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HWK Koblenz | Dezember 2024
Die meisten "Landesbesten" kommen von der HwK Koblenz
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt zeichnete jahrgangsbeste Absolventen von Meister- und Fortbildungsprüfungen aus.
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Mai 2022
Ein neues und kostenloses Online-Stresspräventionssystem will Handwerkern gezielt dabei helfen, Stress im Betriebsalltag zu begegnen. Es handelt sich um ein Projekt zur Gesundheitsförderung in Betrieben der Universitäten Düsseldorf, Köln und Lüneburg.
In kleinen, familiären Unternehmen fällt der Umgang mit akutem Stress oft leichter, weil alle aufeinander achten, miteinander reden und sich gegenseitig helfen. Auf der anderen Seite ist das Stressrisiko besonders hoch, weil sich die Arbeitsbelastung auf wenige Köpfe verteilt. Ausfälle sind nur schwer auszugleichen. Was tun?
Mit dem rein digitalen Programm zur Stressprävention "System P" bietet das Forschungsprojekt PragmatiKK der Universitäten Düsseldorf, Köln und Lüneburg einen neuen Lösungsansatz, um gerade Handwerksbetriebe und andere kleine Unternehmen bei betrieblicher Stressprävention zu unterstützen.
Der erste Schritt besteht darin, die Arbeitsbedingungen zu identifizieren, die Stress verursachen. Das können mangelnde Absprachen zwischen Kolleg/innen sein, oder Kundenwünsche, die nicht ans Team weitergereicht wurden. Auch können es ganz andere Abläufe sein, die sich über die Zeit eingeschlichen haben und Produktivität sowie Gesundheit gefährden. Die Stärken und Schwächen von betrieblichen Abläufen sollten gemeinsam mit den Mitarbeitenden besprochen werden.
Es empfiehlt sich, dies nicht in der ohnehin kurzen Dienstbesprechung Montagfrüh zu machen, sondern einen extra Termin dafür zu vereinbaren. Je größer die Belegschaft und je weniger Möglichkeiten es für einen zusätzlichen gemeinsamen Termin gibt, desto eher bieten sich Formate wie zum Beispiel eine kurze anonyme Online-Umfrage an, um die Arbeitssituation systematisch zu erfassen. Dies bietet auch den Vorteil, dass das Ergebnis automatisch dokumentiert werden kann. Das ist aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht wichtig.
Im zweiten Schritt zur Stressprävention sollten konkrete Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden damit die Arbeitsbedingungen optimiert werden. Einige Maßnahmen, wie klarere Absprachen, schriftliche Weitergabe von wichtigen Informationen und so weiter, lassen sich schnell umsetzen.
Andere Veränderungen, wie ein Schallschutz zur Lärmreduzierung, die Reorganisation der Schichtarbeit oder eine bessere Beleuchtung am Arbeitsplatz brauchen oft mehr Zeit bis sie sich etabliert haben und dadurch das erlebte Stressniveau spürbar reduziert wird.
Hier ist es sinnvoll, sich Vorschläge von Mitarbeitenden einzuholen, denn sie können oft gut einschätzen, ob und wie sich etwas im Betriebsalltag realisieren lässt.
Im dritten und letzten Schritt geht es darum, gemeinsam die Veränderungen am Arbeitsplatz zu bewerten. Haben die neuen Abläufe Produktivität und Wohlbefinden verbessert? Was hat sich bewährt? Wo sollten wir noch nachjustieren? Schließlich gilt es, die identifizierten Stressursachen und die umgesetzten Maßnahmen zu dokumentieren, um sie auf Nachfrage der Aufsichtsbehörde griffbereit zu haben. Damit wäre den Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes genüge getan.
Ein Beispiel aus der Praxis: Fachkräfte im Außendienst arbeiten häufig alleine und ohne direkten Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen. Eine Herausforderung ist hier, der fehlende Erfahrungsaustausch, der zu Handlungsunsicherheit führen kann. Regelmäßig stattfindende Besprechungen mit Kollegen und Kolleginnen können eine Möglichkeit sein, um gegebenenfalls Verbesserungen der Arbeitsabläufe gemeinsam zu entwickeln.
Mit dem "Arbeitsplatzcheck" als Teilmodul des Programms lassen sich typische Arbeitsbelastungen aber auch die ganz spezifische Situation des Betriebs per Online-Fragebogen erfassen. Im selben Schritt können Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter/innen anonym gesammelt werden.
Ein Ampelschema zeigt Gesundheitsgefährdungen ebenso auf wie Dinge, die richtig gut funktionieren (siehe Abbildung).
Umgesetzte Maßnahmen und deren Erfolg lassen sich damit einfach dokumentieren. Nicht nur arbeitsbezogener Stress wirkt sich auf die Produktivität und Gesundheit der Beschäftigten aus.
Familiäre Probleme, persönliche Sorgen und individuelle Krisen sind weitere Quellen von Stress und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Deshalb steht Unternehmerinnen und Unternehmern und ihrem Team neben dem digitalen "Arbeitsplatzcheck" das Online-Training "Fit im Stress" zur Verfügung, das erwiesenermaßen Stress reduzieren kann.
Durch das Online-Format kann es unabhängig von Zeit und Ort genutzt werden. Zudem schätzen viele Beschäftigte den geschützten Raum eines Online-Trainings, um eigene Stressbewältigungsstrategien weiterzuentwickeln.
Interessierte Betriebe können das Online-Stresspräventionssystem im Rahmen des Forschungsprojekts kostenlos nutzen und so einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsförderung in ihren Betrieben leisten.
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In sieben wöchentlichen Trainingseinheiten werden zwei bewährte Strategien zum Umgang mit Stress trainiert. Stressursachen, die man zumindest ein stückweit selbst beeinflussen kann, etwa der Umgang mit "schwierigen" Kunden, lassen sich oft besser bewältigen, wenn man die Situation in Ruhe analysiert und Schritt für Schritt eine gute Lösung entwickelt.
Dieses systematische Problemlösen wird im Training durch Videos, Beispiele und interaktive Übungen trainiert. Manche Probleme kann man selbst jedoch nicht verändern, beispielsweise der Ärger über Lieferengpässe. In solchen Situationen kann es helfen, unlösbare Probleme akzeptieren zu lernen. Diese zweite Strategie stärkt emotionalen Kompetenzen, die den zweiten Baustein für eine erfolgreiche Stressbewältigung darstellt
Hintergrund Die Stresspräventionsplattform System P ist Gegenstand des Forschungsprojekts PragmatiKK, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Beteiligt sind die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die Leuphana Universität Lüneburg, die Universität zu Köln sowie die Düsseldorfer Kommunikationsagentur K12.
Gastbeitrag des Universitätsklinikums Düsseldorf AÖR, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
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