich die Geister. Steinwolle ist zwar prinzipiell recycelbar, und Rockwool nimmt altes Dämmmaterial an drei Standorten in Deutschland zurück. Dass dieser Service aber auch rege genutzt wird, bezweifeln die Experten aus den Umweltinstituten.
Kleine Chronik Rockwool
Die Konzerngeschichte beginnt in einer Kiesgrube in Dänemark, wo die Dänen Gustav Kähler und H. J. Henriksen 1909 eine Firma zum Abbau von Kies gründen. 1936 schließen sie einen Lizenzvertrag mit dem amerikanischen Unternehmen Baldwin-Hill über die Produktion von Steinwolle in Skandinavien und Deutschland ab. 1937 beginnt dann die Produktion von Steinwolle in Dänemark (Hedehusene). Es folgen Produktionsstätten in Schweden und Norwegen. 1951 wird die Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH als Tochtergesellschaft der Rockwool International A/S gegründet und 1954 in Deutschland die erste Produktion in Gladbeck eröffnet.
1961 teilen die Familien Henriksen und Kähler das Unternehmen in zwei Bereiche auf. Die Aufteilung erfolgt nach steinwollproduzierenden und übrigen Unternehmen, welche Sandgruben, Zement- und Klinkerherstellung umfassen. Die Familie Kähler übernimmt 1962 alle Steinwollaktivitäten. Die Hauptverwaltung der Deutschen Rockwool siedelt dann von Köln an den Standort der deutschen Produktion nach Gladbeck um. In den folgenden Jahrzehnten werden Anteile anderer Unternehmen erworben und neue Produktionsstätten in Deutschland und Europa gebaut. 1988 wird das erste Werk außerhalb Europas mit der Roxul Inc. nahe Toronto in Kanada gegründet. Kurz nach der Öffnung der Mauer expandiert die Deutsche Rockwool in die neuen Bundesländer und erwirbt eine Produktion in Flechtingen. 1993 erwirbt Rockwool eine Steinwollfabrik in Polen und eröffnet ein Verkaufsbüro in Prag, es folgen Produktionen in Osteuropa und Russland. 1996 geht Rockwool International an die Börse. Im Jahr 2000 erreicht die Expansionsstrategie den fernen Osten: Rockwool International übernimmt eine Fabrik in Malaysia. 2003 führt der Konzern Beratungsleistungen durch BuildDesk ein. Als Grundlage hat BuildDesk eine Softwareplattform, die es Architekten und Ingenieuren ermöglicht, die Energieverbrauchsbilanz ihrer Projekte zu berechnen. Heute ist der Konzern weltweit in über 30 Ländern vertreten und verfügt über Produktionsstätten in 14 Ländern – von Kanada im Westen bis Malaysia im Osten.
Keinerlei Gefahr für Leib und Leben
Nur bis zum Jahr 1995 durften in Deutschland die so genannten Altprodukte mineralischer Dämmstoffe produziert und nur bis 2000 verwendet werden. "Denn sie waren Krebs erzeugend", begründet Dr. Gerd Zwiener, Experte für Ökologische Bauproduktprüfung und Gebäudeschadstoffe im ECO Institut Köln, das Verbot. "Ihre Geometrie - ihre Länge, ihre Dicke und das Verhältnis von Länge zu Dicke - ließ sie in die Lunge eindringen, und dort hatten sie eine schlechte Biolöslichkeit, verweilten sehr lange." Eine solche permanente "Reizung" führt zu Krebs.
Um die Forderungen des Gesetzgebers nach gesundheitlich unbedenklichen Mineralwolldämmstoffen zu erfüllen, hatten die Hersteller zwei Möglichkeiten, berichtet Zwiener. Entweder sie machen die Fasern so dick, dass sie erst gar nicht in die Lunge eindringen können. Dann aber haben sie schlechtere Dämmeigenschaften. Oder die Hersteller verändern die Rezeptur hin zu einer besseren Biolöslichkeit. "Für diese Möglichkeit haben sie sich entschieden", sagt Zwiener. Die Fasern sind jetzt so zusammengesetzt, dass mindestens eines von insgesamt drei vom Gesetzgeber zur Wahl gestellten Kriterien erfüllt wird. Aber auch für die neuen Produkte gilt, dass die Freisetzung von Faserstäuben bei der Verarbeitung möglichst minimiert werden sollte. Und gegen den Juckreiz durch Eindringen von Fasern in die Haut hilft geeignete Arbeitskleidung. Auch die Bindemittel müssen gewissen Anforderungen genügen. Etwa dürfen sie nach der Verarbeitung nur geringe Mengen Formaldehyd freisetzen.
Text:
Brigitte Klefisch /
handwerksblatt.de
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